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Die wilde Gärtnerin - Roman

Die wilde Gärtnerin - Roman

Titel: Die wilde Gärtnerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milena-Verlag <Wien>
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aus Neutronen- und Gammastrahlung machen, denn dann geht die kleine Bombe hoch, die ich mir gestattet habe, im Kofferraum zu verstauen. Ja, so ist die Welt, nicht einmal AKWs und Atommülllager sind vor Terrorakten sicher. Haben Sie noch etwas zu Ihrer Verteidigung zu sagen?‹ Ich hab mich etwas geärgert, weil er mir nur mangelhaft zugehört hat. Dauernd hat er gestöhnt, sich auf der Rückbank hin und her geschmissen. Sein Gesicht ist schon ganz ungesund angelaufen. ›Was? Sie finden das eine Frechheit? Als einen Angriff auf Ihre Freiheit und Integrität? Na hören Sie mal! Zunächst fette Gehälter kassieren und dann herumjammern, das hab ich gern. Jahrzehntelang lässt sich Ihr Unternehmen die Kosten für Transport, Lagerung und Entsorgung von radioaktivem Müll vom Staat bezahlen. Dann haben Sie sogar die Dreistigkeit, Tochterfirmen zu gründen, die dank Steuergeldern kräftige Gewinne mit der sogenannten ›Entsorgung‹ des von Ihren AKWs produzierten Mülls erzielen. Und dann fordern Sie auch noch acht Milliarden Euro Schadensersatz wegen des geplanten Atomausstiegs. Also Sie, Herr Teyssen, haben überhaupt kein Recht, hier herumzustöhnen.‹ Natürlich hat er sich nicht einsichtig gezeigt. ›Na ja, dann tschü-üs!‹, hab ich gerufen und ihn im Wagen zurückgelassen.« Berta grinst, als hätte sie im Zuckerlgeschäft ein paar Cola-Fläschchen mitgehen lassen. »Übrigens, damals hab ich dich noch nicht so gut gekannt, sonst hätte ich sicher nicht so oft ›Scheiße‹ in Zusammenhang mit Atommüll gesagt. Weil Atommüll ist alles andere als Scheiße. Zu meinem großen Bedauern, muss ich sagen.«
    »Und?«, frage ich.
    »Was und?«
    »Na, die Bombe?«
    »Ach was, die hat’s doch gar nicht gegeben.«
    »Und dann? Was ist mit dem Typen passiert?«
    Sie schaut mich abfällig an. Ein wenig enttäuscht presst sie ihre Lippen zusammen. Enttäuscht über mein Unverständnis. Aber ich verstehe sie tatsächlich nicht. Glaubt sie, jemand, der sein Leben der Geldakkumulation geweiht hat, wird plötzlich sagen:»Oh, Atomenergie ist also nicht so super? Tut mir leid, hab ich ja nicht wissen können. Dann hören wir halt damit auf. Okay?« Nein, das wird der nicht machen.
    »Was ist mit Teyssen passiert?«, wiederhole ich mich. »Ist er zurückgetreten? Hat er sein Jahresgehalt für die Energiewende gespendet?«
    »Was soll der Zynismus? Der steht dir nicht, Helen.«
    »Nein, ernsthaft, selbst wenn du diesen Typen verängstigt hast, es rückt doch sofort der Nächste nach, der absolut identisch ist, sonst würde er nicht an diese Position kommen. Stimmt’s nicht?« Dass sich alle Machtmenschen gleichen, ist Bertas Argument. Ich halte es ihr hin wie dem Stier das rote Tuch, und sie nimmt meine Herausforderung an.
    »Genau, darum geht es, Helen, dass irgendwann keiner mehr nachrücken
möchte

    »Bei fünf Millionen Euro im Jahr? Da werden sich, glaube ich, noch länger Leute finden, die sich ihre Finger an unsauberer Energiepolitik dreckig machen wollen.«
    »Und deshalb meine Aktionen. Die Reichen müssen
uncool
werden. Ihr Lebensstil als
nicht
erstrebenswert gelten. Diese Gier nach Macht, Geld und immer noch mehr ist krankhaft. Diese fünf Prozent, die die Hälfte des Gesamtvermögens besitzen, sollen geächtet werden. Das will ich mit meinen Angriffen erreichen, deshalb desavouiere ich solche scheiß Typen wie Teyssen. Noch ist Geldakkumulation kulturell akzeptiert, meine Liebe, noch. Wenn ich mit meinen Aktionen fertig bin, nicht mehr.«
    +++ Gipfel in Brüssel einigt sich auf 120 Milliarden Krisenhilfe +++ USA rüsten im Persischen Golf auf +++ Bei älteren Arbeitnehmern Arbeitslosigkeit über 10 Prozent +++ EZB vor historischer Zinssenkung +++ Parlament stimmt über Fiskalpakt ab +++ Weltweite Direktinvestitionen um 16 Prozent auf 1.200 Milliarden Euro gestiegen +++

1985
    Ihm gefällt die Wohnung nicht, ganz eindeutig gefällt ihm die Wohnung nicht, auch die Gegend, die ganze Gegend findet er unmöglich, er kann überhaupt nicht verstehen, weshalb ich hierhergezogen bin, ihn ekelt richtig vor diesen Bauten, dem Stadtrand, sicher hat er schon auf der Fahrt hierher über den langen Anreiseweg geschimpft, warum muss sie gerade dorthin ziehen, ans Ende der Stadt, wird er gekeppelt haben, war sich Hilde sicher. Das las sie ihrem Vater schon vom Gesicht ab, als er vor ihrer Mutter Erna und Oma Cerny über die Schwelle in ihre Gemeindewohnung trat.
    »Lieb hast du dir’s gemacht, gemütlich«, lobte Erna, obwohl

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