Die Wiederkehr des gefallenen Engels
müsstet ihnen fast begegnet sein.«
Ben dachte kurz nach, aber er war sich sicher, dass er Lara und Damian nicht gesehen hatte. War ein Taxi weggefahren, als sie beim Felix angekommen waren? Er wusste es nicht.
Stumm fluchend blickte er den Dämon finster an.
»Gibt es noch irgendetwas, das du mir sagen möchtest.«
»Herr, ich weiß nicht, ob es wichtig ist, aber ich hatte den Eindruck, als wäre der Engel verletzt. Sein Gesicht war verzerrt, er schien Schmerzen zu haben.«
»Bist du dir sicher? Bildest du dir das auch nicht ein?«
»Nein, Herr. Bestimmt ist es so, wie ich sage. Er war verletzt. Das Mädchen musste ihn stützen, als sie gingen.«
Wenigstens ein kleiner Lichtblick, dachte Ben. Nachdem ihm die Beute erneut entwischt war, blieb ihm nur die Hoffnung auf einen weiteren Zufall.
Ben sah zu Nakamesh und Beknathar, die nicht weit von ihm entfernt zusammen mit Jessi abwarteten.
Er musste ihnen sagen, dass Damian und Lara entkommen waren.
Nur wie sollte er das tun, ohne dass sie ihm vor Wut den Kopf abschlugen?
47. – 0.40 Uhr, 23 Stunden 20 Minuten
Der Bahnhof war menschenleer und die dort befindlichen Geschäfte wirkten verlassen. Laras Schuhe klapperten laut, als sie die niedrige Halle durchquerte und zur Apotheke ging. Geschlossen!
Aber anders war es auch nicht zu erwarten gewesen. Zum Glück hing ein Plan aus, der die Apotheken mit Notfalldienst auflistete. Daneben hatte man von innen einen Stadtplan an die Scheibe geklebt. Lara brauchte eine Weile, bis sie ihre Position auf dem Plan gefunden hatte. Zu ihrer Freude entdeckte sie, dass in unmittelbarer Nähe eine Apotheke Nachtdienst hatte. Bevor sie sich auf den Weg machte, suchte sie auf dem Stadtplan noch eine mögliche Route zu ihrem Hotel und versuchte, sich den Verlauf einzuprägen.
Plötzlich war ein Geräusch in ihrem Rücken.
Hastig wandte sie sich um.
Und stieß mit einem Mann zusammen.
Er war betrunken. Sein säuerlicher Atem wogte ihr entgegen, als sie einen Schritt zurücktrat. Es war ein Obdachloser mit fettigen, strähnigen Haaren, die unter einer verschmutzten Wollmütze hervorlugten. Er trug einen alten Bundeswehrparka und Bauarbeiterhosen. Seine Füße steckten in Armeestiefeln, denen die Schnürsenkel fehlten.
Lara blickte in ein Gesicht mit großporiger Haut, wulstiger Nase und feuchten Lippen, die sich jetzt auseinanderzogen und braune Zahnstummel freigaben.
»Holla, die Waldfee«, lallte der Penner. »Du bist mal hübsch.« Er versuchte sich an einem Lächeln, aber die Gesichtszüge entglitten, als habe er keine Kontrolle darüber. »Was treibt eine Schönheit wie dich in meinen Palast?«
»Nichts … ich habe etwas nachgeschaut«, antwortete Lara und wich einen weiteren Schritt zurück.
»Willste ’nen Schluck?« Er hob eine Flasche an, hinter deren braunem Glas eine trübe Flüssigkeit schwappte. »Is’ … kein Apfelsaft … is’ richtiges Feuerwasser.« Er hustete und spuckte schwarzen Schleim auf den Boden. »Was is’ nu’? Willste oder willste nicht?«
Lara schüttelte den Kopf.
»Dann eben nicht«, murmelte der Alte, drehte sich um und schlurfte davon.
Lara seufzte auf. Jetzt aber raus hier.
Mit großen Schritten verließ sie den Bahnhof.
Damian blickte ihr entgegen, als sie zum Auto trat und die Fahrertür öffnete.
»Alles klar?«, fragte er mühsam.
»Ja. Hier in der Nähe gibt es eine Apotheke, die Dienst hat. Da fahren wir jetzt hin.«
Sie startete den Motor und setzte zurück.
Damian schloss die Augen.
Die Frau hinter der Fensterscheibe mit dem Sprachgitter lächelte nicht, sondern wirkte verärgert ob der Störung ihrer Ruhe, als Lara nach Schmerzmitteln fragte.
»Für welche Art von Schmerzen? Welches Medikament? Für Erwachsene oder Kinder? Sie müssen sich schon ein wenig genauer ausdrücken.«
Lara war erschöpft und entnervt, aber sie ließ es sich nicht anmerken und sagte ruhig: »Für einen Erwachsenen mit Gliederschmerzen.«
»Waren Sie schon beim Arzt?«
»Nein, wir sind Touristen und es ist mitten in der Nacht.«
»Die Krankenhäuser haben Notdienste.«
»Das weiß ich, aber so schlimm ist es nun auch wieder nicht. Haben Sie nun was gegen die Schmerzen oder muss ich zu einer anderen Apotheke fahren.«
Die Frau wandte sich wortlos ab. Kurz darauf war sie zurück und schob eine Packung Tabletten durch das geöffnete Sprechfenster.
»Das sollte helfen. Macht 8,20 Euro. Wenn es geht, passend.«
Lara nahm ihr die Packung aus der Hand und reichte ihr einen
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