Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3
stellen.«
»Ich bin geweiht«, rief der alte Lump.
»Und der Priesterwürde entkleidet.«
»Einmal Geistlicher, immer Geistlicher.«
»Das glaube ich nicht. Und dann: Was ist mit der Heiratslizenz?«
»Wir haben eine. Sie steckt in meiner Tasche.«
»Dann sind Sie durch einen Dreh an sie gekommen. Jedenfalls ist eine erzwungene Heirat keine Heirat, sondern ein sehr schweres Verbrechen, was Sie einsehen werden, bevor wir mit Ihnen zu Ende sind. Sie werden Zeit haben, wäh rend der schätzungsweise nächsten zehn Jahre darüber nachzudenken; oder ich müßte mich sehr täuschen. Und nun zu Ihnen, Carruthers: Sie hätten besser daran getan, Ihren Revolver in der Tasche zu lassen.«
»Allmählich denke ich das auch, Mr. Holmes. Aber mir fielen in dem Moment alle Vorsichtsmaßnahmen ein, mit denen ich das Mädchen schützen wollte – denn ich liebe sie, und es ist das einzige Mal, daß ich erfahren habe, was Liebe bedeutet –, und ich verlor fast den Verstand, als ich mir vorstellte, daß sie sich nun in der Gewalt des größten Scheusals und Raufbolds von Südafrika befand, eines Mannes, dessen Name der Schrecken von Kimberley bis Johannesburg ist. Sie werden es kaum glauben, Mr. Holmes, aber seit das Mädchen bei mir angestellt war, habe ich sie nie dieses Haus passieren lassen, in dem, wie ich wußte, die Schurken lauerten, ohne ihr mit dem Rad zu folgen, um darauf zu achten, daß ihr kein Leid geschieht. Ich habe immer Abstand gehalten und einen Bart getragen, damit sie mich nicht erkennen konnte; denn sie ist ein gutes, stolzes Mädchen, und sie hätte nicht länger bei mir gearbeitet, wenn sie gewußt hätte, daß ich ihr auf der Landstraße folgte.«
»Warum haben Sie ihr nichts von der Gefahr gesagt?«
»Weil sie mich dann verlassen hätte, und das konnte ich nicht ertragen. Selbst wenn sie mich nicht liebte, bedeutete es für mich doch viel, ihre liebenswerte Gestalt im Haus zu sehen und den Klang ihrer Stimme zu hören.«
»Nun«, sagte ich, »Sie nennen das Liebe, Mister Carruthers, ich würde es Selbstsucht nennen.«
»Vielleicht gehen diese Gefühle zusammen. Aber wie dem auch sei, ich konnte sie nicht fort lassen. Außerdem war es bei dieser Meute in der Nähe gut, daß es jemanden gab, der sich um sie kümmerte. Dann, als das Telegramm kam, wußte ich, daß sie etwas unternehmen würden.«
»Welches Telegramm?«
Carruthers zog es aus der Tasche.
»Das ist es«, sagte er.
Es war knapp und präzis: ›Der alte Mann ist tot.‹
»Hm«, machte Holmes. »Ich glaube, ich weiß jetzt, wie die Sache gelaufen ist, und ich verstehe, daß diese Nachricht die beiden zum Handeln brachte. Aber während wir warten, könnten Sie mir alles erzählen, was Sie wissen.«
Aus dem alten ruchlosen Mann im Chorhemd quoll ein Strom von Schimpfereien.
»Beim Himmel«, sagte er, »wenn du singst, Bob Carruthers, werde ich mit dir verfahren, wie du mit Jack Woodley verfahren bist. Über das Mädchen kannst du dich ja nach Herzenslust ausblöken, das ist deine Sache, aber wenn du deine Kumpane vor diesem Bullen in Zivil in die Pfanne hauen willst, dann wird das das schlechteste Tagewerk gewesen sein, das du je verrichtet hast.«
»Hochwürden brauchen sich gar nicht so aufzuregen«, sagte Holmes und zündete sich eine Zigarette an. »Ihr Fall liegt klar am Tag, und alles, was ich Sie noch fragen werde, betrifft Einzelheiten, die ich aus persönlicher Neugier wissen möchte. Aber wenn es Ihnen schwerfällt, mit mir zu sprechen, übernehme ich das Erzählen, und Sie werden sehen, wieweit Sie überhaupt noch eine Chance haben, Ihre Geheimnisse zu verschweigen. Erstens: Sie drei kamen aus Südafrika mit einem genauen Plan – Sie, Carruthers und Woodley.«
»Lüge Nummer eins«, sagte der alte Mann. »Ich habe bis vor zwei Monaten keinen der beiden gekannt und bin nie im Leben in Afrika gewesen – das können Sie sich in Ihre Pfeife stopfen und daran rumpaffen, – Mr. Wichtigtuer Holmes!«
»Was er sagt, ist wahr«, erklärte Carruthers.
»Gut, gut. Zwei von ihnen kamen herüber. Hochwürden ist also Eigenzucht dieses Landes. Sie kannten Ralph Smith aus Südafrika. Sie hatten Grund anzunehmen, daß er nicht mehr lange leben würde. Sie bekamen heraus, daß seine Nichte sein Vermögen erben würde. Na, wie ist das?«
Carruthers nickte, und Williamson fluchte.
»Sie war zweifellos die nächste Blutsverwandte, und Sie
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