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Die wilde Gärtnerin - Roman

Die wilde Gärtnerin - Roman

Titel: Die wilde Gärtnerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milena-Verlag <Wien>
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Morgen, als ich Leos Hemd aus dem Schrank gezogen habe, war neben dem Stich ein neues Gefühl. Eine seltsame Freude darüber, dass er mich noch immer begleitet. Irgendwie.
    »Wie war er?«, fragt Benno unbekümmert weiter.
    Drehe mich zu ihm. Seine grünen Augen liegen auf mir wie Patschhände auf der Schulter eines Freundes. Derart viel Mitleid kann niemand verkraften. Breche in unbändiges Lachen aus. Es platzt regelrecht hervor. Toni würde sagen: »Lass es raus, das ist gesundes Lachen, lache es einfach raus.« Weiß nicht, warum, aber meinem chaotischen Gehirn ist eine Kurzschluss-Analogie dümmsten Ausmaßes gelungen. »Wie war ich?«, heule ich auf. Meine Stimme ist dünn und hoch, bevor sie lebenswichtigem Atemholen und weiterem Lachen weichen muss. Benno schmunzelt unter seinem Vollbart, die Augen noch immer patschhändig auf mir, aber meine Reaktion verängstigt ihn. »Wie war er? Wie war ich?«, stoße ich hysterisch lachend zwischen zwei Luftschnappern hervor, was Benno weiterhin keine Einsicht beschert. Langsam beruhige ich mich. Frage schnaufend: »Verstehst du nicht?
Wie war ich?
« Spreche den Post-Geschlechtsverkehr-Stehsatz à la John Wayne aus. Aber Benno zuckt die Schultern, sein Vollbart bleibt freundlich breit. Atme noch mal tief ein und aus. Der Lachanfall ist überstanden. »Er war so, dass er ›Wie war ich?‹ niemals gefragt hätte.«
    7.6.
    »So, es wird ernst«, sagt Toni, während sie mir ein Stück Erdäpfel-Mangold-Auflauf auf den Teller legt. »Der erste Vortragende hat zugesagt.«
    »Und? Wo liegt da der Ernstfall?«
    »Es gibt kein Zurück mehr. Jetzt müssen wir das Sommerfestival durchziehen.«
    Wusste nicht, dass ein Rückzug für Toni jemals zur Debatte gestanden ist. Wusste aber auch nicht, dass es bei ihrer Festwoche ein »wir« gibt, das mich einschließt.
    »Einen kann man immer noch ausladen«, will ich ihren Stressaufbau lindern, was allerdings ohnedies nicht gefragt ist.
    »Das werden wir ganz sicher nicht machen. Es haben sich bereits über zwanzig Teilnehmer angekündigt. Obwohl es noch gar kein Programm gibt! Ist es nicht fantastisch, wie begeisterungsfähig Menschen sind? Die spüren, dass sich da was energetisch Positives in Gang setzt und wollen dabei sein. Was ich immer sage: Das Gute ist ansteckend.«
    Könnte, wenn ich wollte, »die Langeweile muss nur groß genug sein, dann finden sich Leute für alles« sagen, aber meine Altersmilde wird langsam übermächtig. Weshalb sollte ich Tonis gute Stimmung trüben, wenn ich sie so gerne strahlen sehe? Mein Schneewittchen. Werde immer mehr zum siebten Zwerg: in Gärtnerkluft, mit Spitzharke, gebeugt über Erdklumpen. Sie jedoch weiterhin trällernd, im Sonnenschein hüpfend, umschwirrt von bunten Vögelchen. Der Zwerg wird alt, Schneewittchen bleibt die Schönste im ganzen Land.
    »Weißt du, was ich mir wünsche?« Es ist immer gefährlich, wenn Toni diese Frage stellt. Denn dann werden Gold, Weihrauch und Myrrhe zu einfachen irdischen Gegenständen, die man, im Gegensatz zu den Dingen auf ihrer Wunschliste, mit Leichtigkeit erstehen kann. »Es wäre schön, wenn wir so etwas wie ein
Sommercamp
zusammenbrächten. Wo alle rund um die Uhr beisammen sein könnten. Das wär toll. Energiemäßig, meine ich. Da würde was ganz was Neues entstehen können. Eine Kraft, eine Intensität, eine innere Verbundenheit. Die bringt man nicht zustande, wenn man sich nur tagsüber sieht.« Gold, Weihrauch, Myrrhe sind dagegen Pipifax. »Deshalb hab ich mich gefragt, ob zur Not nicht vielleicht auch Leute bei
dir
übernachten könnten?«
    Der Erdäpfel-Mangold-Auflauf in meinem Mund (von beeindruckendem Geschmack dank butterzarter Früherdäpfel, frischem Mangold und herben Kräutern aus dem Garten) stockt in seiner Verarbeitung. Mir bleibt der Bissen nicht im Hals stecken, sondern der Brei am Gaumen kleben. Sehe mich genötigt, Tonis Stimmung doch zu dämpfen. »Nein, Toni, du kannst deine Shantis nicht bei mir einquartieren. Tut mir leid. Meinen Garten trete ich für eine Woche ab.
Gerne
wäre zu viel gesagt, aber zumindest ohne Murren. Aber meine Wohnung wird weder mit Kraft noch mit innerer Verbundenheit vollgestopft.« Prompt fällt ihr das Strahlen aus dem Gesicht. Fällt auf die Tischplatte und versickert dort in den Holzfasern. Was ich natürlich nicht mitansehen kann. Wer könnte das schon? Selbst sieben Zwerge im Wald ließen sich von Schneewittchen um den Finger wickeln (und das waren knallharte Bergarbeiter!). Was sollte ich

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