Die widerspenstige Braut (German Edition)
eine neue Anhörung so schnell stattgegeben würde.«
»Glücklicherweise nicht zu schnell«, bemerkte der Coroner. »Einen Tag früher, und ich hätte wahrscheinlich entschieden, dass das Gleichgewicht der Wahrscheinlichkeiten auf ihren Tod hindeutet.« Er musterte Verity eingehend, aber nicht zu kritisch. Die Entwicklung schien ihn zu faszinieren, und er fand es offenbar nicht schlimm, eine Veranstaltung zu leiten, die bis zum Abend das Gespräch der ganzen Grafschaft sein würde. »Wo waren Sie die ganze Zeit, Lady Hawkeswell?«
»In Middlesex.«
»Dann kann Ihnen die Tatsache gar nicht entgangen sein, dass man Sie für tot hielt«, spie Mr Thornapple geradezu.
»Was haben Sie in Middlesex gemacht? Wie sind Sie dort gelandet?«, fragte der Coroner.
»Das ist eine Sache zwischen meiner Frau und mir«, erwiderte Hawkeswell. »Für Ihre Zwecke heute ist ihr lebender, atmender Körper doch genug, oder nicht?«
»Mehr als genug.« Der Coroner konnte seine Belustigung kaum verbergen. »Ich würde sagen, dass wir diese Anhörung beenden können.« Er erhob sich und verbeugte sich vor Verity. »Es ist mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen, Madam. Thornapple, lassen Sie mich Ihnen einen Brandy anbieten, bevor Sie noch einen Schlag bekommen. Lady Hawkeswell, erlauben Sie mir, Ihnen einige Ihrer Nachbarn vorzustellen. Ich nehme an, dass viele von ihnen auf Ihrer Hochzeit waren, aber Sie haben Ihre Gesichter wahrscheinlich inzwischen vergessen.«
Hinter ihr wurden die Geräusche sich bewegender Körper lauter. Mr Thornapple baute sich direkt vor ihr und Hawkeswell auf. »Ich erwarte ein paar Antworten.«
»Zu gegebener Zeit«, antwortete Hawkeswell höflich. »Wir sind bald in London.«
Mr Thornapple wirkte nun weniger verärgert als beunruhigt. »Gibt es etwas, das Sie mir jetzt sagen wollen, Lady Hawkeswell?«
Ich bin davongelaufen, weil ich zur Ehe gezwungen worden bin. Sollte sie ihm das hier und jetzt sagen? Würde es einen Unterschied machen, wenn sie es tat?
Sie sah sich um. Die Nachbarn ließen sich mit dem Hinausgehen Zeit, da sie nur ungern eine Vorstellung verließen, die sich als weitaus unterhaltsamer entpuppt hatte, als sie beim Hereinkommen erwartet hatten. Die meisten Blicke waren auf sie und Hawkeswell gerichtet, aber auch der Brandy des Coroners wurde von ein paar Männern gekostet, die entschieden hatten, dass die schockierende Überraschung nach einer Stärkung ihrer Sinne verlangte.
»Ich danke Ihnen, dass Sie meinen Besitz die letzten Jahre über so gut verwaltet haben«, sagte sie zu Mr Thornapple. »Ich hatte tatsächlich Gründe, mich Ihnen nicht früher zu offenbaren. Wie Lord Hawkeswell bereits gesagt hat, werden Sie sie zu gegebener Zeit erfahren. Ich will das hier nicht theatralischer machen, als es ohnehin schon ist. Ich freue mich darauf, Ihnen in London schon bald einen Besuch abzustatten.«
Mr Thornapples Nicken wurde zu einer Verbeugung. Dann verabschiedete er sich.
Verity wappnete sich und drehte sich zu Hawkeswell um. Er hatte gehört, was sie gesagt hatte. Sein Gesichtsausdruck ähnelte dem, den er gehabt hatte, als sie Airymont verlassen hatten. Wenn es sich hierbei um ein Spiel handelte, habe ich es längst gewonnen. Doch der Preis war hoch gewesen. Seine Nachbarn beäugten Verity neugierig, aber die Blicke, mit denen sie ihren Ehemann bedachten, wirkten entschieden zu amüsiert für die Ehre eines Mannes.
»Es gibt keine Möglichkeit, Sie hinauszubringen, ohne die Leute zu begrüßen«, sagte er und deutete auf die Personen zwischen ihnen und dem Ausgang. »Wir werden es schnell hinter uns bringen. Ich habe weiß Gott keine Lust mehr, mich hier weiter zum Affen zu machen.« Er führte sie zu der Gruppe.
Plötzlich war sie von lächelnden Mündern, neugierigen Augen und verstohlen spöttischen Blicken auf Hawkeswell umgeben. Alle trugen perfekte Umgangsformen und Erleichterung zur Schau. Sie alle wussten, was für eine tolle Geschichte sich hier verbarg, und hofften zumindest auf ein paar Brocken. Also gingen sie nicht, wie sie es sollten.
Colleen wartete am Rand der Gruppe. Als Hawkeswell endlich zu ihr durchgedrungen war, umarmte sie Verity.
»Teure Freundin«, sagte Colleen. »Was für eine Erleichterung, Sie zu sehen und endlich zu erfahren, dass das Schlimmste doch nicht eingetroffen ist! Wissen die Thompsons bereits Bescheid?«
»Wir haben sie noch nicht informiert«, erwiderte Hawkeswell. »Vielleicht könntest du das für uns tun? Aber bitte halte sie davon ab
Weitere Kostenlose Bücher