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Die Wespenfabrik

Die Wespenfabrik

Titel: Die Wespenfabrik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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übertriebenen Optimismus geheilt wurde, als
mein Vater – Gott behüte seinen Sinn für Humor –
mir eröffnete, daß es sich um die seinerzeit gerade erst
besiegelte Vereinigung zwischen dem englischen und schottischen
Parlament handelte, die die Ehrenwerten der Stadt – gemeinsam
mit Hunderten von anderen Stadträten im ganzen Land, das bis zu
jenem Zeitpunkt ein unabhängiges Königreich gewesen war
– mit solcher Feierlichkeit und Dauerhaftigkeit zu würdigen
gedachten, zweifellos auch im Hinblick auf die profitablen
Gelegenheiten, die eine so unverzügliche Handlung der Anpassung
an die neuen Verhältnisse bot.«
    Das Mädchen warf Jamie einen Blick zu. »Harter was
gesagt?«
    »Ich glaube, er hat sich nur einfach geräuspert«,
sagte Jamie.
    »Ich dachte, er hätte was von Bananen
erzählt.«
    »Bananen?« wiederholte Jamie ungläubig und
erwiderte den Blick des Mädchens.
    »Nö«, sagte sie, während sie mich ansah und
den Kopf schüttelte. »Schon gut.«
    Soviel zum Thema ›verständlich machen‹, dachte ich.
Offenbar waren die beiden so betrunken, daß sie nicht einmal
korrekt gesprochenes Englisch verstanden. Ich seufzte tief,
während ich erst den einen und dann den anderen betrachtete,
während wir unseren Weg langsam entlang der Hauptstraße
fortsetzten, vorbei an Woolworth und verschiedenen Verkehrsampeln.
Ich starrte geradeaus und überlegte krampfhaft, was ich tun
sollte. Sie führten mich über die nächste
Straße, und ich wäre beinah über den Bordstein auf
der anderen Seite gestolpert. Plötzlich kam mir die
Verletzbarkeit meiner Nase und meiner Vorderzähne eindringlich
ins Bewußtsein, für den Fall, daß sie zufällig
mit dem Granitgestein des Pflasters von Porteneil in Berührung
kommen sollten, und zwar bei jeder Geschwindigkeit, die auch nur eine
Spur über einem Meter pro Sekunde lag.
    »Ich unne Freundinnen von mir war’n ma inne Berge und
sin’ die Forstwege gefahren, bei fünfzig sin’ wer
rumgerutscht wie beim Speedway-Rennen.«
    Mein Gott, sie sprachen immer noch über Motorräder!
    »Wohin bring’ wer den da überhaupt?«
    »Zu meiner Mutter. Wenn sie noch auf ist, macht sie uns
Tee.«
    »Zu deine Mudder?«
    »Jo.«
    »Aso.«
    Es durchzuckte mich wie ein Blitz. Es lag so deutlich auf der
Hand, daß ich nicht begriff, warum ich es nicht früher
gesehen hatte. Ich wußte, daß keine Zeit zu verlieren war
und es keinen Sinn hatte, lange zu zögern – ich war im
Begriff zu explodieren –, also senkte ich den Kopf, brach aus
dem Griff von Jamie und dem Mädchen aus und rannte die
Straße hinunter. Ich wollte fliehen; ich brauchte bloß
einen einfachen Eric zu vollführen, dann konnte ich mir ein
nettes, stilles Plätzchen zum Pinkeln suchen.
    »Frank!«
    »Mann ei, Schittkram, watten Blödmann, wat harter denn
jetzt vor?«
    Das Pflaster war immer noch unter meinen Füßen, die
sich mehr oder weniger so bewegten, wie sie es sollten. Ich
hörte Jamie und das Mädchen, die schreiend hinter mir
herrannten, aber ich war bereits an der alten Fischbude und dem
Kriegerdenkmal vorbei und wurde immer schneller. Meine
prallgefüllte Blase begünstigte mein Vorankommen nicht
besonders, aber sie behinderte mich auch nicht so sehr, wie ich
befürchtet hatte.
    »Frank! Komm zurück! Frank, bleib stehen! Was ist denn
los, du bist doch bescheuert, du wirst dir das Genick
brechen.«
    »Komm ei, lassen doch, die alte Knalltüte!«
    »Nein! Er ist mein Freund. Frank!«
    Ich bog um die Ecke in die Bank Street, wich beim Traben gerade
noch zwei Laternenpfeilern aus, machte eine scharfe Kehre nach links
in die Adam Smith Street und gelangte zu McGarvies Tankstelle. Ich
flitzte über den Vorplatz und hinter eine Zapfsäule,
japsend und keuchend und mit dröhnendem Kopf. Ich ließ
meine Cordsamthose herunter und hockte mich hin, zurückgelehnt
an die Super-Zapfsäule und schwer atmend, während sich eine
Pfütze aus dampfender Pisse auf dem gewellten rohen Beton in der
Benzinauffangrinne sammelte.
    Fußtritte erklangen, und ein Schatten tauchte rechts von mir
auf. Ich drehte mich um und sah Jamie.
    »Ha-ha-ha-«, japste er und legte eine Hand auf eine
andere Zapfsäule, um sich abzustützen, während er sich
ein wenig vorbeugte und auf seine Füße hinabsah; seine
andere Hand lag auf einem Knie, seine Brust hob und senkte sich
schnell. »Hier – ha – hier – ha – bist du
also – ha. Pau pau.« Er setzte sich auf die Sockelplatte
unter den Zapfsäulen und starrte eine Weile das dunkle Glas

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