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Die Wespenfabrik

Die Wespenfabrik

Titel: Die Wespenfabrik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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von einer
lädierten He 111 abgeworfen worden war, die versucht hatte, nach
einem erfolglosen Angriff auf den Flugboot-Stützpunkt etwas
weiter unten an der Förde zu ihrem eigenen Stützpunkt in
Norwegen zurückzukehren. Ich stelle mir gern vor, daß es
die Kanone in meinem Bunker gewesen war, von der sie getroffen worden
war und die den Piloten in die Flucht geschlagen und veranlaßt
hatte, seine Bomben abzuwerfen.
    Die Spitzen einiger dieser großen Brocken eruptiven Gesteins
ragen noch immer aus der Oberfläche des längst
zurückgekehrten Sandes heraus, und sie bilden den Bombenkreis,
das überaus passende Denkmal für den armen toten Paul; ein
lästerlicher Steinkreis, in dem die Schatten spielen.
    Wieder einmal hatte ich Glück gehabt. Niemand hat etwas
gesehen, niemand konnte glauben, daß ich es getan hatte.
Diesmal war ich vor Kummer außer mir, von Schuldgefühlen
zerrissen, und Eric mußte sich um mich kümmern,
während ich meine Rolle bis zur Perfektion spielte, das
muß ich selbst sagen. Ich betrog Eric nicht gern, aber ich
wußte, daß es nötig war; ich konnte ihm nicht sagen,
daß ich es getan hatte, denn er hätte nicht verstanden, warum ich es getan hatte. Er wäre entsetzt gewesen und
hätte mir wahrscheinlich ein für allemal die Freundschaft
gekündigt. Also mußte ich das trauernde, sich mit
Selbstvorwürfen quälende Kind mimen, und Eric mußte
mich trösten, während mein Vater ins Grübeln
verfiel.
    Eigentlich gefiel mir die Art, wie mich Diggs befragte,
überhaupt nicht, und eine Weile lang dachte ich, er hätte
eine Ahnung, doch meine Antworten schienen ihn zufriedenzustellen. Es
machte die Sache nicht leichter, daß ich meinen Vater
›Onkel‹ und Eric und Paul ›Vettern‹ nennen
mußte; das war meines Vaters Idee und der Versuch, den
Polizisten hinsichtlich meiner Abstammung hinters Licht zu
führen, damit Diggs nicht Erkundigungen einholen und entdecken
würde, daß ich offiziell nicht existierte. Laut meiner
Geschichte war ich der verwaiste Sohn des seit langem verschollenen
jüngeren Bruders meines Vaters und weilte nur gelegentlich in
verlängerten Ferien auf der Insel, während ich von einem
Verwandten zum anderen geschoben wurde, bis über meine Zukunft
beschlossen würde.
    Jedenfalls brachte ich dieses heikle Zwischenspiel hinter mich,
und in diesem einen Fall spielte sogar das Meer mit, indem es gleich
nach der Explosion stieg und die Flut alle möglicherweise
verräterischen Spuren verwischte, die ich möglicherweise
hinterlassen hatte; danach verging noch eine Stunde, bevor Diggs aus
der Stadt erschien und den Schauplatz der Katastrophe in Augenschein
nahm.
     
    Als ich zurückkam, war Mrs. Clamp im Haus; sie war gerade
beim Auspacken des riesigen Weidenkorbs vorn an ihrem uralten
Fahrrad, das an den Küchentisch gelehnt stand. Sie war emsig
damit beschäftigt, unsere Schränke, den Kühlschrank
und die Tiefkühltruhe mit Nahrungsmitteln und Vorräten
vollzustopfen, die sie aus der Stadt mitgebracht hatte.
    »Guten Morgen, Mrs. Clamp«, sagte ich freundlich, als
ich die Küche betrat. Sie drehte sich um und sah mich an. Mrs.
Clamp ist sehr alt und außergewöhnlich klein. Sie
ließ den Blick an mir auf und ab schweifen und sagte: »Oh, du bist es, ja?«, dann wandte sie sich gleich wieder
ihrem Korb am Fahrrad zu, indem sie mit beiden Händen in seine
Tiefe tauchte und lange, in Zeitungspapier eingewickelte Packen zum
Vorschein brachte. Sie tippelte zur Tiefkühltruhe, stieg auf
einen kleinen Hocker, der daneben stand, wickelte die Pakete auf und
enthüllte verschiedene Tiefkühlpackungen meiner Frikadellen
und verstaute sie in der Truhe, wobei sie sich so weit hineinbeugte,
daß sie fast darin verschwand. Ich hatte plötzlich die
Eingebung, wie leicht es wäre, sie zu… Ich schüttelte
den Kopf, um ihn von derart törichten Gedanken zu befreien. Ich
setzte mich an den Küchentisch, um Mrs. Clamp beim Arbeiten
zuzuschauen.
    »Wie geht es Ihnen denn so zur Zeit, Mrs. Clamp?« fragte
ich.
    »Na ja, mir geht es ganz gut«, sagte Mrs. Clamp,
schüttelte den Kopf, stieg vom Hocker, holte weitere
tiefgekühlte Frikadellen und ging wieder zur Tiefkühltruhe
zurück. Ich fragte mich, ob sie so etwas wie Erfrierungen
bekommen könnte; ich war sicher, kleine Eiskristalle in ihrem
flaumigen Schnurrbart glitzern zu sehen.
    »Meine Güte, heute haben Sie uns aber eine große
Lieferung gebracht. Es überrascht mich, daß Sie damit
nicht unterwegs mit dem Rad umgefallen sind.«
    »Das

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