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Die Wespenfabrik

Die Wespenfabrik

Titel: Die Wespenfabrik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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– eine Wegstrecke, die ein langes
Stück abwärts führt und dann ein kurzes Stück
bergauf, wo es leicht passieren kann, daß man vom Boden abhebt
– mit einer Geschwindigkeit von mindestens vierzig Kilometern
durchraste, woraufhin ich platschend im Schlamm landete, nur knapp
neben dem Ginstergestrüpp. Das trug mir einen schmerzenden
Hintern ein, der so weh tat, daß ich am liebsten laut gejammert
hätte. Doch ich kam sicher zu Hause an. Ich beteuerte meinem
Vater, daß ich okay sei und in etwa einer Stunde zum Essen
kommen würde. Dann ging ich in den Schuppen, um Kiesel
sauberzureiben. Nachdem ich damit fertig war, bastelte ich ein paar
neue Bomben als Ersatz für die, die ich tags zuvor gebraucht
hatte, und noch einige zusätzliche. Ich schaltete das alte
elektrische Feuer im Schuppen an, nicht so sehr, um mich zu
wärmen, sondern vor allem, um zu verhindern, daß die
äußerst hygroskopische Mischung Feuchtigkeit aus der Luft
aufsog.
    Mir wäre es natürlich lieber gewesen, wenn ich mir nicht
die Mühe hätte machen müssen, kiloweise Zucker und
jede Menge Packungen Unkrautvertilger aus der Stadt heranzuschleppen,
um sie in die Führungsrohre für elektrische Leitungen zu
stopfen, die Jamie der Zwerg mir bei der Baufirma besorgt, bei der er
arbeitet. Wenn man den Keller voll von Kordit hat, genug, um die
halbe Insel von der Landkarte zu wischen, kommt einem das ein
bißchen doof vor, aber mein Vater ließ mich nun mal nicht
in die Nähe des Zeugs.
    Es war sein Vater, Colin Cauldhame, gewesen, der das Kordit von
einem Schiffsschrottplatz, den es früher einmal an der
Küste gab, aufgetrieben hatte. Einer seiner Verwandten arbeitete
dort, und er hatte ein altes Kriegsschiff entdeckt, dessen Magazin
noch mit diesem Explosivstoff gefüllt war. Colin kaufte das
Kordit und pflegte damit Feuer anzumachen. Lose verwendet, eignet
sich Kordit ausgezeichnet als Feueranzünder. Colin kaufte so
viel, daß es zweihundert Jahre lang für den Hausgebrauch
gereicht hätte, selbst wenn sein Sohn es weiterhin benutzt
hätte, also hatte er möglicherweise daran gedacht, es zu
verkaufen. Ich weiß, daß mein Vater es eine Zeitlang zum
Anzünden des Herds benutzt hat, doch nun schon lange nicht mehr.
Gott allein wußte, wieviel dort unten noch lagerte; ich habe
große Ballen und Bündel gesehen, die noch mit dem Zeichen
der Royal Navy markiert waren, und ich habe mir im Traum
unzählige Möglichkeiten ausgedacht, wie ich an das Zeug
herankommen könnte, aber außer dem Bau eines Tunnels vom
Schuppen aus, so daß ich die Ballen von hinten herausziehen
könnte und der Vorrat vom Innern des Kellers aus unversehrt
aussehen würde, kommt mir keine brauchbare Idee. Mein Vater
prüft den Inhalt des Kellers alle paar Wochen, indem er sich
nervös mit einer Lampe hinunterbegibt, die Ballen zählt und
herumschnüffelt und die Thermometer und Hygrometer abliest.
    Es ist angenehm kühl im Keller, überhaupt nicht feucht,
obwohl ich vermute, daß er kaum über dem
Grundwasserspiegel liegen kann, und mein Vater weiß offenbar,
was er tut, und ist überzeugt davon, daß der Explosivstoff
noch intakt ist, aber ich glaube, er macht ihn irgendwie nervös,
und zwar seit dem Bombenkreis. (Auch hier bin ich wieder schuld, es
war mein Fehler. Mein zweiter Mord, derjenige, bei dem meiner
Vermutung nach einige Familienmitglieder Verdacht schöpften.)
Wenn es ihm jedoch soviel Angst macht, verstehe ich nicht, warum er
das Zeug nicht einfach wegwirft. Aber ich glaube, er nährt
seinen persönlichen kleinen Aberglauben, was das Kordit
betrifft. Irgend etwas, das mit dem Bindeglied zur Vergangenheit zu
tun hat oder einem Dämon des Bösen, den wir verbergen, ein
Symbol für alle Missetaten unserer Familie, der vielleicht
darauf lauert, uns eines Tages zu überraschen.
    Wie auch immer, ich habe keinen Zugang dazu, und ich muß
meterweise schwarze Metallrohre mühsam aus der Stadt
heranschaffen, sie im Schweiße meines Angesichts bearbeiten,
biegen und schneiden und bohren und falzen und wieder biegen, mich
damit am Schraubstock abrackern, bis die Werkbank und der Schuppen
von meiner Anstrengung quietschen. Ich vermute, in gewisser Weise ist
es eine Handwerkskunst, und bestimmt erfordert es einiges Geschick,
aber manchmal langweilt es mich, und nur der Gedanke an den Zweck,
den diese kleinen schwarzen Torpedos erfüllen werden, ermutigt
mich zu weiterem Schuften und Werkeln.
    Nach meiner Bombenherstellungsaktion räumte ich alles weg und
putzte den Schuppen,

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