Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wiederkehr

Die Wiederkehr

Titel: Die Wiederkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
natürlich nicht«, höhnte Marco. »Ihr seid die guten
Vampyre, habe ich Recht?«
Seine Stimme war schneidend, aber Andrej hielt seinem Blick gelassen stand und antwortete so ruhig, wie er konnte: »Ich weiß nicht,
ob wir gut sind, Junge, aber nicht alle von uns sind böse.«
Marco setzte zu einer wütenden Antwort an, aber Breiteneck brachte ihn mit einer herrischen Handbewegung zum Schweigen. Ein sonderbarer Ausdruck erschien in seinen kleinen, von zahllosen winzigen Fältchen gesäumten Augen. »Sprecht weiter«, forderte er Andrej
auf.
»Wir haben von Euch gehört«, antwortete Andrej. »Einem Medicus
und Forscher, der sich mit Dingen beschäftigt, deren Existenz die
meisten seiner Kollegen leugnen. Einem Mann, der sehr viel über die
Dinge weiß.«
»Vielleicht hat er ja schon etliche von diesen Dingen umgebracht«,
sagte Marco böse.
Breiteneck wiederholte seine abwehrende Geste. »Und dann habt
Ihr beschlossen, diesen Mann zu suchen und zu töten«, sagte er.
»Weil er eine Gefahr für Euch darstellt. Für Euch und alle anderen,
die so sind wie Ihr.«
»Nein«, antwortete Andrej. »Gesetzt den Fall, es gäbe einen solchen Mann, der die Antworten kennt, dann würde ich ganz im Gegenteil alles tun, um ihn zu beschützen. Mit meinem eigenen Leben,
wenn es sein müsste.«
»Du glaubst diesen Unsinn doch nicht etwa!«, keuchte Marco.
»Bring ihn um! Oder lass mich es tun.«
Andrej sah ihn an. »Es war ein Vampyr, der dir etwas Furchtbares
angetan hat«, vermutete er. »Habe ich Recht?«
Marco antwortete nicht, aber Breiteneck fragte: »Warum würdet Ihr
diesen Mann beschützen, Andrej Delãny - vorausgesetzt natürlich, es
gäbe ihn?«
»Weil er vielleicht der Einzige ist, der mir sagen kann, wer ich
bin«, antwortete Andrej. » Was ich bin.«
»Das ist lächerlich!«, begehrte Marco auf. »Hör nicht auf ihn! Er
versucht deine Gedanken zu verwirren! Schneid ihm die Kehle
durch.«
»Was du bist«, wiederholte Breiteneck in sehr nachdenklichem
Ton. Er schien Marcos Worte nicht einmal gehört zu haben. »Ja, ich
erinnere mich. Da gibt es eine Geschichte. Eine alte Geschichte, die
nur hinter vorgehaltener Hand erzählt wird. Die Geschichte eines
Vampyrs, der Zuflucht bei einer Sippe von Vampyren gefunden hatte. Aber sie haben ihm etwas angetan. Niemand weiß, was, aber es
muss etwas sehr Schlimmes gewesen sein, denn am Ende hat er sie
alle getötet. Ein einzelner Mann, der allein einen ganzen Clan von
Vampyren ausgelöscht hat. Er muss sehr verzweifelt gewesen sein.
Oder sehr zornig.«
»So zornig, wie ein Mann sein kann, dem man den letzten Menschen genommen hat, der ihm noch etwas bedeutet hat«, antwortete
Andrej.
Abu Dun sah ihn verwirrt an, aber Breiteneck hielt seinen Blick fest
auf Andrej geheftet und fuhr fort: »Und seither streift er ganz allein
durch die Welt. Gejagt von den Menschen und Wesen seiner eigenen
Art. Ein Ausgestoßener, der nur deshalb noch am Leben ist, weil er
als unbesiegbarer Schwertkämpfer gilt.«
»Nein«, antwortete Andrej. »Weil er Antworten sucht. Wenn ich
dieser Mann wäre, Meister Breiteneck, wärt Ihr dann der Mann, der
mir diese Antworten geben könnte?«
»Glaub ihm nicht!«, keuchte Marco. »Er will dich nur verwirren,
verstehst du denn nicht?«
Breiteneck missachtete den Einwand. Er beantwortete auch Andrejs
Frage nicht. Für endlose Momente blieb sein Blick unverwandt auf
Andrej gerichtet, und irgendetwas… änderte sich. Die Mischung aus
Hass und Misstrauen in seinen Augen wurde nicht schwächer, aber
darunter war etwas Neues erschienen, das Andrej nicht deuten konnte. Hoffnung?
Mit einer unwirschen Handbewegung in Richtung des Jungen trat
Breiteneck zurück und wies auf Andrej.
»Der da kommt mit uns«, befahl er. »Den Mohren lassen wir hier.
Bindet ihn noch fester. Er ist gefährlich und wir wollen kein Risiko
eingehen.«
Zu Andrejs Erleichterung verzichtete Abu Dun darauf, Breiteneck
und den anderen darzubieten, wie gefährlich er wirklich war. Er setzte zwar ein möglichst finsteres Gesicht auf, rührte sich aber nicht, als
einer der Männer seine Armbrust sinken ließ und die Fesseln um
Andrejs Knöchel löste.
Andrej behielt vor allem Marco unauffällig im Auge. Der Junge
starrte ihn hasserfüllt an, aber sein Blick glitt auch immer wieder zu
der gespannten Armbrust, die der Wächter auf den Boden gelegt hatte.
Als die Männer fertig waren, stellten sie Andrej unsanft auf die Füße. »Gebt auf seine Beine Acht«, sagte Marco.

Weitere Kostenlose Bücher