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Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Titel: Die wilde Geschichte vom Wassertrinker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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irgendwie unabhängig – so, als
wolltest du unsere Beziehung nicht zu eng haben.«
    »Genau so
willst du es, nicht wahr?«
    »Nein, nein,
das hat nichts damit zu tun, wie ich will, daß du bist.«
    »Aber wie
willst du mich denn?« fragte Tulpen.
    »Hm…«, sagte er
zögernd; diese Blase war zu schwer, um aufsteigen zu können. »Ich will dich so,
wie du sein willst, Tulpen.«
    Doch sie wandte
sich von ihm ab. »Du willst immer alles schön cool haben, nicht?« fragte sie.
»Immer schön mit Abstand, bloß keine Verpflichtung, frei…«
    »Verdammt!«
sagte er. »Willst du wirklich ein Kind?«
    »Du zuerst«,
forderte sie. »Ich leg meine Karten nicht zuerst auf den Tisch. Ich könnte es,
Trumper. Ich kann mich drauf einlassen.« Sie sah ihm
ins Gesicht. »Aber kannst du es auch?«
    Trumper stand
auf und ging um die Aquarien herum, schaute sie durch das Glas an. Ein Fisch
raste zwischen ihre Brüste, Algen wogten in ihrem Schoß.
    »Du tust
nichts, Trumper«, sagte Tulpen. »Du hast kein Ziel, keinen Plan im Leben. Nicht
mal eine Handlung.«
    »Tja, dann bin
ich wohl kein guter Stoff für einen Film, oder?« fragte er. Er suchte nach dem
türkisfarbenen Aal und konnte ihn nicht finden.
    [115]  »Trumper,
es interessiert mich einen feuchten Dreck, ob du einen brauchbaren Stoff für
einen Film abgibst. Der Film ist mir völlig egal, Trumper.« Sie sah, wie er sie
durch den Fischbehälter hindurch anstarrte, und zog wütend das Bettlaken über
ihren Körper. »Guck mir nicht zwischen die Beine, wenn ich mit dir reden will!«
schrie sie.
    Er tauchte über
dem Aquarium auf und starrte auf sie hinab. Er war ehrlich überrascht; er hatte
nur nach dem Aal Ausschau gehalten. »Ich hab dir nicht zwischen die Beine
geguckt«, sagte er, und sie ließ sich aufs Bett zurückfallen, als sei sie vom
Sitzen vollkommen erschöpft.
    »Du wolltest
noch nicht einmal für ein Wochenende weg«, sagte sie. »Man lebt einfach nicht
in New York, ohne sich wenigstens ab und zu mal zu wünschen, woanders
hinzukommen.«
    »Du hast doch
so einen kleinen durchsichtigen Aal?« fragte er und stocherte in einem der
Behälter herum. »Einen türkisfarbenen, ganz kleinen?« Sie schnellte unter der
Bettdecke hervor und starrte ihn an. »Ich kann ihn nicht finden«, sagte er.
»Ich glaube, er hat geredet… Ich wollte dir zeigen…« Doch ihr Blick machte ihn
unsicher. »Er hat in Blasen gesprochen«, erklärte Trumper matt.
    Tulpen
schüttelte nur den Kopf. »Mein Gott«, flüsterte sie. Er ging hinüber ans Bett
und setzte sich neben sie. »Weißt du, was Ralph über dich sagt, Trumper?«
fragte sie ihn.
    »Nein«, sagte
er ärgerlich, »erzähl mir, was dieser Idiot sagt.«
    »Er sagt, du
bringst dich nicht ein, Trumper.«
    »Ich bring mich
nicht ein?«
    »Niemand kennt
dich, Trumper! Von dir kommt einfach nichts rüber. Und du machst auch nicht
viel. Dir passiert einfach alles, und nicht mal daraus kann man was erkennen.
Du machst überhaupt nichts aus dem, was dir so passiert. Ralph meint, du bist
sehr kompliziert, Trumper. Er meint, du müßtest unter der Oberfläche einen
geheimnisvollen Kern haben.«
    [116]  Trumper
starrte in den Fischbehälter. Wo ist der
sprechende Aal?
    »Und was meinst
du, Tulpen?« fragte er sie. »Was, glaubst du, ist unter der Oberfläche?«
    »Noch eine
Oberfläche«, sagte sie, und er starrte sie an. »Oder vielleicht ist da nur
diese eine Oberfläche«, fuhr sie fort, »und darunter gar nichts.« Jetzt war er
sauer, doch er stand auf, schüttelte den Kopf und fing an zu lachen. Doch sie
wandte den Blick nicht von ihm ab.
    »Und weißt du,
was ich denke?« fragte er sie, schaute ins
Aquarium und überlegte, was er nun eigentlich wirklich dachte. »Ich denke«,
sagte er schließlich, »daß der kleine türkisfarbene Aal weg ist.«
    »Dann ist das
schon der zweite, den ich verloren hab«, erwiderte sie ungerührt.
    »Verloren?«
    »Naja, ich hab
den ersten in ein anderes Aquarium getan, und er ist verschwunden.«
    »Verschwunden?«
fragte Trumper; er schaute um sich, zu den anderen beiden Aquarien.
    »Irgendeiner
muß ihn wohl gefressen haben«, antwortete Tulpen. »Und deshalb hab ich den
zweiten in einen anderen Behälter getan, damit der, der den ersten gefressen
hatte, ihn nicht auch noch kriegen würde. Aber anscheinend hat ihn jemand
anders aufgefressen.«
    Trumper senkte
die Hand ins Wasser und tastete darin herum. »Dann haben sie ihn also gefressen !«brüllte
er. Er suchte und suchte, doch da war nicht

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