Die Wiedergeburt (German Edition)
Schwertern in den Hä n den. Dennoch Beute! Er hörte ihre Herzen schlagen und das Blut in ihren Adern rauschen. Instinkt und Trieb r e gierten ihn, er glich dem einsamen Wolf, der im lichten Wald le b te. Schnell wie der Wind griff er seine Beute an. Die Krieger schlugen nach ihm, doch ihre Klingen fegten ins Leere. Larkyen grub sich mit bloßen Händen durch ihre Reihen, brach ihre Knochen und zerriss ihr Fleisch. Blutend lag die Beute am Boden, schwer atmend. Ihre Herzen hämmerten und rasten. Larkyen beugte sich über sie und legte ihnen seine Hand, die zuvor noch in Me n schenblut gebadet hatte, auf die Brust. Schon durch die Berührung floss ihm Energie zu. Und so sog er lang und begierig das Leben aus jedem Einzelnen heraus. In ihren glasigen Augen spiegelte sich sein Antlitz. Ein Antlitz, das an die Fratze einer Bestie erinnerte, mit grün schi m mernden raubtierartigen Augen.
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Larkyen – Die Wiedergeburt
Kapitel 6 – Die Fänge der Bestie
Am Morgen des nächsten Tages ließ Khorgo seinen Adler wieder fliegen. Der Vogel kreiste als stiller Beo b achter an den Steinhängen über dem Tal.
Während der Krieger Larkyen weiter in der Kamp f kunst schulte, stieß der Adler gegen Mittag, als die Sonne am höchsten stand, einen Schrei aus.
Khorgo sah ruckartig auf.
„Sie warnt uns!“ rief er. „Bata warnt uns!“
Einen Augenblick später sahen sie den Adler aus den Lü f ten stürzen. Schon von weitem war deutlich der Pfeil zu erkennen, der seinen Leib durchschlagen hatte. Der Adler sank unweit der Jurte auf den nassen Boden und stieß ein klägliches Krächzen aus. Khorgo lief zu ihm hin, und B e troffenheit machte sich in seinem Gesicht breit. Schnell war der Adler verblutet.
Khorgo zog den Pfeil aus dem Kadaver.
„Sie sind hier“, flüsterte er. „Kedanier!“
„Khorgo!“ rief Ojun warnend. Der Schamane stand am Eingang der Jurte und deutete panisch in eine Ric h tung.
Doch als Khorgo und Larkyen in jene Richtung blic k ten, sahen sie dort nur felsigen Grund.
Ein Pfeil, ganz aus der Nähe abgeschossen, flog durch die Luft und bohrte sich in die Brust des Schamanen.
„Nein!“ schrie Larkyen entsetzt.
Ojun sackte auf die Knie und fiel vornüber. Larkyen rannte zu ihm und nahm ihn in die Arme. Mit ungläub i gem Blick sah er den Schamanen an. Es konnte nicht sein, durchfuhr es Larkyen. Es durfte nicht geschehen, dass er Menschen, die ihm etwas bedeuteten, immer wi e der sterben sehen musste.
Khorgo lief an dem verwundeten Ojun vorbei in die Jurte und kam mit seinem Bogen in den Händen zurück. Er legte einen Pfeil an und hielt die Sehne gespannt. Dann spähte er in die Richtung, in der er den Schützen verm u tete, doch da war niemand.
Auch Larkyen konnte niemanden sehen, hielt jedoch we i ter Ausschau.
„Sie verschmelzen mit der Umgebung“, murmelte Ojun. Ein Faden dunkelroten Blutes rann ihm über die Lippen. „Konzentriert euch, dann könnt ihr sie sehen.“
Ein zweiter Pfeil zischte haarscharf an Khorgo vorbei.
Larkyen versuchte, die Flugbahn des Pfeils zurückz u verfolgen. Seine Augen verharrten bei einem flachen Fe l sen, der sich, zu seiner Verwunderung, zu bewegen schien. Plötzlich glaubte Larkyen den Schützen zu erke n nen. Nur schwach zeichnete sich dessen Silhouette auf dem fels i gen Grund ab. Und noch zwei weitere Schützen wurden von Larkyen enttarnt. Die Angreifer schienen ta t sächlich fähig zu sein, mit der Umgebung zu verschme l zen.
„In der Natur gibt es immer einen, der stärker ist“, fl ü sterte der Schamane mit schwacher Stimme. „Vergiss das nicht, Larkyen. Und nun stille deinen Hunger an meiner Lebenskraft!“
„Nein“, rief Larkyen. „Das kann ich nicht tun!“
„Ich sterbe ohnehin, deshalb nimm, was noch an Kraft in meinem Leib ist, ehe es versiegt. Du wirst diese Kraft im Kampfe brauchen. Stille deinen Hunger!“
Larkyen drückte den Schamanen fest an sich. Tränen rannen aus seinen Augen, und er sah ihm ein letztes Mal ins Gesicht, während er bereits den Mund öffnete.
„Es war mir eine Ehre“, flüsterte Ojun.
Wie in seinem Traum sog Larkyen die Lebensenergie aus dem Körper des Schamanen. Eine knisternde Woge durchlief seinen Leib, als würde ein loderndes Feuer in ihm brennen. Er fühlte, wie er erstarkte, und die Narben seiner einstigen Pfeilwunde wie auch die des Messerst i ches, den ihm der Schamane zugefügt hatte, verschwa n den endgültig. Ein letztes Röcheln drang zwischen den Lippen des alten Ojun
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