Die Wiederkehr des gefallenen Engels
entfernt ist. Wir müssen ihn und Lara finden. Dann werden wir sie schützen und nach Berlin begleiten.«
Der andere Engel sah Gabriel ernst an. »Dann schicken wir sie direkt in Satans Arme.«
»Du hast es gehört, was der gefallene Engel gesagt hat, sie muss sich ihrem Schicksal stellen oder Schreckliches wird geschehen.«
»Was aber, wenn Lara sich weigert, mit uns zu gehen?«
»Dann wird sich ihr Schicksal und das Schicksal der Welt erfüllen.«
»Alles hängt von der Entscheidung einer Sterblichen ab«, sagte Laval ernst. »Ein junges Mädchen wird die Welt in Händen halten.«
»Ja, aber Damian ist bei ihr. Sie ist nicht allein. Er liebt sie von ganzem Herzen, diese Liebe wird ihr Kraft geben, die richtige Entscheidung zu treffen.«
»Du vertraust auf ihn?«
Gabriel zögerte nicht. »Ja, ich glaube, der Schöpfer hat für ihn Besonderes vorgesehen.«
Neben ihnen weckte ein Geräusch ihre Aufmerksamkeit. Es war der Dämon, der sich Ben entgegengestellt hatte. Schwer verletzt, aus unzähligen Wunden blutend, kniete er neben Martha Hermsdorf, die noch immer bewusstlos im Schnee lag.
Gabriel erkannte in den fratzenartigen Zügen das Gesicht von Max Hermsdorf. Er ahnte die Zusammenhänge. Als Laval einen Schritt vortreten wollte, um sich schützend vor die alte Frau zu stellen, hielt ihn Gabriel zurück.
»Lass ihn.«
Laval blieb stehen. Er und Gabriel beobachteten, wie der Dämon Martha Hermsdorfs Hand in seine Klaue nahm und zärtlich darüberstrich. Tränen liefen aus seinen geschlitzten Augen, tropften auf Martha herab, die langsam die Augen aufschlug. Einen Moment lang starrte sie verwirrt in das lederartige Gesicht, dann erschien ein Lächeln um ihre Lippen. Sie streckte eine Hand aus, ließ ihre Finger über Augen und Wangen des Dämons wandern.
»Du bist es«, flüsterte sie leise. »Du bist gekommen. Mein Guter. Ich habe dich so vermisst.«
»Mein Herz gehört dir«, sagte der Dämon, der einmal ihr Ehemann gewesen war. »So war es und so wird es für alle Ewigkeit sein.«
Ihre Augen strahlten. »Oh Max, immer sagst du so schöne Dinge zu mir und ich weiß nicht, was ich antworten soll.«
»Sag mir, dass du mich liebst.«
»Aber das weißt du doch.«
»Sag es bitte.«
»Ich liebe dich.«
»Danke.« Seine Stimme war nur noch ein Hauch.
»Wirst du mich mit dir nehmen?«, fragte Martha voller Hoffnung.
Er schüttelte langsam das dämonische Haupt. »Dort, wo ich hingehe, willst du nicht sein. Ich habe eine Schuld zu begleichen.«
Sie packte seinen Arm, fasste ihn fest. »Bleib bei mir, gehe nicht …«
»Es ist zu spät.« Ein Lächeln lag auf seinem Gesicht. Dann starb er.
Gabriel ging zu der alten Frau hinüber. Er kniete sich neben ihr auf den Boden, legte ihr sanft die Hand auf die Haare, wie ein Vater, der seine Tochter in den Schlaf streichelt, fuhr er darüber. Martha weinte. Ihr Schluchzen rührte ihn.
Aber dann geschah etwas Wunderbares.
Gabriel hob Marthas Kopf an, damit sie es sehen konnte. Mit dem letzten Schlag des dämonischen Herzen verwandelte sich Max Hermsdorf wieder in einen Menschen. Die lederartige Haut, die geschlitzten Pupillen verschwanden und machten Platz für ein ausdrucksvolles Gesicht mit sanften Augen, die friedlich in eine andere Welt blickten. Das graue Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden, sah Max so aus, wie ihn Martha zuletzt in Erinnerung hatte.
»Gott hat ihm verziehen«, sagte Gabriel ruhig und schloss dem Toten sanft die Augen.
Und Martha lächelte.
Mühsam richtete sie sich auf, beugte sich über ihren toten Mann und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen.
Sie würden sich wiedersehen.
Das fühlte sie tief in ihrem Inneren.
Plötzlich begann der Körper des Verstorbenen zu leuchten. Eine goldene Aura erschien, umwogte den Leib wie Wellen, die über das Ufer eines Strandes strichen. Max Hermsdorfs Gestalt fing an zu verblassen, dann war er verschwunden.
Martha streckte ihre Arme nach ihm aus, aber da war nur noch ein blasses Funkeln in der Luft, das verging.
»Max …«
Gabriel legte Martha Hermsdorf die Hand auf die Stirn und befahl: »Schlafe.« Sofort wurde der Körper schlaff, der Kopf sackte auf die Brust. Der Engel hob sie mühelos hoch und trug sie ins Haus. Dort angekommen, legte er sie auf das Sofa und deckte sie zu. Kurz kniete er neben ihr und sprach ein Gebet, dann erhob er sich und ging zu Laval zurück. Bevor er noch etwas sagen konnte, begann die Luft zu flirren. Eine Gestalt aus Licht formte sich. Es war Danas.
Über
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