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Die Wesen (German Edition)

Die Wesen (German Edition)

Titel: Die Wesen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Lux
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Verdauung“, sagte Professor Carlsen. „Und das Fett hilft bei der Thermoregulation.“
    „Also Fett habe ich genug“, sagte Slinkssons. „Und mit dem Scheißen hatte ich noch nie Probleme.“
    „Merkt man. Fällt dir ja dauernd aus dem Mund“, sagte Sam.
    „Meine Lieben, wir können froh sein, dass unser Gastgeber uns nicht versteht. Da muss man sich ja für euch schämen.“
    Bevor Tsin aus seiner Tasse trank, tauchte er Daumen und Zeigefinger in den Tee und spritzte ein paar Tropfen Richtung Altar.
    „Was macht er da?“, fragte Sam.
    „Er opfert den Hungergeistern“, sagte Laima.
    „Den hungrigen Geistern?“
    „Auf Tibetisch heißen sie ‚dvags’.“
    Tsin hatte das Wort sofort verstanden und lächelte erfreut, dass man sich mit seiner Kultur auskannte.
    „Dort auf dem Altar sieht man das Rad des Lebens“, sagte Laima. „Es stellt den Aufbau der Welt in seinen verschiedenen Bereichen dar. Man erkennt gut die sechs Hauptbereiche. Die drei Oberen sind die der Götter, Halbgötter und Menschen.“
    „Das sehe ich“, sagte Sam. „Aber die andren Bereiche sehen weniger erfreulich aus.“
    „Das sind die Bereiche der Tiere, der Dämonen und der Hungergeister. Das sind die Dicken da, die wegen ihrem unersättlichen Hunger und ihren zu engen Hälsen, durch die sie nie genug herunterbekommen, Höllenqualen leiden. Je nach unsren Taten werden wir in angenehmen oder weniger angenehmen Bereichen wiedergeboren.“
    „So ein Quatsch!“, sagte Sam. „Glaubt doch keiner an Geister oder Zwischenwelten. ‚Money makes the world go round’. Aber keine Hungergeister.“
    „Hungergeister lieben Geld!“, sagte Laima.
    „Am liebsten große Scheine, was?“
    „Genau. Und die werden dann als Opfer verbrannt.“
    „Bullshit!“
    „Nur weil wir etwas nicht sehen“, sagte von Stein, „bedeutet es nicht, dass es nicht existiert. Nur weil wir Ultraschall nicht wie eine Fledermaus wahrnehmen und ihn nicht hören, bedeutet es, dass es ihn nicht gibt?“
    „Aber es kann doch wissenschaftlich bewiesen werden! Man kann es messen!“
    „Das stimmt. Aber solange es nicht messbar oder sichtbar gemacht werden konnte, existierte es für die Wissenschaft nicht. Und es muss laut Wissenschaft nicht nur von dir gesehen werden, sondern auch für alle andren sichtbar sein. Dann muss es wiederum noch, von diesen andren selber, sichtbar gemacht werden können. Das ist dann der erforderliche wissenschaftliche Beweis für die Existenz eines Phänomens.“
    „Ja, das klingt in der Theorie auf jeden Fall ziemlich komisch. Etwas existiert nicht, solange es nicht bewiesen ist.“
    „Zu allen Zeiten haben Wissenschaftler zuerst ihre Fantasie bemüht. Sie hatten ein Bild, eine Vision. Das bildliche Denken war immer der Ansatz zu neuen Entdeckungen. Wenn wir bereit sind, uns auf neue Bilder einzulassen, entsteht erst die Möglichkeit, etwas Neues zu verstehen. Es sind die Bilder, die wir uns von der Welt machen, die der Welt ihre Form geben.“
    „Wie die Scheibe und die Kugel?“
    „Bis Kolumbus mit seinem Bild der Erde, das nicht dem eines Suppentellers glich, über dessen Rand hinauswollte, kam niemand auf die Idee, dass etwas daran nicht stimmen könnte. Dabei waren sich die Ägypter dessen schon Tausende Jahre vorher bewusst.“
    „Wäre es möglich, dass die Kirche von der Kugelform der Erde wusste?“, sagte Sam.
    „Und warum haben sie sich dann so gegen die neue Weltsicht gestellt?“, sagte Schüssli.
    „Vielleicht hatten sie gute Gründe, diesen Fehlglauben aufrechtzuerhalten!“, sagte Slinkssons. „Wer weiß warum? Versucht die Kirche nicht schon immer, uns durch alle Jahrhunderte hindurch dumm zu halten?“
    „Na, wer freiwillig an ihre Ammenmärchen glaubt, ist doch selber schuld“, sagte Sam.
    „Ich weiß, was ich gesehen habe“, sagte Gerold von Stein. „Wenn niemand anderer daran glaubt, ist es mir egal. Warum sollten es keine Dämonen geben? Warum sollten nicht in andren Frequenzbereichen, die sich unsrer Wahrnehmung entziehen, Dinge befinden, vielleicht gerade hier neben uns, die wir einfach nicht sehen können?“
    „Solange jemand nicht mit Sicherheit beweisen kann, dass etwas nicht existiert, sollte doch erst einmal angenommen werden, dass es als möglich gilt, oder?“, sagte Schüssli.
    „In dubio pro reo.“
    „Wie?“
    „Im Zweifel für den Angeklagten. Solange nicht das Gegenteil bewiesen ist, ist man unschuldig.“
    „Aber leider funktionieren die Menschen so nicht. Sie haben eine

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