Die widerspenstige Braut (German Edition)
Schwester für mich, und ich will sie nicht in Gefahr bringen.« Sie senkte ihre Stimme noch mehr. »Haben Sie etwas Schlimmes getan? Laufen Sie vor einem Verbrechen davon?«
Katherine schüttelte ihren Kopf, und Tränen stiegen in ihre braunen Augen. »Ich bin keine Verbrecherin. Ich bin nicht verdorben, dumm oder wertlos und auch nicht ungehorsam.«
Die Antwort war vollständiger und aufschlussreicher, als Verity erwartet hatte, und sie zerriss ihr das Herz. Plötzlich war sie wieder ein Mädchen, eine Fremde in ihrem eigenen Zuhause, die sich vor der Aufmerksamkeit zweier Personen zu verstecken versuchte, die ihre reine Existenz verabscheuten und ihr Missfallen durch Beleidigungen und Grausamkeit ausdrückten.
Sie lehnte sich vor und ergriff Katherines Hand, um sie zu Gelassenheit zu ermutigen. »Nein, Sie sind nichts davon, auch wenn Ihnen das jemand, wie ich glaube, versucht hat einzureden. Wenn ich recht habe, war es gut, dass Sie gegangen sind.«
Ihr Versuch, Katherine zu trösten, hatte die gegenteilige Wirkung. Sie verzog ihr Gesicht vor Emotionen. Dann vergrub sie es mit einem herzzerreißenden Schluchzen in ihren Händen und begann zu weinen.
Verity umarmte sie, während der seelische Schmerz herausströmte. Die Witwe spähte neugierig ins Zimmer hinein, und Verity verscheuchte sie. Sie tat nichts, um Katherines Tränen zu beenden, und konnte auch nicht ihre eigenen aufhalten, bis sie ebenfalls weinte.
Erinnerungen stürmten auf sie ein. Keine Bilder, sondern Empfindungen, tief verwurzelte Angstgefühle und die schreckliche Erwartung von Bestrafung. Als sie rebellische Wut in Katherines Schluchzen wahrnahm, verstand sie diese ebenfalls. Es war ein gutes und notwendiges Zeichen. Wenn keine Wut mehr da war, war man für immer gebrochen.
Dieser Zorn kündigte das Ende an. Katherine blieb erschöpft in Veritys Armen, bis das Schlimmste vorbei war. Schließlich löste sie sich und wischte sich ihr verweintes Gesicht ab.
Verity sah ihr in die Augen, und Katherine erwiderte ihren Blick. Zwischen ihnen gab es eine Vertrautheit, ein tieferes Verständnis als die meisten Menschen jemals einer anderen Person gegenüber empfanden.
Veritys Verstand begann zu arbeiten. Natürlich musste sie Katherine jetzt helfen. Sie hatte keine Ahnung, wie viel es kosten würde, jemanden mit der Kutsche nach Cumberworth zu schicken, oder ob Southend-on-Sea überhaupt ein Gasthaus hatte. Man würde unterwegs für das Essen bezahlen müssen und für die Unterkunft und …
»Kommen Sie mit mir, Katherine! Wir haben viel zu tun.«
Wo zum Teufel war sie?
Hawkeswell hatte jeden Laden überprüft. Er war in den größeren Hotels gewesen, der kleinen Kirche und jeder anderen Sehenswürdigkeit in diesem Dorf. Er starrte die lange Promenade entlang, bis zu dem Punkt, wo die Häuser ausgebleicht und dörflich auszusehen begannen. Könnte sie dorthin gegangen sein? Er nahm an, dass er lieber nachsehen sollte.
Verärgert darüber, dass Verity so schwer zu finden war, marschierte er Richtung Osten. Fast war er schon davon überzeugt, dass sie ihn angelogen und tatsächlich eine Kutsche gemietet hatte, um davonzulaufen. Da er sich entschieden hatte, wollte er ihr das Ergebnis mitteilen, bevor sein gesunder Menschenverstand seine Selbstlosigkeit besiegte. Bereits jetzt schon drängten sich wieder finanzielle Überlegungen in seine Gedanken, nachdem er ein paar herrliche Tage davon ausgegangen war, dass sie sich erledigt hatten.
Diese Hölle würde nun wahrscheinlich wiederkehren. Ihr Vormund würde auf ihrem gesamten Vermögen hocken, bis einem Antrag auf Annullierung stattgegeben wurde. Das konnte Jahre dauern. Der Gedanke, wieder in dieser Vorhölle zu schmoren, besserte nicht gerade seine Laune, ganz egal, wie sein Vorsatz gelautet hatte.
Er hielt nach einer Frau in einem hellgelben Kleid und einer einfachen Strohhaube Ausschau. Dennoch stieß er praktisch mit ihr zusammen, bevor er sie bemerkte. Ihr Auftreten überraschte ihn, aber nur, weil sie nicht alleine war. Neben ihr ging eine andere junge Frau mit dunklem Haar und sehr dunklen Augen, die ungefähr in ihrem Alter war. Sie waren so tief ins Gespräch vertieft, dass Verity nicht mal bemerkte, dass er sich ihnen in den Weg stellte.
Als sie ihn schließlich erblickte, schreckte sie fürchterlich zusammen, wie ein Kind, das man beim Stehlen von Süßigkeiten erwischt hatte. »Lord Hawkeswell! Ist Ihr Segelausflug schon so früh vorbei?«
»Ich habe mich an Land bringen lassen.
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