Die widerspenstige Lady
von Ihrem leichtfertigen Lebensstil, und im nächsten Augenblick wollen Sie über etwas Ernsthaftes wie meine Arbeit sprechen.“ Sie schüttelte den Kopf.
„Wenn Frauen verwirrt sind, werden Sie zu einer leichteren Beute.“
„Sind wir also wieder am Anfang unseres Gesprächs angelangt …“ Sie seufzte und schob ihm die Papiere zu, die vor ihr lagen. „Ich sehe mir gerade diese Zeichnungen von den Ausgrabungen an und beschrifte sie.“
Überrascht betrachtete er die Bleistiftzeichnungen. „Die sind ja großartig. Stammen sie von Ihnen?“
Nein“, antwortete sie lachend. „Von Susan. Sie ist eine wahre Künstlerin.“
Sprachlos sah er sie an, dann betrachtete er wieder das Blatt vor ihm. „Sie scherzen.“
Verärgert schüttelte sie den Kopf. „Die bedeutendsten Archäologen wären froh, wenn Susan für sie arbeitete. Eine solche Begabung ist selten.“
„Aber sie hat doch nichts als Stroh im Kopf“, entgegnete er leise. „Ihr dummes Geplapper kann einen vernünftigen Menschen zum Wahnsinn treiben.“
„Sie sollten sich schämen, Sir.“ Damit entzog sie ihm die Zeichnung, als müsste sie die Freundin beschützen.
„Ich nenne lediglich das Kind beim Namen“, widersprach er. „Und deshalb kann ich auch ohne jede Schmeichelei sagen, dass sie zweifellos eine der begabtesten Künstlerinnen ist, deren Werk ich je bewundern durfte. Diese Frau ist ein wandelnder Widerspruch.“
„Wie Sie meinen“, erklärte Annabell wütend. „Eine musische Begabung muss nicht notwendig mit dem größten Verstand einhergehen. Außerdem verstehe ich Susan stets.“
Heimlich musste sie allerdings zugeben, dass die schier endlose Plapperei der Gesellschafterin schon ausgesprochen enervierend sein konnte. Allerdings hätte sie dies nie vor dem selbstgefälligen Sir Hugo zugegeben.
„Das mag ja sein“, gestand er zu. „Trotzdem bin ich sicher, dass Sie manchmal darum beten, die Gute möge auch nur eine Sekunde still sein, damit Sie einen klaren Gedanken fassen können.“
Verlegen senkte Annabell den Blick und ordnete die Zeichnungen zu einem säuberlich arrangierten Stapel. Als sie wieder aufsah, bemerkte sie, dass er auf eine Antwort wartete.
„Na gut, Sie haben recht.“ Schnell fügte sie hinzu: „Aber es kommt nur selten vor.“
„Wusste ich es doch.“
Sie ergriff die Blätter und erhob sich. „Falls Sie mich jetzt entschuldigen wollen, ich muss die Zeichnungen zurück in die Mappe legen und dann zur Arbeit aufbrechen.“
„Ich will Sie keineswegs aufhalten.“ Allerdings blieb er vor ihr stehen und ließ sie nicht vorbei.
„Würden Sie freundlicherweise beiseitetreten?“, bat sie stirnrunzelnd.
„Selbstverständlich“, erklärte er mit einer übertrieben tiefen Verbeugung.
„Sie machen mir wirklich das Leben schwer, Sir.“
„Dabei würde ich mich viel lieber um ihr Vergnügen kümmern, Lady Fenwick-Clyde.“
Schutzsuchend drückte sie die Zeichnungen vor die Brust. „Das kann ich mir vorstellen“, erwiderte sie dann kühl.
„Wahrscheinlich tun Sie das jede Nacht.“ Er lachte.
„Unerträglich“, flüsterte sie und eilte hinaus in die Halle.
Dieser Mann war wirklich unglaublich!
7. KAPITEL
Die Hände auf den Hüften, betrachtete Annabell ihr Werk. Das nahezu vollständig erhaltene Mosaik war nun freigelegt. Es zeigte ein geometrisches Muster in den Farben der Steine, von denen es eingefasst wurde. Man musste es abdecken, um es vor dem dräuenden Sturm zu schützen. Hoffentlich kamen nur bald die Männer, die sie letzte Woche im Dorf hatte anheuern lassen.
Hufgetrappel war zu vernehmen. Erwartungsvoll wandte sie sich um. „Oh, Sie sind es!“
Auf dem Kiesweg kam Sir Hugo auf Molly herangeritten. Sein ein wenig zu langes Haar war vom Wind zerzaust. Annabells Herz klopfte schneller.
„Ich wollte Sie keineswegs enttäuschen, Lady Fenwick-Clyde. Hatten Sie jemand anderes erwartet?“
„Ja, einige Männer aus dem Dorf.“
„Verstehe.“
Er ließ sich aus dem Sattel gleiten. Nichts verriet, dass ihm die Verwundung noch immer Schmerzen bereitete. Am Morgen hatte sie gar nicht auf sein Hinken geachtet. Sie war viel zu fasziniert von dem offenen Hemd und den eng anliegenden Hosen gewesen, unter denen sich die kräftigen Muskeln abzeichneten. Auf derlei durfte eine Dame natürlich eigentlich nicht achten. Ihr mochte höchstens auffallen, dass ein Mann attraktiv war – mehr nicht.
Sie musterte ihn aus den Augenwinkeln. Weder traute sie ihm über den Weg noch sich selbst. Je
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