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Die Wesen (German Edition)

Die Wesen (German Edition)

Titel: Die Wesen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Lux
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fühlte, dass dies nicht stimmte. Er umarmte sie. Dann nahm er seinen Mundschutz ab und küsste sie auf die Stirn. Heiße Tränen liefen ihr die Wangen hinunter.
     
     
    Laima war verwirrt. Gottesbeweis. Blume des Lebens. Ufos. War Professor Bersinsch verrückt geworden? Sein Krebs machte ihn vielleicht unzurechnungsfähig? Kam er ihr paranoid vor?
    Sie ging gerade durch den Johannishof, als sie Blumenerde und Geranienreste vor sich auf dem Boden sah. Ihr Blick wanderte zum Holzgeländer empor. Einer der Kästen war heruntergestürzt. Hatten die Katzen wieder alles verwüstet? Laima machte sich auf ein ähnliches Chaos in der Wohnung gefasst.
    Als sie die letzten Stufen im Treppenhaus hinaufkam, stand die Tür weit auf. Eine unbeschreibliche Unordnung herrschte. Die Regale waren umgekippt. Die Kissen aufgerissen. Mittendrin standen Polizisten in Uniform und weißen Overalls.
    „Was machen sie hier?“
    „Ihre Nachbarin war so nett, uns zu rufen“, sagte ein Beamter, der offenbar das Sagen hatte. „Die alte Dame unter ihnen hat sich wohl gedacht, dass es nicht die Katzen sein können, die so einen Lärm veranstalten.“
    Filips und Franzene wanderten unbeeindruckt von dem ganzen Trubel mitten durch das Chaos.
    „Als die Kollegen kamen, waren die Einbrecher noch da. Sie sind dann aus dem Fenster geflüchtet und von der Mauer gesprungen. Ausgerechnet auf eine Gruppe Touristen. Irgendwelche Anhaltspunkte?”, fragte er einen Uniformierten, der gerade hinter Laima hereinkam.
    „Die Befragung hat einiges ergeben. Ein Teil der Gruppe meinte, es seien zwei Chinesen gewesen. Andere waren sich sicher, es waren drei Russen. Und die Dritten glaubten, die vier Männer hätten Englisch gesprochen.”
    „Na wunderbar! Russische Chinesen die Englisch reden. Und davon gleich ein halbes Dutzend. Das Übliche. Kann einem der Täter auf den Kopf fallen, fünf Minuten später weiß keiner mehr, ob er schwarz, weiß oder gelb war. Wenigstens wissen wir, dass sie Frau ...?“
    „Liepa.“
    „Dass sie, Frau Liepa, es nicht selbst waren, die hier alles umgepflügt hat. Was suchten die hier?”
    „Ich habe keine Ahnung.“
    Laima sah, dass ihr Rucksack immer noch an der gleichen Stelle lehnte. Nur war er offen. Der Ermittler folgte ihrem Blick. Ihr Handy klingelte.
    „Papa, du, es ist gerade ganz schlecht. Bei Mama ist eingebrochen worden. Die Polizei ist in der Wohnung.“
    Sie sah, wie der Ermittler zu ihrem Rucksack ging.
    „Mama ist im Krankenhaus“, sagte ihr Vater am andren Ende der Leitung.
    „Ja, weiß ich. Arbeiten. Sie musste vorhin weg.“
    „Sie liegt im Krankenhaus. Im Koma. Sie hatte einen Unfall.“
    „O mein Gott, ich komme sofort.“
    Laima verfolgte, wie der Ermittler etwas aus ihrem Rucksack holte.
    „Ich warte hier auf dich“, sagte ihr Vater.
    Sie legte auf.
    „Probleme“, sagte der Ermittler und kam zu ihr zurück.
    „Hm, ja.“ Laima konnte keinen klaren Gedanken fassen.
    „Das war keine Frage“, sagte er und hielt einen verschweißten Plastikbeutel hoch, in dem sich ein weißes Pulver befand.
    „Haben sie das schon mal gesehen?“
    Sie starrte ihn an. Die Aufmerksamkeit aller Anwesenden lag plötzlich auf ihr.
    „Wissen sie, was das ist?“, fragte er und warf ihr den Beutel zu.
    Sie fing ihn auf.
    „Keine Ahnung.“
    „Könnte es sein, dass die Männer diesen Beutel gesucht haben?“
    Alle verfolgten ohne eine Bewegung, was sich zwischen den beiden abspielte. Laima sah aus dem Augenwinkel, dass einer der Polizisten langsam das Holster seiner Pistole öffnete.
    „Ich habe das noch nie gesehen. Glauben sie mir! Da sind keine Fingerabdrücke von mir drauf.“
    „Jetzt schon!“, sagte er.
    Laima begriff die Aussichtslosigkeit ihrer Lage. Der Druckknopf des Holsters schnappte auf. Im nächsten Augenblick sprang sie zur Küche und glitt über das Fensterbrett nach draußen. Hinter ihr brach ein Orkan los. Schreie. Stolpern.
    Laima stand auf der Wehrmauer. Unter ihr gute vier Meter bis zum Kopfsteinpflaster.
    „Stehenbleiben!“, schrie jemand aus der Wohnung.
    Sie sprang auf ein Sonnenzelt, das zu einem der Restaurants unter ihr gehörte. Gäste schrien auf. Sie rutschte und fiel noch etwa zwei Meter.
    „Stehenbleiben!“
    Der Polizist stand jetzt mit der Waffe über ihr auf der Mauer. Sie lief zwischen zwei Touristen hindurch. Er würde es nicht riskieren zu schießen. Die Tauben flatterten erschreckt auf, als sie am Flötenspieler vorbeirannte. Sie hörte, wie der Polizist auf dem

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