Die widerspenstige Braut (German Edition)
einen Earl handelt, was ich für sehr unwahrscheinlich halte, hätte er eine eigene Jacht«, sagte sie. »Wenn er Richtung Norden will, wäre er nicht darauf angewiesen, dieses kleine Boot zu chartern.«
»Das stimmt«, erwiderte der Vater und kratzte sich ratlos am Kinn. Er sah zur Küste, wo Hawkeswell mit verschränkten Armen und breit aufgestellten Beinen eine Pose adliger Macht angenommen hatte. »Aber er wirkt auf mich wie ein edler Herr. Er könnte wirklich ein Earl sein. Ich hab noch nie zuvor persönlich einen gesehen.«
»Ich schon«, sagte Verity. »Und sie sehen viel eleganter aus als dieser Mann dort.«
»Er ruft schon wieder etwas«, meldete der Sohn. »Ich bringe uns ein wenig näher, damit wir ihn verstehen können.«
»Nein!«, rief Verity verzweifelt.
»Wird nicht mehr als eine Minute oder zwei dauern. Wenn er wirklich ein Earl ist, können wir ihm schließlich nicht einfach davonsegeln, oder? Meine Frau wird mir die Hölle heißmachen, wenn ich mir die Gelegenheit entgehen lasse, einen solch edlen Herrn mit an Bord zu nehmen.«
Das Boot begann eine große kreisförmige Drehung zu fahren, während der Sohn das Segel bewegte. Verity wurde ganz schlecht, als sie sah, dass der Abstand zwischen ihnen gleich kürzer sein würde, als ihr lieb war.
Hawkeswells Gestalt wurde immer deutlicher erkennbar, während sie sich näherten. Seine blauen Augen durchbohrten sie.
»Es war klug von Ihnen zurückzukehren«, rief er dem Kapitän zu. »Wenn nicht, hätten Sie dem Friedensrichter Rede und Antwort stehen müssen.«
Bei dieser Drohung quollen die Augen des Kapitäns hervor. »Für was?«
»Für die Entführung meiner Frau.«
»Was zur Hölle redet er da?« Entsetzt drehte sich der Kapitän um.
»Sie entführen mich nicht. Sollte ein Richter in diese Sache hineingezogen werden, was ich bezweifle – es ist nur eine leere Drohung –, würde ich schwören, dass ich dieses Boot gechartert habe und …«
»Wenn ich sage, dass es sich um eine Entführung handelt, dann ist es auch so«, rief Hawkeswell. »Wenn Sie sie nicht unverzüglich zurückbringen, werden Sie sich vor mir verantworten müssen.«
»Wenn Sie an Land zurückkehren, werden Sie sich vor mir verantworten müssen«, erwiderte Verity.
Der Kapitän kratzte sich erneut am Kinn. Er nahm seinen Hut ab und fuhr sich über seinen Kopf. Er blickte Hawkeswell an und wandte sich danach kleinlaut an sie.
»Ich will nicht in einen Ehestreit verwickelt werden, wenn Sie verstehen, Madam. Am besten kehren wir zurück.« Er gab seinem Sohn ein Zeichen, und das Boot hielt auf Hawkeswell zu.
Den ganzen Weg über tobte Verity innerlich vor Wut. Drei Minuten mehr und … Es wäre besser gewesen, es gar nicht versucht zu haben, anstatt so kurz vor dem Ziel zu verlieren. Und dafür hatte sie all ihren Mut zusammengenommen, um sich der See zu stellen!
Hawkeswell blickte nicht länger finster drein, während sie sich ihm im seichten Wasser näherten. Er lächelte gnädig, als ob er die Rückkehr eines Freundes auf einem königlich hergerichteten Schiff begrüßen würde. Sie ließ sich keine Sekunde davon täuschen.
Das Boot stieß sanft gegen das kurze, niedrige Dock. Hawkeswell schlenderte an den Rand des Bootes. »Haben Sie Ihren Mut herausgefordert, meine Liebe?« Er lächelte dem Kapitän zu. »Sie hat furchtbare Angst vor dem Meer. Fünf Minuten länger, und Sie hätten eine kreischende Verrückte an Bord gehabt.«
»Da bin ich wohl gerade noch mal davongekommen, mein Herr.«
»Oh, allerdings!« Immer noch lächelnd und mit funkelnden Augen deutete er auf Verity. »Machen Sie sich nicht die Mühe, anzulegen, meine Herren! Kommen Sie her, meine Teure!«
Sie gehorchte, weil sie nirgendwo anders hinkonnte. Er legte seine Hände um ihre Taille und hob sie über die Reling, als ob sie nichts wiegen würde. Dann setzte er sie neben sich auf dem Dock ab. Das Boot begann langsam davonzutreiben.
Hawkeswell blickte auf sie herunter und wirkte nicht besonders erfreut. Sie erwiderte seinen Blick.
»Miss Johnson ist sicher unterwegs.«
»Vielen Dank! Ich wusste, dass Sie sich viel besser darum kümmern würden als ich.«
»Das nächste Mal, wenn ich Ihr Versprechen einhole, werde ich es wie ein Anwalt formulieren müssen, um alle Eventualitäten und Transportmittel abzudecken.«
Er schien nicht annähernd so wütend zu sein, wie sie erwartet hatte. Um die Wahrheit zu sagen, kam er ihr kaum verärgert vor, sondern eher nachdenklich.
»Haben Sie so wenig
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