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Die Wesen (German Edition)

Die Wesen (German Edition)

Titel: Die Wesen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Lux
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ausgestreckten Fingern militärisch an die Stirn und verschwand mit seiner Armbrust im Schatten der Bäume.
    „Wir werden eine Nachtwache aufstellen“, sagte Gerold von Stein und nahm das Kleinkalibergewehr zur Hand. „Falls tatsächlich ein Saboteur unter uns ist, was ich nicht hoffe, oder dieses Ding, was auch immer es sein mag, hier auftaucht.“
    Dann lud er das Gewehr durch.
     
    Als die Affen ausgenommen und gehäutet über dem Feuer brutzelten, war es bereits dunkel. Es sah makaber aus. Auf den Spießen, die über die Flammen geneigt waren, hingen die Tiere in der Luft und machten den Eindruck, als vollführten sie einen grotesken Tanz. Ihre Muskeln verkürzten sich beim Braten, sodass sich die kleinen Körper unter Einwirkung der Hitze bewegten und in verzerrten Posen verrenkten, obwohl sie schon lange tot waren.
    Laima war bei diesem Anblick der Appetit vergangen.
    Mit dem Eintreten der Nacht waren auch die Geräusche der Vögel verstummt.
    Sam verteilte die Spieße.
    „Das Beste ist hier drin“, sagte er und schlug mit einer schnellen Bewegung den Kopf des Tieres auf einen Stein, sodass er aufplatzte. „Und man muss es warm essen.“
    Das war Laima zu viel. Sie entfernte sich aus dem Schein des Feuers, an dem die Männer sie weniger an zivilisierte Menschen als an Kannibalen erinnerten.
    Sie dachte an die kleinen Skelette, die sie heute gefunden hatten. Was verbarg sich dahinter für ein Geheimnis? Waren sie das, wofür Laima sie hielt? Waren sie der Schlüssel zu den offenen Fragen, die selbst die allwissende Wissenschaft nicht beantworten konnte? Wurde die Wissenschaft kontrolliert oder sogar manipuliert? Warum? Wozu? Wer profitierte davon? Und was war die echte Wahrheit?
    Hätte Professor Bersinsch ihr nur mehr vertraut. Wusste er es oder hatte er es geahnt? Sicher. Aber sie musste jetzt selbst ihre Wahrheit finden. Wenn er mehr wusste, hätte sie ihm geglaubt? Hätte sie ihn nicht wie die meisten für verrückt erklärt?
    So wie sie es noch vor wenigen Tagen getan hatte. Obwohl sie ihm traute und ihn schätzte, hatte sie ihm schon bei dem Bisschen, was er ihr erzählt hatte, nicht geglaubt. Sie hatte an seinem Verstand gezweifelt.
    Und jetzt war alles gekippt. Ihre ganze Welt hatte sich auf den Kopf gedreht und alle Puzzlestücke waren durcheinander. Aber vielleicht musste sie die Stücke nur zu einem neuen Bild zusammensetzen. Was kam dann heraus? Es machte ihr Angst. Wollte sie überhaupt wissen, was hinter all dem lag, was sie immer mit so vertrauten Augen gesehen hatte? War es nicht der große Wunsch nach Frieden, der es ihr verbot, tiefer zu graben? Aber was hatte sie zu verlieren? Es war bereits alles aus dem Ruder gelaufen.
    Sie zog ihre Schuhe aus und machte ein paar Schritte im kühlen, feuchten Sand des Strandes. Der Fluss brauste in der Dunkelheit. Sie sah ihn nicht, aber sie hörte ihn. War es nicht dasselbe mit der Welt, die sie täglich umgab, nur umgekehrt? Sie sah sie, aber sie hörte nichts. Sie hörte nicht, was sie ihr eigentlich sagen wollte.
    Ein Kreischen im Dunkel des Tals. Vögel flatterten durch die Luft. Dann verstummte alles. Irgendwo im Tal war etwas passiert. Laimas Herz schlug schneller.
    Dann wieder. Das Kreischen der Affen, das Flattern der Vögel. Dann Stille. Es näherte sich etwas. Sie wich instinktiv zurück. Ihr Fuß berührte das kalte Wasser des Flusses. Sie musste Richtung Feuer. Sie konnte es kaum mehr sehen. Ein kleiner Punkt in der Ferne.
    Da war es wieder. Direkt am Strand. Sie fing an zu laufen. Die Vögel kreischten, als sie über sie hinwegflogen. Sie spürte den Wind ihrer Flügel auf der feuchten Haut. Sie lief und sank immer wieder in den nassen Sand. Jeder Schritt gab ihr das Gefühl, auf der Stelle zu treten. Panisch steuerte sie auf das Feuer zu. Aber es kam nicht näher.
    „Hier“, schrie sie. „Hier!“
    Mehr brachte sie nicht aus ihrer angstverschnürten Kehle hervor.
    Adrenalin flutete ihr Blut.
    Sie sah, wie die Männer sich vom Feuer erhoben und in die Dunkelheit starrten. Hatten sie ihre Rufe gehört? Hatten sie sie gesehen? Nur noch ein kurzes Stück, aber es erschien ihr wie eine Ewigkeit.
     
     
     

15
     
    Erschöpft fiel sie zwischen die Männer am Feuer.
    „Was war los?“, fragte Professor Carlsen.
    „Haben sie denn nichts gehört?“, fragte Laima.
    „Doch, doch“, sagte der Professor.
    Sie sah, dass von Stein mit dem Gewehr in der Hand angespannt in tiefe Schwärze starrte, die sei umgab. Neben ihm stand Sam und zielte

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