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Die Wesen (German Edition)

Die Wesen (German Edition)

Titel: Die Wesen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Lux
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an ihnen festzuhalten. Was bringt es mir, außer Hass? Ich habe ihnen vergeben und alles freigelassen.“
    „Die Mörder meiner Mutter sind bereits tot. Es waren Leute vom Vatikan.“
    „Vom Vatikan? Was könnte die interessieren?“
    „Das habe ich mich auch schon gefragt“, sagte Laima. „Aber ich weiß es einfach nicht. Auch wenn ich es wüsste, es würde, wie du sagst, meine Mutter nicht wieder lebendig machen.“
    „Schau! Eine Sternschnuppe“, sagte Lhatsen und legte seinen Arm um Laima.
     
    „Laima“, sagte von Stein, als sie ins Innere der Einsiedelei zurückkehrten, „ich habe Gompa erzählt, dass ich auf der Suche nach Höhlen bin. Dass sie für meine Forschung von größter Wichtigkeit sind. Und er hat mir erzählt, dass es hier eine Besondere gibt. Er will uns morgen mitnehmen.“
    Von Stein war ganz aufgeregt. Laima sah Lhatsen fragend an.
    „Ich dachte, niemand weiß davon?“
    Er machte ein ebenso ratloses Gesicht und zuckte mit den Schultern.
    „Jetzt werden wir uns aber aufs Ohr hauen“, sagte von Stein und gähnte. „Es ist bereits spät und ich glaube, alle sind sehr müde.“
     
    Laima und Lhatsen schliefen in dem kleinen Raum eng aneinandergeschmiegt. Laimas Herz schlug ihr vor Glück bis zum Hals. Dann schlief sie selig ein.
     
     
    Am nächsten Morgen wartete schon das Frühstück auf sie. Laima trank den Buttertee und dachte an seine Legende, während ihr Blick auf Lhatsen ruhte. Das Märchen war endlich wahr geworden.
    „Bevor wir aufbrechen“, sagte Gompa, „werde ich noch etwas vorbereiten müssen.“
    Er holte eine große Messingschale aus dem Raum, in dem Laima und Lhatsen geschlafen hatten. Er nahm einige Gläser mit Kräutern und Pulvern vom Regal. Dann holte er hinter dem Ofen ein flaches, rundes Sieb hervor, das mit einem feinen Stoff bespannt war. Er legte es in die Schale. Dann goss er Wasser hinein.
    „Was wird das, wenns fertig ist?“, fragte Sam.
    „Geduld. Ich habe bereits gestern von den Assuri erzählt. Nur dieses Mittel hilft, nicht zu sterben.“
    „Und das mischen sie uns jetzt?“, sagte Schüssli.
    „Schauen sie einfach zu!“
    Gompa maß die einzelnen Kräuter und Pulver in einem kleinen Fingerhut und schüttete sie vorsichtig in kreisenden Bewegungen auf die Oberfläche des Wassers, sodass sie sich gleichmäßig verteilten. Die Spannung des Wassers hielt die Mischung auf der Oberfläche. Dann nahm er einen Holzschlägel und schlug gegen den Rand der Messingschale.
    Ein heller Klang breitete sich im Raum aus. Auf dem Wasser bildeten sich gleichmäßige Wellen.
    „Sehen sie? Sehen sie die Kräuter?“, sagte er.
    Die Kräuter begannen, sich auf der Oberfläche des Wassers auszurichten. Sie bildeten ein harmonisches Muster. Es erinnerte Laima an einen Eiskristall.
    Als der Ton verklungen war, hielt Gompa seine Hand über die Schale und schloss die Augen. Die Kräuter begannen, sich auf dem Wasser zu bewegen. Die Muster veränderten sich. Es waren wunderschöne Formen. Wie in einem Kaleidoskop wandelten sie sich immer wieder aufs Neue. Sie drückten natürliche Schönheit und Reinheit aus. Das Formenspiel schien kein Ende zu nehmen.
    Dann schlug Gompa die Augen wieder auf.
    „Was haben sie da gemacht?“, wollte von Stein wissen.
    „Nichts.“
    „Aber sie haben doch willentlich auf das Wasser eingewirkt!“
    „Habe ich das?“
    „Hm, sie geben mir Rätsel auf“, sagte von Stein. „Und was haben sie dann gemacht?“
    „Ich habe nichts gemacht, bis mein Geist leer war. Dann habe ich an etwas gedacht.“
    „Also doch! Und was haben sie gedacht?“
    „Ich habe Worte visualisiert. Wie jedes Wort sich mit seinem Klang im Raum ausbreitet, so breitet sich auch jeder Gedanke im Universum aus.“
    „Sie glauben“, sagte Sam, „unsre Worte und Gedanken haben Einfluss auf die materielle Welt? Das ist doch Quatsch!“
    „Wenn ich sage ‚Idiot’. Wie ist dann ihr Gefühl?“
    „Kein Gutes“, sagte Sam.
    „Sehen sie. Ein Unwohlsein. Ihr Körper wird sich zusammenziehen. Richtig?“
    „Irgendetwas ist da“, sagte von Stein. „Ja, gut fühlt man sich nicht dabei.“
    „Sie müssen das Wort nur lesen oder hören. Sie müssen es gar nicht auf sich selbst beziehen. Ich muss es gar nicht als Beleidigung an sie richten. Es reicht aus, dass sie es wahrnehmen, damit es seine Wirkung entfaltet. Wenn ich nun das Wort ,Freund’ sage, werden sie sich gut und warm fühlen. Alles in ihnen wird sich öffnen und strahlen. Nichts anderes habe ich hier

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