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Die Wesen (German Edition)

Die Wesen (German Edition)

Titel: Die Wesen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Lux
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Erdscholle beim Absprung tief in die Lava. Sie verloren den Schwung. Unter ihnen sah Laima das rotglühende Gestein. Sie glitten durch die Luft. Die Platten trieben auseinander. Es war mehr als zwei Schrittlängen. Sie krallte sich an Sam fest.
    Sie sah Lhatsens verzweifelten Blick. Er streckte seine Arme nach ihr aus. All ihre Gedanken waren schon bei ihm. Dann stürzten sie.
     
     
     

25
     
    Als ihr volles Gewicht auf dem Rand der Steinscholle auftraf, brach unter ihnen der Halt weg. Laima spürte, wie sie mit einem Mal in ein Loch fielen. Es war wie ein Luftloch. All ihre Träume versanken darin. Sie sah in Lhatsens sanftes Gesicht und spürte, wie sie nach hinten kippten.
    Dann packte Lhatsen ihre Hände. Er zog Sam und sie auf den schwankenden Boden.
    Sie schaukelten auf der flüssigen Lava. Ihr steinernes Floß drehte sich und drohte zu kippen.
    „Vorsicht!“
    Sie machten einen Schritt in die Mitte.
    „Geschafft!“, schnaufte Sam.
    „Das glaube ich nicht“, sagte von Stein. „Seht!“
    Die ganze Seite des Berges über ihnen löste sich ab.
    „Wenn wir uns nicht beeilen und unsern Arsch bewegen, schieben sich gleich die Erdschollen hier auf“, sagte von Stein.
    Laima wusste, wie sich die Eisplatten im Winter am Meer zu meterhohen Mauern türmten. Dann hatten sie keine Chance mehr.
    „Wir müssen versuchen, nach oben zu kommen“, sagte Laima. „Alles andre wäre ...“
    Aber sie kam nicht mehr dazu, ihren Satz zu beenden. Sam hatte sie gepackt. Er rückte sie wieder auf seinem Rücken zurecht wie einen Rucksack. Dann sprang er bereits auf die nächste Scholle. Und wieder auf die Nächste. Sie versuchte gar nicht, hinter sich zu schauen. Auch wenn ihr Herz darauf brannte, Lhatsen in Sicherheit zu wissen.
    Der ganze Berghang wölbte sich und fing an, sich wie ein wildes Tier unter ihnen zu bewegen. Es war unberechenbar. Überall öffneten sich neue Spalten. Risse entstanden. Platten brachen unter ihnen einfach durch.
    Die Luft schwirrte. Hitze und Dampf waberten überall. Der Geruch von Schwefel. Sie hörte die andren hinter sich. Aus dem Augenwinkel sah sie, dass sie verschiedene Wege eingeschlagen hatten. Alle sprangen von einem Punkt zum nächsten den Berg hinauf.
    Sie spürte den Schweiß auf Sams Haut. Die Hitze wurde immer stärker, je breiter die Spalten unter ihnen aufbrachen. Schollen glitten bergab. Es war ein Wettlauf ohne Ende. Es war die Hölle.
    Alles geriet ins Rutschen. Sie waren auf dem letzten Steinbrocken angekommen. Vor ihnen lag nur noch glühende Lava.
    Sam war völlig außer Atem. Er balancierte mit letzter Kraft mit Laima auf dem Rücken. Ratlos und erschöpft stand er einfach da. Er bewegte sich nicht. Nur sein Brustkorb hob und senkte sich.
    Hinter ihnen rutschte die Erdplatte weg, über die sie gekommen waren. Jetzt waren sie abgeschnitten.
     
    Laima bemerkte, wie das Glühen der Lava nachließ. Langsam erstarrte das Gestein und wurde fest.
    Erst als die andren hinter ihr in Freudenrufe ausbrachen, realisierte sie, was es bedeutete. Schließlich setzte Sam sie ab. Und die andren kamen zu ihnen. Über das heiße Gestein stiegen sie dann zusammen den Berg hinauf, bis zu einer Stelle, an der sie sicher waren.
    „O Mann, ich weiß nicht, wen wir hier verärgert haben“, sagte Sam, „aber solche Feinde wünsche ich niemandem.“
    „Danke, Sam“, sagte Laima und drückte ihm einen Kuss auf die schweißnasse Stirn. „Ohne dich hätte ich es nicht geschafft.“
    „Na, da hast du aber Freunde gefunden“, sagte Slinkssons zu Sam und grinste.
     
    Laima wurde nach der Aufregung schlecht. Sie musste sich übergeben.
    Ihr Erbrochenes war schwarz.
    „Das sieht aber gar nicht gut aus“, sagte Professor Carlsen.
    „Ist es Blut, Professor?“, fragte von Stein.
    „Nein, es sieht nicht nach Blut aus.“
    „Es ist die schwarze Seele des Rakshastals“, sagte Lhatsen. „Wir müssen schnell weiter. Uns bleibt nur noch wenig Zeit. Es ist nicht mehr weit bis zur Einsiedelei.“
    Lhatsen und Figaro Slinkssons stützten Laima, die immer schwächer wurde. Sie schleppten sie den Berg hinauf, bis sie am Fuß des Kailash ankamen.
    „Dort ist eine geheime Treppe“, sagte Lhatsen. „Sie ist im Fels kaum zu sehen. Kommt, ich zeige sie euch!“
    Sie stiegen die Stufen empor, die kein Ende zu nehmen schienen. Es war schwierig Laima dort hinaufzubekommen. Es dauerte lange und alle wechselten sich ab. Mit vereinten Kräften erreichten sie schließlich die Einsiedelei, als es bereits dunkel

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