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Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3

Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3

Titel: Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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mit dem Petschaft an seiner Uhrkette.
      »Als ich den Verlust entdeckte, Mr. Holmes, und das war um acht Uhr heute morgen, habe ich sofort den Premierminister in Kenntnis gesetzt. Es war sein Vorschlag, Sie aufzusuchen.«
      »Haben Sie auch die Polizei informiert?«
      »Nein, Sir«, sagte der Premierminister in der schnellen, entschiedenen Art, für die er berühmt war. »Das haben wir nicht getan, und es ist auch nicht möglich, das zu tun. Die Polizei informieren heißt letzten Endes die Öffentlichkeit informieren. Gerade das wollen wir auf jeden Fall vermeiden.«
      »Und warum, Sir?«
      »Weil das fragliche Dokument solch unerhörte Wichtigkeit besitzt, daß seine Veröffentlichung sehr leicht – ich möchte fast sagen: wahrscheinlich – allgemeineuropäische Verwicklungen größten Ausmaßes herbeiführen würde. Ich behaupte nicht zuviel, wenn ich sage, daß Krieg oder Frieden vom Ausgang der Sache abhängen. Wenn es nicht gelingt, die Wiederbeschaffung unter äußerster Geheimhaltung zu betreiben, dann wäre es besser, das Dokument überhaupt nicht wiederzufinden, denn die, die es entwendet haben, zielen nur darauf ab, seinen Inhalt allgemein bekanntzumachen.«
      »Ich verstehe. Nun, Mr. Trelawney Hope, ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mir genau die Umstände beschrieben, unter denen das Dokument verschwunden ist.«
      »Das kann mit wenigen Worten geschehen, Mr. Holmes. Den Brief – denn es handelt sich um den Brief eines ausländischen Herrschers – haben wir vor sechs Tagen erhalten. Er war so wichtig, daß ich ihn nicht im Safe ließ, sondern ihn jeden Abend in mein Haus in Whitehall Terrace mitnahm und in meinem Schlafzimmer in einem verschlossenen Dokumentenkoffer aufbewahrte. So auch gestern abend. Dessen bin ich sicher. Denn ich öffnete das Kästchen noch einmal, als ich mich zum Dinner umzog, und sah, daß er drin lag. Heute morgen war er weg. Das Behältnis hatte die ganze Nacht über neben dem Spiegel auf meinem Toilettentisch gestanden. Ich habe einen leichten Schlaf, wie auch meine Frau, und wir beide könnten schwören, daß während der Nacht niemand das Zimmer betreten haben kann. Und doch muß ich wiederholen: Der Brief ist weg.«
      »Um wieviel Uhr sind Sie zum Dinner gegangen?«
      »Um halb acht.«
      »Und wann haben Sie sich zu Bett begeben?«
      »Meine Frau hat das Theater besucht. Ich blieb auf, bis sie zurückgekommen war. Halb zwölf gingen wir ins Schlafzimmer.«
      »Dann hat also der Depeschenkasten vier Stunden unbewacht gelegen.«
      »Niemand hat die Erlaubnis, dieses Zimmer zu betreten, ausgenommen das Dienstmädchen am Morgen und mein Kammerdiener oder die Zofe meiner Frau tagsüber. Beide sind vertrauenswürdig und schon geraume Zeit bei uns angestellt. Außerdem hätten sie nicht wissen können, daß etwas Wertvolleres als die üblichen ministeriellen Papiere in dem Depeschenkasten waren.«
      »Wer wußte vom Vorhandensein des Briefes?«
      »Niemand im Haus.«
      »Sicherlich wußte doch Ihre Frau davon?«
      »Nein, Sir. Ich habe ihr nichts davon gesagt, bis ich das Schriftstück heute morgen vermißte.«
      Der Premierminister nickte anerkennend.
      »Ich weiß seit langem, Sir, ein wie ausgeprägtes Pflichtgefühl Sie besitzen«, sagte er. »Ich bin davon überzeugt, daß Ihnen ein Geheimnis von solcher Bedeutung über alle häusliche Vertrautheit geht.«
      Der Staatssekretär für europäische Angelegenheiten machte eine Verbeugung.
      »Sie lassen mir Recht widerfahren, Sir. Bis heute morgen habe ich zu meiner Frau kein Sterbenswörtchen über die Angelegenheit gesprochen.«
      »Hätte sie etwas vermuten können?«
      »Nein, Mr. Holmes, sie hätte nichts vermuten können – weder sie noch jemand anders.«
      »Sind Ihnen zuvor schon einmal Dokumente abhanden gekommen?«
      »Nein, Sir.«
      »Wer in England wußte dann vom Vorhandensein dieses Briefes?«
      »Gestern wurden alle Mitglieder des Kabinetts, über ihn informiert; aber die Pflicht zur Geheimhaltung, die für jede Kabinettssitzung gilt, wurde vom Premierminister durch eine eindringliche Mahnung noch verschärft. Ich mag um Himmels willen nicht daran denken, daß ich ihn ein paar Stunden später selbst verloren habe!« Das hübsche Gesicht des Staatssekretärs verzerrte sich vor Verzweiflung, und er raufte sich die Haare. Für einen Augenblick zeigte er sich uns so, wie er wirklich war – impulsiv, hitzig und äußerst

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