Die Wiedergeburt (German Edition)
Jurte“, sagte der Schamane. „Dort kannst du dich aufwärmen.“
„Ich bin sehr hungrig“, sagte Khorgo. „Übt euch in Geduld. Lasst mich erst etwas essen und trinken. In der Jurte berichte ich euch alles.“
Nachdem der Krieger hastig gespeist hatte, sah er Lark y en mit einem Gesicht an, das ihn erschrecken ließ.
„Ich bin den Reitern eine lange Strecke gefolgt“, b e richtete er. „Sie trafen sich unterwegs mit weiteren Ked a niern. Sie reiten im Auftrag von Boldar der Bestie. Als sie eine Rast einlegten, konnte ich mich nahe genug hera n pirschen, um sie zu belauschen. Sie sprachen davon, wie sehr Boldar nach dir giert, Larkyen. Die Bestie glaubt, durch dein Blut stark genug zu werden, um die Stadt Dakkai angreifen zu können. Das ist ihr großes Ziel, denn wer Dakkai kontrolliert, wird auch genügend Gewalt über die Ländereien jenseits der Wüste Khezzar ausüben kö n nen.“
„Aber Dakkai ist doch so groß“, sagte Larkyen. „Bo l dar ist wahnsinnig. Er bräuchte Tausende von Männern, um die Stadt angreifen zu können.“
„Oder aber – wie er glaubt – das Blut eines einzigen Kindes der schwarzen Sonne!“
Khorgo wandte sich nun dem Schamanen zu.
„Ojun, alter Freund. Die Kedanier sprachen am Feuer darüber, dass Boldar schon einmal das Blut eines Kindes der schwarzen Sonne getrunken hat. Noch nie zuvor soll ein Mensch dies gewagt haben, doch dieses Blut entfac h te in Boldar eine Gier, die ihn dazu trieb, immer mehr Blut zu trinken, um seine Stärke erhalten und mehren zu können. Das Blut eines weiteren Kindes der schwarzen Sonne, so sagen die Kedanier, verleihe ihm die Kraft, die ihm noch fehlt, um mit den Truppen Dakkais gleichzi e hen zu können.“
Larkyen zuckte zusammen. Boldar schien ihm ähnl i cher zu sein als er es wahrhaben wollte. Beide teilten sie den Hunger nach Energie. Boldar jedoch hatte diesem Hunger seit langem nachgegeben und war übermensc h lich stark geworden, um seine großen Ziele verwirklichen zu kö n nen.
„Boldar kontrolliert mit seinen Kämpfern große Teile der Steppe.“ berichtete Khorgo weiter. „Überall sind Stoßtrupps von ihm unterwegs. Es wurden schon Du t zende weiterer Nomadensippen abgeschlachtet.“
Larkyen schüttelte ungläubig den Kopf.
„Diesem Wahnsinnigen muss Einhalt geboten werden. Ich habe bereits eine Menge über die Kampfkunst g e lernt. Der Moment rückt näher, da wir uns gegenüberst e hen werden.“
„Bis dahin werden wir unser Bestes tun, um dich ve r steckt zu halten“, sagte Khorgo.
Bald jedoch sollte jegliches Versteckspiel, jegliches Bangen ein Ende haben. Das wünschte sich Larkyen bei aller Ungewissheit von ganzem Herzen.
Während sich der Krieger von den Strapazen seines Rittes auf den Fe l len ausruhte und die Augen geschlossen hatte, trat Ojun an Larkyen heran. Er legte die Hand auf seine Schulter und strich über die Narbe. Darauf bedacht, dass keines seiner Worte an das Ohr des Kriegers gelang, sprach er in leisem, mahnendem Tonfall zu Larkyen:
„Kinder der schwarzen Sonne haben für gewöhnlich keine Narben. Eine schnelle, spurlose Heilung ist denen g e wiss, die kraftvoll sind. Zweifellos bist du durch deine Wiedergeburt stärker geworden, doch stark genug bist du noch lange nicht. Du musst dich endlich nähren, Larkyen. Deine Unsterblichkeit wird nichts mehr bedeuten, wenn du erst Boldar gegenüberstehst. Vergiss nie, dass er dir mit Nordars Schwert den zweiten und endgültigen Tod bescheren kann. Werde stärker, werde so stark wie er. Mit deinen Fähigkeiten in den Kampfkünsten wirst du ihm dann ebenbürtig sein. Nimm dir bis dahin die Leben s energie, die du bekommen kannst. Entziehe sie am A n fang den Tieren, aber tu es.“
Wie gewohnt schien der Schamane jeden Gedanken Larkyens zu erraten und von seinem Trieb zu wissen. Lark y en konnte nicht leugnen, dass Ojun Recht hatte. Er musste stärker werden. Aber hier und jetzt würde er es nicht fertig bringen, Lebenskraft in sich aufzunehmen. Schon der Gedanke, unschuldiges Leben zu verschlingen, ganz gleich ob Tier oder Mensch, schreckte ihn ab. Hatte er sich doch vorgenommen, einzig und allein vom Leben seiner Feinde zu zehren. Bestien kennen keine Reue, sa g te er zu sich selbst und hasste sich dafür, dass er noch immer welche verspürte.
Seine Träume in der folgenden Nacht waren von Hu n ger geprägt - Hunger nach dem Leben. Im Schutz von Bäumen und Sträuchern pirschte er sich an seine Beute heran – muskulöse Krieger mit
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