Die Wiederkehr des gefallenen Engels
erlebt hatte. Vergessen waren all der Hass und die Wut. Der Drang zu töten verließ seinen Leib genauso wie das Blut, das nun eine Lache auf dem Asphalt bildete.
Und dann …
… dann fiel ihm plötzlich ein, wo er den schwarzen Oldtimer gesehen hatte, der von der Diskothek losgefahren war, als sie dort eintrafen.
Das kleine Hotel in der Seitenstraße. Wie war noch der Name gewesen?
Ach ja, Alte Post!
Alles fügte sich in seinem Kopf zusammen. Er sah vor seinem geistigen Auge das Pärchen, wie es ins Auto stieg, und brachte dieses Bild mit der Tatsache zusammen, dass der Engel und das Mädchen in der Diskothek entdeckt worden waren.
In beiden Fällen hatte er den schwarzen Opel Diplomat gesehen. Er wusste nun, wo sich Damian und Lara versteckten.
Dieses Wissen ließ ihn lächeln. Er drehte seinen Kopf und sah zu seinem neuen Herrn hinüber, aber auch der beachtete ihn nicht, ließ ihn einfach auf der Straße krepieren.
Jaak’al fühlte, dass das Ende kam.
Er schloss seine Lider.
Hitze übermannte ihn.
Dann zuckten die Flammen über seinen Körper.
Verbrannten ihn.
Und mit ihm ging das Wissen, wo sich Lara und Damian versteckten.
Lara blickte durch die Windschutzscheibe und versuchte, sich daran zu erinnern, wo sie abbiegen musste, um in die Straße des Hotels zu kommen. Mit viel Glück hatte sie bis hierher gefunden und nun konnte es nicht mehr weit sein.
Neben ihr lag Damian mit geschlossenen Augen. Sie hatte ihm noch keine Schmerztabletten gegeben, aber es schien ihm gerade ein wenig besser zu gehen. Sein Brustkorb hob und senkte sich in regelmäßigen Zügen, und soweit sie es beurteilen konnte, zitterte er nicht mehr. Aber um seine Mundwinkel zuckte es hin und wieder, sodass sie wusste, die Schmerzen lauerten noch in ihm.
Dann entdeckte Lara plötzlich das Hotel in einer Seitenstraße. Sie sandte ein stummes Dankesgebet gegen den Himmel und bog ab. Direkt vor dem Hoteleingang war sogar eine Parklücke frei und Lara steuerte das Fahrzeug hinein. Als sie den Motor abstellte, entwich ihr ein Seufzer der Erleichterung. Sie hatte es geschafft.
Aber schon lag die nächste Herausforderung vor ihr. Sie musste Damian irgendwie ins Hotel und dort in den ersten Stock schleppen. Nun verfluchte sie die Tatsache, dass ihr Zimmer ganz hinten am Ende des Ganges lag.
»Damian«, fragte sie leise.
Er schlug die Augen auf. »Ja?«
»Wir sind da.«
Ächzend wandte er den Kopf und blickte auf das Hotel. »Gut«, sagte er leise.
»Ich muss dich aufs Zimmer bringen, aber allein schaffe ich das nicht. Du musst mir helfen. Meinst du, du kannst gehen?«
»Ich werde es versuchen.«
»Dann komm ich jetzt auf die andere Seite rüber und helfe dir beim Aussteigen.«
Lara zog den Zündschlüssel ab, stieg aus und ging zur Beifahrerseite. Damian kippte ihr fast entgegen, als sie die Wagentür öffnete, aber er fing sich rechtzeitig. Wie ein alter Mann schob er sein rechtes Bein aus dem Fahrzeug und setzte den Fuß auf. Er drehte sich im Sitz und das linke Bein folgte. Lara streckte ihm die Hand entgegen. Sie zog mit aller Kraft, während er sich mit der anderen Hand vom Sitz abdrückte.
Dann stand er aufrecht. Kurz sackten seine Knie ein, aber er blieb stehen. Lara sah, dass seine Beine zitterten. Sie legte sich seinen Arm um die Schulter und umfing mit dem anderen seine Hüfte. Gemeinsam stolperten sie los. Schritt für Schritt. Einen Fuß vor den anderen.
Lara drückte die Tür des Hotels mit der Schulter auf und beide schoben sich in die Lobby. Danach ging es an der Rezeption vorbei und mühsam die Treppe hinauf.
Als Lara Damian gegen die Wand vor ihrem Zimmer lehnte und die Tür aufschloss, war sie vollkommen erschöpft. Damian ging es wieder schlechter. Er keuchte schwer. Sein Gesicht hatte jede Farbe verloren.
Lara bugsierte ihn zum Bett und ließ ihn darauf fallen. Mit letzter Kraft wälzte sie ihn aus dem Mantel, öffnete den Bund seiner Hose und zog ihm die Schuhe aus. Er sah ihr in die Augen. Hilflos wie ein kleines Kind. Lara strich ihm über die Wange und küsste seine Stirn, dann ging sie ins Badezimmer und holte ein Glas Wasser.
Sie musste seinen Kopf anheben, um ihm die Schmerztabletten in den Mund zu schieben. Sie kannte das Medikament von ihrer Mutter, die oftmals unter Migräne litt. Sie gab Damian eine große Menge. Er war kein Mensch und irgendwelche Nebenwirkungen wären ihr kleinstes Problem. Damian musste sich ausruhen. Schlafen. Das ging nur, wenn er einigermaßen schmerzfrei
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