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Die Wespenfabrik

Die Wespenfabrik

Titel: Die Wespenfabrik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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stellte bereits die Stühle auf die Tische und fegte den
Dreck zusammen und las die zerknüllten Crisp-Tüten auf, und
ich fühlte mich immer noch nicht allzu wohl. Das Mädchen
hörte sich immer schlimmer an, je mehr ich ihr zuhörte. Ihr
Akzent klang fürchterlich; sie mußte irgendwo von der
Westküste stammen, Glasgow, wenn mich nicht alles
täuschte.
    »Nö, so eine will ich nich’. Zu schwer, ’ne
Fünfhunderter reicht mir vollkommen. Eigentlich hätt’
ich am liebsten ’ne Moto Guzzi, aber ich bin nich’ so recht
überzeugt von der Antriebswelle…«
    Herrje, ich war im Begriff, die Jacke des Mädchens
vollzukotzen, ihre Reißverschlüsse zu verkleben und die
Taschen zu füllen und wahrscheinlich Jamie mit dem ersten
Schwall quer durch den Raum in die Bierkästen unter den
Lautsprechertürmen zu schleudern, und diese beiden quasselten
etwas über ihre absurden Motorrad-Träumereien.
    »Willste ’ne Zigarette?« sagte das Mädchen und
schob eine Packung an meiner Nase vorbei zu Jamie hoch. Ich sah immer
noch die Lichtschweife von der blauen Packung an mir vorbeiziehen,
als sie die Packung längst wieder gesenkt hatte. Jamie
mußte wohl eine Zigarette genommen haben, obwohl ich
wußte, daß er nicht rauchte, denn ich sah, wie das
Feuerzeug aufleuchtete, das vor meinen Augen entzündet wurde und
ein Feuerwerk von Funken versprühte. Ich konnte geradezu
fühlen, wie mein Okzipitallappen dahinschmolz. Ich erwog,
irgendeine geistreiche Bemerkung über Jamies Wachstumshemmung
loszulassen, doch sämtliche Verbindungen zu und von meinem
Gehirn schienen durch dringende Botschaften von meinen Eingeweiden
blockiert zu sein. Ich spürte, daß sich dort unten ein
grauenvolles Schäumen abspielte, und ich wußte, daß
das nur auf eine Weise enden konnte, doch ich konnte mich nicht
bewegen. Ich war zwischen dem Boden und dem Pfeiler eingeklemmt wie
eine Stützstrebe, und Jamie plapperte immer noch etwas daher von
dem unvergleichlichen Klang einer Triumph, und das Mädchen gab
an mit ihren Geschwindigkeitsnachtfahrten in Loch Lomond.
    »Biste in Ferien hier?«
    »Jo, mit meinen Freundinnen. Ich hab ’nen Freund, aber
der malocht auf ’ner Bohrinsel.«
    »Aso.«
    Ich atmete noch immer schwer und versuchte, meinen Kopf durch
Sauerstoff zu klären. Ich verstand Jamie nicht; er war etwa halb
so groß wie ich, wog halb soviel oder weniger, und egal,
wieviel wir auch tranken, wir gerieten uns niemals in die Haare. Er
knallte niemals sein Glas auf den Kneipenboden, sonst wäre ich
naß geworden. Ich merkte, daß das Mädchen endlich
von meiner Anwesenheit Notiz genommen hatte. Sie klopfte mir auf die
Schulter, und ich begriff langsam, daß das nicht zum erstenmal
geschah.
    »He«, sagte sie.
    »Was?« Ich riß mich zusammen.
    »Alles in Ordnung mit dir?«
    »Jo.« Ich nickte langsam und hoffte, daß ich sie
damit zufriedenstellen würde. Dann wandte ich den Blick zur
Seite und nach oben, als ob ich unbedingt etwas höchst
Interessantes und Wichtiges an der Decke betrachten müßte.
Jamie stupste mich mit dem Fuß an. »Was?« sagte ich
darauf noch mal und versuchte, ihn nicht anzusehen.
    »Willst du die ganze Nacht hierbleiben?«
    »Was?« sagte ich. »Nein. Ach so, bist du fertig?
Also los!« Ich streckte die Hände nach hinten aus, um nach
dem Pfeiler zu tasten, fand ihn und schob mich daran hoch, wobei ich
hoffte, daß meine Füße auf dem biernassen Boden
nicht wegrutschen würden.
    »Vielleicht wäre es besser, wenn du mich runterlassen
würdest, Frank, mein Junge«, sagte Jamie, und versetzte mir
einen kräftigeren Fußtritt. Ich verdrehte die Augen
schräg nach oben, als ob ich zu ihm hochsehen wollte, und
nickte. Ich ließ meinen Rücken am Pfeiler nach unten
gleiten, bis ich direkt am Boden hockte. Das Mädchen half Jamie
beim Abspringen. Seine roten Haare und ihre blonden wirkten aus
diesem Blickwinkel in dem mittlerweile hell erleuchteten Raum
plötzlich grellfarben. Duncan kam mit einem Besen und einem
großen Eimer näher zu uns heran, wobei er Aschenbecher
leerte und da und dort etwas zusammenfegte. Ich bemühte mich
aufzustehen, dann spürte ich, wie mich Jamie und das
Mädchen jeweils unter einem Arm packten und hochzogen. Ich
begann, alles um mich herum dreifach zu sehen und fragte mich, wie so
etwas mit nur zwei Augen möglich war. Ich war nicht sicher, ob
sie mit mir sprachen oder nicht.
    Ich sagte ›Jo‹, für den Fall, daß sie es
taten, dann merkte ich, wie ich durch den Notausgang an die frische
Luft

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