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Die Wespenfabrik

Die Wespenfabrik

Titel: Die Wespenfabrik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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offenbar
ist es sehr schwierig, den kleinen schwarzen Kegel an der
abgebrannten Seite aufzulösen – und, über den ganzen
Abend gerechnet, für die Zahl der Kippen, die man auf diese
Weise befördert hat.
    Man kann das Spiel auch in begrenzterer Form in den kleinen
Einzelurinierschüsseln spielen, die heutzutage mehr in Mode
sind, aber Jamie hat das niemals selbst ausprobiert, da er bedingt
durch seinen kleinen Wuchs ungefähr einen Meter weit von diesen
Becken entfernt stehen und sein Wasser im hohen Bogen abschlagen
muß.
    Jedenfalls hat es den Anschein, als ob längere Pinkeleien
durch dieses Treiben um einiges interessanter würden, aber
für mich ist es nichts, aufgrund meines persönlichen
Mißgeschicks.
    »Isser dein Bruder oder so?«
    »Ne, er is’ mein Freund.«
    »Isser immer so besoffen?«
    »Meist Samstagabends.«
    Das ist natürlich eine ungeheuerliche Lüge. Ich bin
selten so betrunken, daß ich nicht mehr sprechen oder geradeaus
gehen kann. Ich hätte Jamie gern zurechtgewiesen, wenn ich in
der Lage gewesen wäre zu sprechen und nicht meine ganze
Konzentration dafür gebraucht hätte, einen Fuß vor
den anderen zu setzen. Ich war mir nicht ganz sicher, ob ich mich
jetzt übergeben müßte, doch derselbe
unverantwortliche, zerstörerische Teil meines Gehirns –
wahrscheinlich handelte es sich nur um ein paar einzelne Neuronen,
doch ich vermute, daß jedes Gehirn einige davon besitzt, und
ein kleines verkommenes Element genügt, um das Ganze in Verruf
zu bringen – stellte sich immer noch unablässig die
Spiegeleier mit Schinken auf dem kalten Teller vor, und jedesmal hob
sich mir der Magen. Es bedurfte äußerster
Willensanstrengung, an eine kühle Brise auf den Hügeln zu
denken oder an das Muster, das der Schatten des Wassers auf
wellengekräuseltem Sand zeichnet – Dinge, die für mich
schon immer der Inbegriff von Reinheit und Frische waren und mir
halfen, meinen Geist vom Grübeln über den Inhalt meines
Magens abzulenken.
    Allerdings mußte ich noch dringender als zuvor pinkeln.
Jamie und das Mädchen gingen nur ein paar Zentimeter entfernt
neben mir her und hielten mich jeweils an einem Arm fest, wobei sie
häufig von mir angerempelt wurden, doch meine Betrunkenheit war
jetzt in ein solches Stadium gekommen – da die beiden letzten
schnell hinuntergestürzten Glas Bier und der begleitende Whisky
meinen dahinjagenden Blutstrom eingeholt hatten –, daß ich
mich genausogut auf einem anderen Planeten hätte befinden
können, was meine Hoffnung anging, daß ich ihnen mein
Verlangen verständlich machen könnte. Sie gingen neben mir
her und unterhielten sich, plapperten ausgemachten Mist daher, als ob
er wer weiß wie bedeutend wäre, und ich, der mit mehr
Verstand als die beiden zusammen und einem Wissen von absolut
lebenswichtiger Natur ausgestattet war, brachte kein Wort heraus.
    Es mußte eine Möglichkeit geben. Ich versuchte, meinen
Kopf durch Schütteln klar zu bekommen, und holte ein paarmal
tief Luft. Ich raffte mich zu einem gleichmäßigeren Gang
auf. Ich dachte sehr sorgfältig über Worte nach und
darüber, wie man sie bildete. Ich probierte meine Zunge aus und
prüfte meine Kehle. Ich mußte mich
zusammenreißen. Ich mußte mich verständlich machen. Ich sah mich um, als wir eine Straße
überquerten; ich sah das Straßenschild der Union Street,
das an einer niedrigen Mauer angebracht war. Ich wandte mich zuerst
an Jamie und dann an das Mädchen, räusperte mich und sagte
mit großer Deutlichkeit: »Ich weiß nicht, ob ihr
beide jemals diese Ansicht geteilt habt – oder, besser gesagt,
teilt, und, wie die Dinge liegen, geht es dabei zumindest um eine
beiderseitige Angelegenheit zwischen euch, die auf keinen Fall mich
einschließt –, und der Fehldeutung erliegt, die ich einst
den Worten auf jenem Schild dort angedeihen ließ, aber es ist
nun mal Tatsache, daß ich den Begriff ›Union‹ in der
besagten Wortverbindung für die Vereinigung der Werktätigen
hielt und damals den Stadtvätern erstaunliche sozialistische
Einsichten unterstellte, indem sie eine Straße derart benannt
hatten; ich hegte die Hoffnung, daß doch noch nicht alles
verloren sein mochte hinsichtlich der Aussichten eines möglichen
Friedens oder zumindest eines Waffenstillstands im Klassenkampf, wenn
die Anerkennung des Wertes der Gewerkschaften ihren Niederschlag fand
auf einem so ehrwürdigen und wichtigen Schild einer überaus
belebten Straße, aber ich muß gestehen, daß ich von
diesem unseligen

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