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Die Werte Der Modernen Welt Unter Beruecksichtigung Diverser Kleintiere

Die Werte Der Modernen Welt Unter Beruecksichtigung Diverser Kleintiere

Titel: Die Werte Der Modernen Welt Unter Beruecksichtigung Diverser Kleintiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Lewycka
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nicht?«
    »Das ist Diebesgut. Sie handeln hier mit Diebesgut!«
    »Hau doch ab.«
    »Das tue ich!«
    Sie steigt ins Auto, schlägt die Tür zu und fährt nach Sheffield.
    »Ja, ja. Keine Sorge, sobald ich meine neue Kreditkarte habe, gehe ich zurück und zahle, was ich schuldig bin«, sagt sie zu Ida Blessingman, die sie zu einem Pilzomelette eingeladen hat. »Aber es hat gut getan.«
    »Soll ich dir fünfzig Pfund leihen, damit du erst mal über die Runden kommst?«, fragt Ida.
    »Danke. Kannst du mir auch eine Kippe borgen?«

Serge
    Die Kakerlake
    Serge stellt fest, dass er wegen der vielen Zeit, die er mit eigenen Deals verbringt, Überstunden einlegen muss, um seine richtige Arbeit zu bewältigen. Nach den anfänglichen Gewinnen sind die Ergebnisse gemischt.
    »Wie ich höre, verbringst du die halben Nächte hier, Freebie«, sagt Chicken am Freitagnachmittag und legt die Hände auf Serges Tisch. »Machst du Gewinne?«
    Wer hat Chicken berichtet, wie lange er abends hier ist?
    »Ja«, er grinst entwaffnend. »Ich habe da ... du weißt schon ... ein Projekt ...«
    »Woran arbeitest du?«
    »Ich mache eine Monte-Carlo-Simulation. Lasse ein paar Zahlen durchlaufen, mal sehen, wie sie sich entwickeln«, lügt er.
    »Monte Carlo?«
    Die hellen Hundeaugen zwinkern unsicher. Serge nutzt seinen Vorteil aus.
    »Ja, wenn man mit einer Sequenz angefangen hat, kann man sie nicht mehr einfach unterbrechen.«
    »Und deswegen bist du die halbe Nacht im Büro?«
    Kann Chicken dahintergekommen sein, dass Serge in eigener Sache handelt? Kann jemand die übelriechenden geflüsterten Gespräche mit seinem Broker auf der Behindertentoilette belauscht haben?
    »Wir achten auf unseren Ruf hier bei der FATCA.« Chicken redet jetzt leiser, und Serge fällt auf, dass sein linkes Auge zuckt, als er sich vorbeugt. »Wenn du gegen irgendwelche Regeln verstoßen hast, muss ich das wissen. Die Finanzaufsicht schnüffelt herum. Das Letzte, was wir im Moment gebrauchen können, ist eine Ermittlung durch die FSA.«
    »Keine Regelverstöße, Chief Ken. Nur ...« In seinem Hinterstübchen schrillt eine Alarmglocke. Die Financial Services Authority? Und warum im Moment ? »... elegante Zahlenspiele ...«
    Er will schon zu einer Erwähnung seines sechsjährigen Mathematikstudiums in Cambridge ansetzen, der unvollendeten Doktorarbeit über Fraktale, aber vielleicht reagiert Chicken empfindlich, wenn er das Gefühl hat, man reibt ihm sein begrenztes Mathematikverständnis unter die Nase.
    »Basierend auf ... äh ... einer Erweiterung der Chaostheorie.«
    »Chaos, he?« Chicken sieht zufrieden aus. »Davon haben wir bald jede Menge auf den Märkten, jetzt, wo es Lehman Brothers an den Kragen geht. Es sei denn, es taucht noch ein Käufer auf. Verfolgst du die Nachrichten?«
    Serge nickt.
    »Guter Mann. Weiter so.«
    Inzwischen ist Chickens Blick zu Maroushka gewandert, deren gelber Blazer hinter der Scheibe des Glaskastens aufleuchtet. Er richtet sich auf und zieht den Bauch ein. Beinahe kann Serge im Gegenlicht der Fenster die Beule seiner Erektion sehen, unter dem geschmeidigen Seidenwollstoff seines anthrazitgrauen Anzugs.
    Er kann nicht hören, worüber Chicken und Maroushka im Glaskasten reden, der Geräuschpegel ist zu hoch. Dann setzt Chicken seinen Rundgang fort, und Serge loggt sich in den Computer ein.
    »Sergej?«
    Er sieht auf. Maroushka steht hinter ihm, beugt sich über seine Schulter. Er atmet ihr Parfum ein.
    »Wie steht’s, Prinzessin?« Das ist der Moment, ihr Interesse zu wecken. »Ich habe neulich etwas über einen Marinekonflikt gehört.«
    »Du bist interessiert für Politik?« Ihre dunklen Augenbrauen wandern nach oben.
    »O ja. Sehr interessiert. Ich dachte, du weißt vielleicht ...«
    »Mein Fach ist Mathematik, Sergej. Politik ist mir egal.«
    »Ja, aber ...«
    »Du weißt, Sergej, ich nur hier mit Studentenvisum. Wenn Studium fertig, ich muss zurück nach Shytomyr. Aber Chicken beantragt richtige Arbeitsvisum für mich. Du verstehst, Sergej?«
    »Ein Visum? Maroushka, wir könnten ...«
    Aber sie ist schon wieder auf dem Rückweg zu ihrem Schreibtisch.
    Er ruft seine Programme auf. Eine Unregelmäßigkeit am AIM springt ihm ins Auge. Neue Daten flackern auf und formen sich zu Tabellen – ein neues Muster schimmert hervor. Er muss sich zwingen, sich auf den Bildschirm zu konzentrieren. Irgendwas ist da im Gang. Er hatte recht, der Footsie schmiert ab, und die Bankaktien haben kräftig eingesteckt, seit die Nachricht vom

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