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Die Weltreligionen. Vorgestellt von Arnulf Zitelmann

Titel: Die Weltreligionen. Vorgestellt von Arnulf Zitelmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnulf: Zitelmann
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wäre das möglich? Es müsste schon mit Wundern zugehen. Sind doch die Ausführungsbestimmungen so vielfältig und derart
     komplex, dass es wohl noch keinen Juden gegeben hat, der jemals auch nur einen einzigen Sabbat vollständig gehalten hätte.
     Und mehr noch: Die Gesetzeslehrer gaben dem Ruhetagsgebot im Lauf der Zeit völlig neue Dimensionen. Jedes siebte Jahr erklärten
     sie zum Sabbatjahr und das siebenmal siebte zum »Jobeljahr«. Im Jobeljahr sollten alle Schulden abgetan, alle Sklaven freigesetzt
     werden, das Land wäre zu gleichen Teilen wieder neu aufgeteilt worden. Selbst die Natur, Feld und Acker, Haus- und Wildgetier
     sollten der Ruhe Jahwes teilhaftig werden – eine Sozialutopie, die den endzeitlichen Frieden zum Programm erhob.
    »Sieben Sabbatjahre zähle, sieben Jahre siebenmal. – Dann blase das Horn im Land, sondere dieses Jahr aus, das Fünfzigerjahr
     für dich: Ein Freiheitsjahr ist es, melde das allen Bewohnern! Teilt das Land wieder auf, gleich, wie es früher war, zurück
     an seinen Teil komme jeder in diesem Jahr, jeder in seiner Familie. – Ihr sollt nicht säen, und was von selbst wächst, nicht
     ernten, noch Trauben schneiden von unbeschnittenen Reben. – Nicht werde Land verkauft auf Dauer und ewig, denn das Land gehört
     mir, Fremde, meine Pächter seid ihr darauf,– spricht Jahwe, dein Gott.«
    Natur überführt in Kultur: In dieser programmatischen Losung trifft sich die Sabbatgesetzgebung mit dem Sechstagewerk. Hegels
     Religionsphilosophie liest sich wie ein Kommentar dazu: »Damit treten wir aus dem Kreis der Naturreligionen heraus. Die helle
     Sonne des Geistes lässt das natürliche Licht erbleichen.« Israels Frömmigkeit, die eine Buchreligion schuf, überwindet in
     der Tat die naturnahen Religionen seiner Umwelt. Die Verarbeitung der Exilserfahrung mündet in einen geistigen Umbruch. »Die
     Bibel wurde zur Fibel, die Gemeinde eine Schule, die Religion eine Sache des Lehrens und Lernens. Frömmigkeit und Bildung
     gehörten zusammen; wer nicht lesen konnte, war kein vollkommener Jude.« Auf diesen Nenner brachte ein Orientalist das Ergebnis
     der jüdischen Kulturrevolution.
    |112| Jahwes Thronbesteigung
    Das Hegel-Zitat ist begründet. Denn im Babylonischen Exil tritt Jahwe erstmalig in der Religionsgeschichte Israels als allumfassender
     Gott auf. Lange schon wehrten die Propheten jegliche Form von Religionsvermischung ab. Jahwe war der einzige, der auf Israels
     Verehrung Anspruch hatte. Dass neben diesem auch viele andere Götter und Gottheiten existierten, bestritten sie nicht. Zuständig
     für Israel war allein Gott Jahwe. Doch an den Flüssen Babylons erhob sich ein neuer Prophet, der Jahwe als Weltenherrscher
     ausgab:
    »Der den Himmel erschafft, er allein ist der Gott! Der die Erde bildet und macht, er allein erhält sie! Nicht zur Öde hat
     er sie erschaffen, zum Wohnen hat er sie gebildet. Und er spricht: Ich bin da und keiner sonst! Neben mir ist kein anderer
     Gott, der wahrhaftig ist und ein Befreier!«
    Zurück nach Jerusalem.
    |113| Wir kennen den Namen dieses neuen Propheten nicht. Seine Botschaft aber schließt an Jesaja an, »Deuterojesaja« nennt ihn darum
     die Bibelwissenschaft, Zweiter Jesaja. Aus Jahwe, bisher ein Nationalgott, wird der Universalgott. »Ich bin da und keiner
     sonst!« Wie viel Mut, besser, wie viel Realitätsverleugnung brauchte es, um so hoch zu greifen. Rundum in den zahllosen Tempeln
     der babylonischen Metropole rauchten doch die Altäre zu anderen Himmelsbewohnern empor. Lämmer, Rinder wurden an die Altäre
     der Göttinnen und Götter getrieben, ein wahres Heer von Tempelbediensteten brauchte man, um sie zu versorgen. Aber Deuterojesaja
     tut Babylons Gottheiten mit einem Schulterzucken ab: »Nichts seid ihr, Tunichtgute, Luft und Leere sind eure Bilder, verächtlich
     ist jeder, der euch erwählt!«
    Noch leben Israel und sein Gott in der Vertreibung, ohne Heimat. Doch nicht mehr lange, denn Jahwes Tag kommt, Berge und Hügel
     müssen sich ducken, um ihm den Weg freizugeben. Quer durch die Wüste wird er den Seinen vorangehen. Zurück nach Jerusalem.
     Gottes Volk hat genug gebüßt, so verkündet es Deuterojesaja.
    Die Wende kommt, ist schon in greifbare Nähe gerückt. Die Völker der Erde strömen herbei, scharen sich um Jahwes Knecht, Israel,
     und werden jetzt bekennen müssen und sagen: »Fürwahr, er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen. Wir aber
     hielten ihn für den, der von

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