Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3
spät! Zu spät! Verdammt!«
Plötzlich waren wir auf einer lieblichen Rasenfläche, die von alten Bäumen umgeben war. Gegenüber, im Schatten einer mächtigen Eiche, stand eine Gruppe von drei Leuten, darunter eine Frau, unsere Klientin, bleich, mit hängendem Kopf, ein Taschentuch um den Mund gewunden. Ihr gegenüber hatte sich ein brutaler junger Mann mit dickem Gesicht und rotem Schnurrbart aufgebaut, die in Gamaschen steckenden Beine weit gespreizt, den einen Arm in die Seite gestemmt, der andere wedelte mit einer Reitpeitsche – seine ganze Haltung erinnerte an triumphierende Prahlerei. Zwischen den beiden stand ein älterer graubärtiger Mann, der ein kurzes Chorhemd über ei nem leichten Tweed-Anzug trug und augenscheinlich gerade die Trauungszeremonie abgeschlossen hatte, denn er steckte sein Gebetbuch in die Tasche und schlug dem finsteren Bräutigam jovial gratulierend auf den Rücken.
»Sie sind verheiratet!« stöhnte ich.
»Los!« rief unser Führer. Er stürmte über die Lichtung, Holmes und ich folgten ihm auf den Fersen. Als wir herankamen, suchte die Dame taumelnd an einem Baumstamm Halt. Williamson, der ehemalige Priester, verbeugte sich gespielt höflich vor uns, der prahlerische Woodley trat uns mit brutalem Triumphgelächter entgegen.
»Nimm deinen Bart ab, Bob«, sagte er. »Ich erkenne dich doch. Du kommst mit deinen Kumpanen gerade zurecht, daß ich euch Mrs. Woodley vorstellen kann.«
Die Antwort unseres Führers war einmalig. Er riß den dunklen Bart ab, mit dem er sich unkenntlich gemacht hatte, und warf ihn auf die Erde. Ein hageres, glattrasiertes Gesicht kam zum Vorschein. Dann hob er seine Pistole und sprang auf den jungen Kerl los, der sich, die Reitpeitsche gefährlich schwingend, näherte.
»Ja«, sagte unser Verbündeter, »ich bin Bob Carruthers, und ich werde dieser Frau zu ihrem Recht verhelfen, selbst wenn ich dafür hängen müßte. Ich habe dir gesagt, was ich tue, wenn du sie belästigst, und, bei Gott, ich stehe zu meinem Wort.«
»Du kommst zu spät. Sie ist meine Frau!«
»Nein, sie ist deine Witwe!«
Der Revolver krachte, und ich sah das Blut aus Woodleys Weste spritzen. Mit einem Schrei drehte er sich um seine Achse und fiel auf den Rücken. Seine scheußliche rote Gesichtsfarbe wechselte plötzlich in schrecklich fleckige Blässe. Aus dem alten Mann, der noch immer das Chorhemd trug, brach eine Flut so widerwärtiger Flüche, wie ich sie nie gehört hatte, und dann zog auch er einen Revolver. Aber ehe er ihn noch in Anschlag bringen konnte, blickte er in den Lauf von Holmes’ Waffe.
»Genug jetzt«, sagte mein Freund kalt. »Lassen Sie den Revolver fallen! Heben Sie ihn auf, Watson! Zielen Sie auf seinen Kopf! Danke. Sie, Carruthers, geben mir Ihren Revolver. Keine Gewalttätigkeiten mehr! Los, geben Sie ihn her!«
»Wer sind Sie denn?«
»Mein Name ist Sherlock Holmes.«
»Guter Gott!«
»Wie ich sehe, haben Sie von mir gehört. Ich werde die Polizei vertreten, bis sie hier eintrifft. He, Sie!« rief er dem verschreckten Stallburschen zu, der am Rand der Lichtung auftauchte. »Kommen Sie! Bringen Sie diese Nachricht so schnell Sie reiten können nach Farnham.« Er kritzelte ein paar Worte auf ein Blatt aus seinem Notizbuch. »Geben Sie das dem Superintendenten der Polizeistation. Bis er eintrifft, muß ich Sie alle unter meiner Aufsicht in Haft behalten.«
Die starke, überlegene Persönlichkeit Holmes’ beherrschte die tragische Szene, und alle waren gleichermaßen Marionetten in seinen Händen. Wil liamson und Carruthers sahen sich plötzlich in der Rolle von Trägern, die den verwundeten Woodley ins Haus brachten, und ich reichte dem verängstigten Mädchen meinen Arm. Der Verletzte wurde auf ein Bett gelegt, und auf Holmes’ Verlangen hin untersuchte ich ihn. Danach erstattete ich ihm Bericht in dem alten mit Gobelins behangenen Speisezimmer, wo er mit seinen beiden Gefangenen saß.
»Er wird überleben«, sagte ich.
»Was!« schrie Carruthers und sprang aus dem Sessel. »Ich gehe nach oben und gebe ihm den Rest. Wollen Sie mir erzählen, daß das Mädchen, dieser Engel, sein Leben lang an Roaring Jack Woodley gefesselt sein wird?«
»Darüber sollten Sie sich nicht beunruhigen. Es gibt zwei sehr gute Gründe, weshalb sie unter keinen Umständen seine Frau sein kann. Zum ersten liegen wir wohl richtig, wenn wir Mr. Williamsons Recht, eine Ehe einzusegnen, in Frage
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