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Die Wiege des Windes

Titel: Die Wiege des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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Extremisten. Vielleicht war die Ladung gar nicht für Deutschland bestimmt. Zwar lag die Stelle, an der er das rote Schiff ausgemacht hatte, im Roten Sand, aber immer noch außerhalb der Drei-Meilen-Zone und abseits der viel befahrenen Schifffahrtsrouten.
    Larsen blieb an der Mauer stehen. Von Corde keine Spur. Aber der würde bestimmt noch kommen. Er war jeden Tag auf seinem Kutter, selbst wenn er nicht hinausfuhr. Es gab immer jemanden hier, mit dem er reden konnte. Anders als in der Abgeschiedenheit seines Gehöftes.
    Larsen ging auf die Treppe zum Anleger zu.
    »Da bist du ja endlich!«, ertönte eine Stimme hinter ihm.
    Die Worte trafen ihn wie ein Peitschenhieb. Langsam drehte sich Larsen um. Sein Gesicht war starr vor Schrecken.
    »Eine schöne Überraschung«, sagte der blasse junge Mann, der sich wie ein Schatten von der roten Hauswand gelöst hatte. »Du dachtest wohl, ich finde dich nicht?«
    Larsen schluckte seine Angst herunter, trotzdem klang seine Stimme belegt. »Du! Ich habe nicht …«
    »Dienstag war Zahltag«, fiel ihm der andere ins Wort. »Und jetzt steht schon das Wochenende vor der Tür. Ich will mein Geld.«
    »Ich hatte Probleme. Ich brauch noch etwas Zeit.«
    Der Blasse baute sich breitbeinig vor ihm auf. »Zeit? Noch einmal eine Woche?«
    Larsen nickte.
    Die Faust traf ihn nur Millimeter unterhalb der Nase auf der Oberlippe. Trotz des lauten Klatschens hörte Larsen ein Knirschen aus seinem Mund. Ein stechender Schmerz durchfuhr ihn. Das Wasser schoss ihm in die Augen und fast gleichzeitig schmeckte er das Blut, das ihm über die Zunge rann. Dann schlug er die Hände vors Gesicht.
    »Heute bezahlst du, Larsen!«, sagte der andere.
    Larsen spuckte den abgebrochenen Teil seines Schneidezahnes in die Wiese. Vom Schmerz war er immer noch benommen.
    *
    Der frostige November ging und ein nasskalter und trüber Dezember hielt Einzug. Dennoch wurden die Schaufenster der Läden von einem hellen Glanz erfasst, Nikoläuse und Weihnachtsmänner lösten die herbstlichen Drachendekorationen ab und das Jahr trieb unaufhaltsam auf das Weihnachtsfest zu.

3
    Der Postbote trug wie jeden Werktag eine große, gelbe Kiste durch die Drehtür des gläsernen Bürohauses am Theodor-Tantzen-Platz. Heute etwas schneller als sonst, denn es goss in Strömen. Über das Wochenende hatte eine milde Brise die Temperaturen auf zwei Grad Plus ansteigen lassen. Glatteis und eine Serie von Verkehrsunfällen in der vergangenen Nacht waren die Folge gewesen. Nun spülte der Regen die grauen Schneehaufen durch die Straßen. Die Kanalisation wurde von den Wassermassen überfordert und überall verteilten sich riesige Lachen in den Asphalttälern der Stadt.
    »Moin!«, rief ihm der Pförtner hinter seinem Tresen zu. »Sauwetter, was?«
    Der Postbote nickte, eilte den dunklen Gang entlang und verschwand hinter einer Glastür mit der Aufschrift Poststelle.
    »Guten Morgen«, grüßte die blonde junge Frau ihn freundlich. Ihre dunkelhaarige Kollegin saß hinter ihrem Schreibtisch und leerte einen feuchten Karton auf die Tischplatte.
    »Weiß nicht, was an dem Morgen gut sein soll«, knurrte der Postbote. »Draußen ist die Hölle los. Überall kracht es. Auf der Hindenburgstraße ist ein Stau bis raus nach Wechloy. Ein Laster ist gegen drei geparkte Autos gerutscht. Ich musste fast eine Stunde warten.«
    Die ältere Kollegin schaute auf die Wanduhr über der Tür. Es war kurz nach neun. »Stimmt, du bist spät dran.«
    »Spät ist gar kein Ausdruck. Heute wird’s mindestens drei, bis ich überall durch bin. Dabei habe ich zu Hause noch so viel zu tun.« Der Postbote lächelte verschwörerisch. »Das Kinderzimmer ist immer noch nicht fertig.«
    »Wann ist es denn so weit?«, fragte die Blonde.
    »Ich hoffe, dass die beiden bis Mittwoch nach Hause dürfen.« Der Postbeamte nahm seine gelbe Kiste vom Tresen. »Ich freu mich so auf meinen Sohn, ich kann’s kaum erwarten.«
    »Mal sehen, was du sagst, wenn dich der Kleine mitten in der Nacht aus dem Tiefschlaf schreit«, unkte sie.
    »Na hör mal, der schreit nicht. Der geht nach mir und weiß, was sich gehört.«
    »Ähhh … – was ist denn das für eine Schweinerei!« Die schwarzhaarige Kollegin sprang auf. Sie rieb sich die Hände und blickte voller Ekel auf den großen, grauen Umschlag, den sie auf den Schreibtisch geworfen hatte. Die grüne Schreibunterlage war von einem hellen Pulverfilm überzogen. Aus einem kleinen Spalt des Kuverts rieselten noch immer kleine Kristalle.
    Der

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