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Die Wiederkehr

Die Wiederkehr

Titel: Die Wiederkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sein Schweigen schien von Salm als
Antwort durchaus zu genügen. »Hätten wir genügend Zeit, würde ich
Euch fragen, was zwischen Euch und diesem Mann gewesen ist. Leider bleibt uns keine Zeit, und vermutlich würdet Ihr mir ohnehin nur
zur Antwort geben, dass es mich nichts anginge. Aber ich bin sicher,
Ihr wollt den Tod dieses Mannes ebenso sehr wie ich. Wir bekommen also beide, was wir wollen. Sagt mir, was Ihr dazu braucht:
Männer, Waffen… was immer es ist.«
Er stand auf. »Der Medicus sagt, Ihr brauchtet mindestens noch
zwei Tage, um wieder zu Kräften zu kommen. Nehmt Euch diese
Zeit, um über meinen Vorschlag nachzudenken. Und betet zu Gott,
dass die Türken nicht schneller sind.«
Selbstverständlich hatte er nicht auf den Rat des Medicus gehört
und sich wieder ins Bett gelegt. Aber es wurde doch Abend, bis er
sich in der Lage fühlte, das Haus zu verlassen. Zu Abu Duns großem
Verdruss hatte er darauf bestanden, allein zu gehen, denn natürlich
hatte der Nubier ihn begleiten wollen.
Vermutlich wäre es auch vernünftiger gewesen, sich nicht allein auf
den Weg zu machen. Andrej fühlte sich noch immer ziemlich unsicher auf den Beinen. Er hatte fast eine Woche geschlafen, aber diese
Zeit schien ihn eher Kraft gekostet zu haben, als dass er sich erholt
hätte. Andrej hatte keinerlei Erfahrung darin, krank zu sein, und er
hätte auf diese Erfahrung auch gern verzichtet. Jeder Schritt, den er
tat, bereitete ihm Mühe. Seine Gedanken weigerten sich, mit der gewohnten Leichtigkeit zu fließen, und was seine Reaktionen anging,
machte sich Andrej nichts vor: Sie waren erlahmt. Sollte er in einen
Kampf geraten, so würde auch ein sterblicher Gegner ihn in ziemliche Schwierigkeiten bringen, wenn dieser ein halbwegs geübter
Fechter war.
Aber schließlich wollte er nicht in den Krieg ziehen. Genau genommen hätte er selbst nicht sagen können, wohin er wollte. Er
wusste nur, dass er eine Zeit lang allein sein musste.
Die Sonne war schon seit einer guten Stunde untergegangen, als ihn
seine Schritte in die Straße führten, in der der Goldene Eber lag.
Andrej war überrascht, das heruntergekommene Gasthaus vor sich
auftauchen zu sehen. Aber nur für einen Moment, dann musste er
über seine eigenen Gedanken lächeln, denn sie machten den Zustand,
in dem er sich befand, sehr deutlich. Möglicherweise hatte er sich
bisher sogar mit Erfolg eingeredet, einfach nur ziellos durch die Stadt
gelaufen zu sein, um einen klaren Kopf zu bekommen und seine vom
langen Liegen steif gewordenen Muskeln wieder geschmeidig zu
machen, aber natürlich stimmte das nicht. Andrej schlug den Kragen
des leichten Mantels zurück, den er übergeworfen hatte, und der so
gut wie keinen Schutz gegen die abendliche Kälte bot, und trat gebückt durch die niedrige Tür des Goldenen Ebers.
Er erlebte eine Überraschung.
Normalerweise war das Gasthaus um diese Zeit so gut besucht, dass
es schon einer gehörigen Portion Glücks bedurfte, noch einen freien
Platz zu bekommen. Jetzt war der Großteil des guten Dutzends Tische leer. Nur am Kamin saßen zwei müde Soldaten, die bei seinem
Eintreten flüchtig aufsahen und sich dann wieder ihrem Bier zuwandten. Malik stand hinter seiner niedrigen Theke und wischte mit einem
schmuddeligen Lappen an einem Krug herum, der aussah, als wäre er
schon schmutzig hergestellt worden.
Als Andrej hereinkam, sah auch er nur kurz auf, konzentrierte sich
dann wieder auf seine Arbeit - und fuhr dann so überrascht herum,
dass er um ein Haar den Krug fallen gelassen hätte. »Andrej?«, rief
er. »Seid Ihr das wirklich?«
Andrej schlug seinen Mantel ganz zurück und näherte sich mit
langsamen Schritten der Theke. »Wenn ich nicht noch einen Zwillingsbruder habe, den mir meine Mutter verschwiegen hat, dann
muss ich es wohl sein«, antwortete er. »Was ist los mit dir? Du siehst
aus, als hättest du nicht erwartet, mich wieder zu sehen.«
»Ihr wart eine Woche verschwunden«, antwortete Malik.
»Und?«
»Und ich hatte gehört, Ihr wärt noch schwerer verletzt worden.
Vielleicht getötet.«
»Eines von beiden stimmt.« Andrej machte eine Kopfbewegung in
Richtung seines linken Arms, der in einer Schlinge hing, dann eine
Handbewegung zu seinem Gesicht hin. »Das andere gottlob nicht.«
Malik lächelte nervös, aber irgendetwas an diesem Lächeln weckte
Andrejs Misstrauen. Er wusste nicht, was es war, aber das Gefühl
war zu intensiv, um es abzutun. Andrej widerstand dem Impuls, sich
zu

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