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Die Wiederkehr

Die Wiederkehr

Titel: Die Wiederkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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es ihm nicht verdenken. Ich bin sicher, einen besseren
Tropfen habt Ihr nie gekostet.«
Andrej nickte nur stumm, doch Abu Dun beugte sich vor, griff mit
der linken Hand nach einem Trinkbecher und mit der anderen nach
dem Weinkrug, um sich einzuschenken. Von Salm zog erstaunt die
Augenbrauen hoch, als Abu Dun den Becher in einem einzigen Zug
leerte und sich anschließend genüsslich mit dem Handrücken über
den Mund fuhr.
Abu Dun knallte den Becher auf die Tischplatte zurück und sah von
Salm an. »Verzeiht, Graf«, sagte er. »Ich nahm an, Eure Einladung
gelte auch für mich.«
»Aber sicher«, antwortete von Salm hastig. »Ich war…« Er rettete
sich in ein verlegenes Lächeln und hob dann unbehaglich die Schultern. »Der Wein«, erklärte er.
»Ja?«, machte Abu Dun. »Ihr hattet vollkommen Recht - er ist köstlich.«
»Aber Ihr seid Moslem«, wandte von Salm verwirrt ein. »Verbietet
Euch Eure Religion nicht den Genuss von vergorenem Traubensaft?«
»Das stimmt«, bekannte Abu Dun und machte ein zerknirschtes
Gesicht. »Moslems trinken keinen Alkohol. So wie Christen die Ehe
nicht brechen, ihre Feinde lieben und niemals lügen.«
Von Salm wirkte für einen Moment hilflos, aber dann lachte er,
schenkte sich ebenfalls ein und nippte an seinem Becher, bevor er an
Andrej gewandt fortfuhr: »Euer Freund gefällt mir, Andrej, weil er
ein sehr mutiger Mann ist. Er ist ein Muselman. Und trotzdem
kämpft er mit größerer Entschlossenheit gegen sein eigenes Volk als
die meisten meiner Männer.«
»Auch wenn ich aus dem Orient stamme sind die Türken nicht mein
Volk«, entgegnete Abu Dun scharf, noch bevor Andrej etwas erwidern konnte. Offenbar ärgerte es ihn, dass sich von Salm nicht direkt
an ihn gewandt, sondern seine Frage an Andrej gerichtet hatte. »Und
ich habe meine Gründe, sie zu bekämpfen.«
»Die mich nichts angehen«, vermutete von Salm mit unbewegter
Miene. »Ihr habt Recht, ich wollte nicht indiskret sein. Aber eine
solche… Konstellation ist sehr ungewöhnlich, und Ihr werdet verstehen, dass ich sichergehen muss, dass Ihr wirklich auf unserer Seite
steht.«
Der Nubier nickte und schenkte sich einen zweiten Becher Wein
ein. »Wenn Ihr so weit in der Welt herumgekommen wärt wie Andrej und ich, wären Euch noch viel ungewöhnlichere Konstellationen
begegnet, Graf von Salm«, antwortete er kühl. »Eure Besorgnis ist
verständlich, aber vollkommen unnötig. Ich denke, ich habe bereits
hinlänglich bewiesen, wem meine Loyalität gilt.«
»Das habt Ihr«, lenkte von Salm ein. »Und dafür möchte ich Euch
danken. Ich wollte Euch nicht beleidigen. In einer Lage wie der gegenwärtigen bin ich für jede helfende Hand dankbar. Vor allem,
wenn sie ein Schwert so meisterhaft zu führen versteht, wie man es
von Euch behauptet.« Er machte eine kurze Pause, während der er
abwechselnd Andrej und Abu Dun musterte. »Allerdings behauptet
man auch, dass die Waffen der Türken Euch nicht hätten verletzen
können.«
Andrej war bemüht, sich seine Beunruhigung nicht anmerken zu
lassen. Er hatte befürchtet, dass sich das Gespräch irgendwann in
diese Richtung bewegen würde, aber von Salm war schneller und
direkter auf den Punkt gekommen, als er erwartet hatte - was seine
Einschätzung des Oberkommandierenden der Verteidiger Wiens als
intelligenten und vor allem gefährlichen Mann bestätigte. Andrej
gemahnte sich zu noch größerer Vorsicht. Was wie eine harmlose
Plauderei zu klingen schien, mochte tödliche Konsequenzen für ihn
und Abu Dun haben, wenn sie nicht aufpassten. »Dummes Geschwätz«, antwortete er. »Wir hatten Glück. Und vielleicht verstehen
wir besser als andere mit dem Schwert umzugehen.«
»Sicher.« Von Salm verzog die Lippen zu einem Lächeln, doch seine Augen blieben davon unberührt. »Ich pflege auch nicht viel auf
solches Gerede zu geben. Auf jeden Fall bin ich froh, Euch auf meiner Seite zu wissen und nicht auf der des Feindes.« Er hob seinen
Becher. »Trinken wir auf die Freiheit Wiens.«
Er leerte seinen Becher zur Hälfte. Andrej trank wesentlich vorsichtiger. Der Wein war so schwer wie er vermutet hatte. Obwohl er nur
am Becher nippte, spürte er fast augenblicklich, wie ihm der Alkohol
zu Kopfe stieg. »Ihr habt Recht, ein edler Tropfen«, lobte er. »Aber
wir haben einen schweren Tag hinter uns und sind erschöpft. Wenn
Ihr erlaubt, würden wir uns deshalb gern in unser Quartier zurückziehen und ausruhen.«
»Natürlich, das verstehe ich.« Von Salm lehnte sich auf seinem
Stuhl

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