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Die Wesen (German Edition)

Die Wesen (German Edition)

Titel: Die Wesen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Lux
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der Mitte geteilt und die untere Hälfte erneut fotografiert wurde, sah man auf der Fotografie das gesamte Blatt. Bis hin zur nicht mehr vorhandenen Spitze.“
    „Das gibt es doch nicht!“
    „Dieses Bild legte zugrunde, dass die Information, ähnlich wie bei der Quantenverschränkung, immer noch vorlag. Das heißt, dass mit dem Bione-Scanner wieder der Zustand hervorgerufen werden kann, der vorher bestanden hat.“
    „Das wäre ja wie ein Jungbrunnen“, sagte Sam. „Können sie mein Gesicht auch gleich machen?“
    „So einfach ist die Sache leider nicht“, sagte von Stein und zuckte mit den Schultern. „Es gibt offenbar eine Gesetzmäßigkeit, nach der die Ordnung bei manchen Menschen wiederhergestellt werden kann und bei anderen nicht.“
    „Sie meinen, manche kriegen den Facelift und andre müssen mit ihrem alten Gesicht weiterleben?“
    „So sieht es aus. Wir können nur begrenzt in den Lauf der Dinge eingreifen. Wenn es klappt, super! Wenn nicht, dann leider nicht.“
    „Aber schlechter als vorher kann es doch nicht werden, oder?“, fragte Sam.
    „Das ist bei deinem Gesicht kaum vorstellbar“, sagte Slinkssons.
    „Aber mit meinem Bein versuchen sie es doch?“
    „Ich denke, schaden kann es nicht.“
    Laima musste sich mit einem Mal heftig übergeben.
    „Es geht los“, sagte der alte Mönch. „Sie müssen sich beeilen, wenn sie es noch rechtzeitig schaffen wollen.“
    Laima übergab sich ein weiteres Mal. Lhatsen hielt ihre Stirn.
    „Mein Bein, mein Bein, bitte. Vergessen sie mich nicht!“
    Von Stein richtete den Scanner auf Sams Oberschenkel, den er freigemacht hatte. Das Loch im Fleisch war eitrig. Dann ein leises Surren und die Entladung.
    „Das Loch ist weg!“, jubelte Sam und strich sich mit der flachen Hand über die bronzefarbene Haut, in der eben noch ein blutiges Loch geklafft hatte.
    „Wahnsinn!“, sagte Slinkssons.
    „Unglaublich!“, staunte der Professor.
    „Damit werden wir reich!“, sagte Schüssli.
    „Vielleicht müssen wir gar nicht auf den Berg“, sagte von Stein.
    Er wandte sich Laima zu.
    „Ich werde den Scanner etwas umjustieren.“
    „Pusten sie ihr aber kein Loch in den Bauch“, sagte Sam, als Gerold von Stein mit dem Scanner auf sie zielte.
    Sie vernahm das Geräusch. Dieses Mal war es lauter.
    Sie kniff die Augen zusammen. Dann spürte sie es.
     
     
     

23
     
    Es war wie eine Welle, die sie traf. Sie lief durch sie hindurch. Breitete sich schwappend aus, wie in einem Aquarium, in das jemand gerade einen Stein geworfen hatte.
    „Und haben sie etwas gespürt?“
    „Ja. Es fühlte sich gut an“, sagte Laima.
    Dann kam die Übelkeit zurück. Ein warmer Schwall löste sich aus ihren Eingeweiden. Sie übergab sich.
    „Also für mich sieht das nicht aus, als sei die Operation geglückt“, sagte Sam.
    „Da haben sie recht“, sagte von Stein. „Wir bauchen jetzt ihre Hilfe“, sagte er zu den beiden Mönchen.
    „Wenigstens kann ich jetzt selber gehen“, sagte Laima und versuchte aufzustehen. „Glaube ich zumindest.“
    Lhatsen legte ihr seinen Arm um die Hüfte, um ihr zu helfen. Ihr wurde heiß. Ihr Atem ging schneller. Und ihr Herz schlug aufgeregt.
    Er wirkte so sanft und weich. Sein Gesicht war männlich und doch von Zartheit und Sanftmut. Aus ihm strömte Ruhe.
    Sie freute sich, dass er sie begleiten würde.
    „Wir müssen aufbrechen!“, sagte er.
    „Wir lassen alles, was wir nicht brauchen, im Kloster, wenn das möglich ist?“, sagte von Stein.
    „Das ist eine weise Entscheidung“, antwortete der alte Mönch. „Alles, was du brauchst, besitzt du bereits!“
    Dann verließen sie zusammen mit Lhatsen das Kloster. Sie ließen die Seen hinter sich. Vor ihnen der schneebedeckte Kailash.
     
    Die Landschaft war karg. Auf ihrem Weg trafen sie Ziegenherden und Pilgergruppen.
    „Was ist denn hier los?“, sagte Sam. „Da denkt man, man ist in der Wildnis. Aber hier gehts hektischer zu als in der New Yorker Rushhour. Was machen die alle hier? Warum haben die diese komischen Lederschürzen an und werfen sich dauernd in den Staub?“
    „Die Pilger befinden sich auf der Kora“, sagte Lhatsen. „Sie umrunden den Kailash.“
    „Und warum gehen die nicht normal wie jeder andre auch?“
    „Sie messen mit ihrem Körper die Länge des Weges aus. So erfahren sie sich selbst im Verhältnis zum Universum“, sagte Lhatsen. „Das gilt als besonders verdienstvoll. Verdienstvoller, als bloß zu laufen.“
    „Das dauert ja ewig!“
    „Zwei Wochen“,

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