Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3

Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3

Titel: Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
Vom Netzwerk:
erfuhr ich, wie das Leben im Haus ablief. Mary pflegte abends lange in ihrem kleinen Zimmer im Parterre zu sitzen und zu lesen. Vergangene Nacht schlich ich mich zum Haus und kratzte an ihrem Fenster. Zuerst wollte sie nicht öffnen, aber ich weiß jetzt, daß sie mich im geheimen liebt, und sie konnte es nicht übers Herz bringen, mich in der kalten Nacht stehenzulassen. Sie flüsterte mir zu, ich sollte zu dem großen Fenster kommen, und ich fand es offen und betrachtete das als Ein ladung, in das Speisezimmer einzutreten. Wieder hörte ich, nun von ihren Lippen, Dinge, die mir das Blut zum Kochen brachten, und wieder verfluchte ich den brutalen Kerl, der die Frau mißhandelte, die ich liebte. Nun, Gentlemen, ich stand mit ihr beim Fenster, in aller Unschuld – der Himmel sei mein Zeuge –, als er wie ein Verrückter ins Zimmer stürzte, sie mit dem abscheulichsten Namen belegte, den ein Mann einer Frau gegenüber gebrauchen kann, und ihr mit dem Stock, den er in der Hand hielt, übers Gesicht schlug. Ich sprang zum Kamin, packte den Schürhaken, und zwischen uns entspann sich ein ehrlicher Kampf. Hier auf meinem Arm können Sie erkennen, wo sein erster Schlag traf. Dann war ich an der Reihe, und ich zerschmetterte ihm den Schädel, der brach wie ein angefaulter Kürbis. Denken Sie, daß es mir leid tat? Nicht im mindesten! Es galt sein Leben oder das meine, und viel mehr als das: sein Leben oder das ihre. Denn wie hätte ich sie in der Gewalt dieses Wahnsinnigen lassen können? So also habe ich ihn getötet. War ich im Unrecht? Nun, was hätten Sie, Gentlemen, in meiner Lage getan?
      Sie hat geschrien, als sie geschlagen wurde, und das hat die alte Theresa aus ihrem Zimmer im obersten Stockwerk nach unten gebracht. Auf der Anrichte stand eine Weinflasche; ich öffnete sie und flößte Mary einige Tropfen ein, denn sie war halbtot von dem Schock. Dann trank ich auch einen Schluck. Theresa war eiskalt, und das Folgende entsprang sosehr ihrem Plan wie dem mei nen. Wir mußten alles so arrangieren, daß es aussah, als hätten Einbrecher die Tat begangen. Theresa schärfte ihrer Herrin unsere Geschichte wieder und wieder ein, während ich hochkletterte und die Schnur vom Klingelzug schnitt. Ich fesselte sie an den Holzsessel und franste das Schnurende aus, damit das Ganze so natürlich wie möglich aussah und die Frage nicht aufkommen konnte, wieso die Einbrecher um alles in der Welt wegen der Schnur da hinaufgeklettert sein sollten. Dann raffte ich ein paar Teller und Gefäße aus Silber zusammen, um den Anschein des Diebstahls entstehen zu lassen, und verließ die beiden Frauen, nachdem ich sie angewiesen hatte, die Polizei erst zu alarmieren, wenn ich eine Viertelstunde Vorsprung gewonnen hätte. Ich warf das Silberzeug in den Teich und machte mich auf den Weg nach Sydenham, in dem Gefühl, daß ich diesmal ein wirklich gutes Stück Arbeit geleistet hatte. Das ist die Wahrheit, die ganze Wahrheit, Mr. Holmes, und wenn es mich den Hals kostet.«
      Holmes rauchte eine Weile schweigend. Dann durchquerte er das Zimmer und schüttelte unserem Besucher die Hand.
      »So habe ich mir es vorgestellt«, sagte er. »Ich weiß, daß jedes Wort wahr ist, denn sie haben kaum ein Wort gesprochen, das ich nicht vorausgesehen hatte. Niemand als ein Akrobat oder ein Seemann hätte von der Konsole zu der Schnur hinauflangen können, und niemand als ein Seemann konnte die Knoten geschlungen haben, mit denen das Seil an den Sessel geknüpft war. Die Dame aber war nur einmal mit Seeleuten in Berührung gekommen, und zwar auf ihrer Überfahrt, und es mußte ein Mann ihres Standes sein, da sie alles versuchte, ihn zu decken, und damit offenbarte, daß sie ihn liebte. Sie sehen also, wie leicht es für mich war, auf Sie zu schließen, da ich mich einmal auf der richtigen Fährte befand.«
      »Ich dachte, die Polizei würde nie hinter unseren Schwindel kommen.«
      »Und die Polizei ist ja auch nicht dahintergekommen, noch wird sie je dahinterkommen, wenn es nach mir geht. Sehen Sie, Captain Croker, es ist eine sehr ernste Angelegenheit. Ich gebe zu, daß Sie in einer Situation äußerster Herausforderung handelten, in die jeder geraten könnte; ich bin mir jedoch nicht sicher, ob Ihre Tat als Notwehr anerkannt würde. Aber das zu entscheiden, ist die Sache des britischen Rechts. Andererseits fühle ich so viel Sympathie für Sie, daß ich Ihnen verspreche: Niemand wird Sie daran hindern, in den nächsten vierundzwanzig

Weitere Kostenlose Bücher