Die Wespenfabrik
verkohlten, blasigen Schutts übrig, dessen
grellgelbe Hitze abkühlte. Ich schloß die Augen, um die
Muster zu erkennen, doch es blieb nur das Nachbild des Brennens, das
ebenso verblaßte wie das Glühen auf der Metallscheibe. Es
tanzte mir kurz auf der Netzhaut herum, dann verschwand es. Ich hatte
gehofft, Erics Gesicht zu sehen oder weiteren Aufschluß
über die bevorstehenden Ereignisse zu erhalten, doch war mir
nichts davon beschieden.
Ich beugte mich vor, blies die Wespenkerzen aus, zuerst die
rechte, dann die linke, dann blies ich durch eine Augenhöhle des
Hundeschädels und löschte die Kerze darin. Noch blind nach
dem hellen Licht, ertastete ich meinen Weg durch die Dunkelheit und
den Rauch bis zur Tür. Ich ging hinaus und ließ den Qualm
und den Gestank hinaus in die feuchte Luft entweichen; Spiralen in
Blau und Grau schlängelten sich aus meinen Haaren und Kleidern,
während ich so da stand und tief durchatmete. Ich schloß
die Augen für eine Weile, dann ging ich zurück in den
Bunker, um aufzuräumen.
Ich schloß die Tür und verriegelte sie. Ich ging nach
Hause zum Mittagessen und traf meinen Vater beim Holzhacken im
hinteren Garten an.
»Guten Tag«, sagte er und wischte sich über die
Stirn. Es war schwül, und er hatte sich bis aufs Unterhemd
ausgezogen.
»Hallo«, sagte ich.
»Gestern alles gutgegangen?«
»Alles gutgegangen.«
»Ich bin erst sehr spät zurückgekommen.«
»Ich habe schon geschlafen.«
»Das habe ich mir gedacht. Du hast sicher Hunger.«
»Ich mache heute was zu essen, wenn du willst.«
»Nein, laß nur. Du kannst Holz hacken, wenn dir der
Sinn danach steht. Ich mache uns das Mittagessen.« Er legte die
Axt weg und wischte sich die Hände an der Hose ab, wobei er mich
musterte. »War gestern alles ruhig?«
»Ja, ja.« Ich nickte und stand einfach nur da.
»Nichts passiert?«
»Nichts Besonderes«, versicherte ich ihm, während
ich meine Sachen ablegte und die Jacke auszog. Ich hob die Axt auf.
»Eigentlich war es sehr ruhig.«
»Gut«, sagte er, anscheinend überzeugt, und ging
ins Haus. Ich holte mit der Axt aus und ließ sie auf einen
Holzklotz niedersausen.
Nach dem Mittagessen nahm ich mein Fahrrad namens Kiesel und etwas
Geld und ging in die Stadt. Ich erklärte meinem Vater, daß
ich vor dem Abendessen zurück sein würde. Als ich die halbe
Strecke nach Porteneil zurückgelegt hatte, fing es an zu regnen,
also hielt ich an, um meine Regenhaut überzuziehen. Ich kam nur
schwer voran, aber ich gelangte ohne weitere Unannehmlichkeiten dort
an. Die Stadt war grau und leer in der dumpfen
Nachmittagsbeleuchtung; Autos platschten über die Straße,
die nach Norden führte, einige mit eingeschalteten
Scheinwerfern, was alles noch düsterer erscheinen ließ.
Ich ging zuerst in den Laden für Jagd- und Angelbedarf, um den
alten Mackenzie zu besuchen und eine neue amerikanische Jagdschleuder
mitzunehmen sowie auch ein paar Luftgewehrkugeln.
»Wie geht es dir heute, junger Mann?«
»Sehr gut, und selbst?«
»Och, nicht schlecht, weißt du«, sagte er und
schüttelte langsam den grauen Kopf; seine gelblichen Augen und
Haare wirkten im elektrischen Licht des Ladens ziemlich ungesund. Wir
wechseln immer die gleichen Worte. Oft bleibe ich länger in dem
Laden, als ich beabsichtigt hatte, weil es so gut riecht.
»Und wie geht es deinem Onkel zur Zeit? Ich habe ihn
seit… schon ziemlich lange nicht mehr gesehen.«
»Es geht ihm gut.«
»Ach, das ist gut, gut«, sagte Mackenzie, wobei er die
Augen mit einem leicht gequälten Ausdruck verdrehte und langsam
nickte. Ich nickte ebenfalls und sah auf die Uhr.
»So, jetzt muß ich weiter«, sagte ich und schickte
mich zum Weggehen an; ich verstaute meine neue Schleuder in dem
Tornister auf meinem Rücken und stopfte die Kugeln, die in
braunem Papier eingepackt waren, in die verschiedenen Taschen meiner
Kampfjacke.
»Na ja, wenn du mußt, dann mußt du«, sagte
Mackenzie und nickte zur Glastheke hinunter, als ob er die Fliegen,
Angelrollen und Entenpfeifen darin überprüfen wollte. Er
nahm ein Tuch, das neben der Registrierkasse lag, fuhr damit langsam
über die Oberfläche und blickte nur noch einmal auf, als
ich den Laden verließ, um »also dann, auf
Wiedersehen« zu sagen.
»Ja, auf Wiedersehen.«
Im Café ›Fördeblick‹, das offenbar nach
seiner Namensgebung der Schauplatz einer furchtbaren und lokal
begrenzten Absackung des Bodens gewesen sein mußte, denn es
hätte mindestens ein Stockwerk höher sein
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