Die wilde Jagd - Roman
Schnee aus ihnen und schob sie sich mühsam über die gebogenen Finger. Dann ging sie mit Finn auf die Berge zu, machte einen unsicheren Schritt nach dem anderen. Es war wichtig, dass sie in Bewegung blieben. Irgendwo würden sie schon einen windgeschützten Platz finden, wo sie sich ausruhen konnten.
Kalt. Es war so kalt. Der bleiche Schnee schien endlos zu sein und war so tief, dass sie beide nicht schnell gehen konnten. Es war schwierig, durch ihn zu stapfen. Die Umrisse der Berge vor ihr schienen zurückzuweichen; es wirkte, als hätten sie die Schultern hochgezogen und ihr den Rücken zugedreht. Teia geriet ins Schwanken und stützte sich an Finns Schulter ab. Sie schienen überhaupt nicht voranzukommen. Sie würden hier draußen sterben. Sie würden wegen Teias Stolz und Ythas Dummheit sterben, und das Schicksal des Clans war damit besiegelt.
O Götter, ich will schlafen .
Finn stolperte, fiel schwer auf die Knie und riss Teia mit sich. Mit tauben Fingern griff sie nach den Zügeln, nach seiner Mähne, nach irgendetwas, was ihren Sturz aufhalten könnte, aber es war zu spät. Etwas traf sie am Kopf, und die Sterne über ihr drehten sich; dann senkte sich Dunkelheit über sie.
Schmerz. Er pochte in ihrem Kopf, und das Blut klopfte in ihren Ohren. Wenn sie so großen Schmerz empfinden konnte, war sie noch nicht tot, oder? Bei Machas Ohren, es tat so weh .
Jemand hob ihr Lid an. Heller Feuerschein drang ihr ins Auge, und Teia bewegte den Kopf ruckartig in eine andere Richtung. Diese Bewegung machte den Schmerz noch schlimmer, und sie ächzte auf.
»Sie ist wach.«
»Macha sei Dank! Ich hatte ziemliche Angst um sie.«
»Was ist mit dem Kleinen? Geht es dem Kind gut?«
Zu viele Stimmen. Zu laut. Teia versuchte sich die Ohren zuzuhalten, aber sie konnte die Hände nicht heben. Etwas Warmes, Schweres hielt sie neben ihrem Körper fest, und sie war zu schwach, um es abzuschütteln.
»Du ruhst dich weiter aus«, sagte die Stimme, die zuerst gesprochen hatte. »Ich hole dir etwas zu trinken.«
Schritte. Bewegung. Das Knistern eines Feuers und ein leiser Tierlaut. Pferde? Finn! Sie zwang sich, die Augen zu öffnen, konnte aber kaum mehr als dunkle Gestalten im Schein des orangefarben flackernden Lichts sehen. Das Gesicht einer Frau erschien über ihr; es war braun, hatte so viele Runzeln wie Trockenobst und wurde von strähnigem, ergrautem Haar eingerahmt.
»Finn?«, gelang es Teia zu sagen. »Ist er verletzt?«
»Nein, Mädchen. Deinem Baby geht es gut, soweit ich das sagen kann.« Die Frau, die zuerst gesprochen hatte, lächelte und zeigte dabei eine Zahnlücke.
Dumme Frau. »Nicht das Baby. Mein Pferd!«
»Da war kein Pferd, als Baer dich gefunden hat. Du warst ganz allein.« Kein Finn? Die Frau schob die Decken beiseite, die Teia umgaben, und half ihr, sich aufzusetzen.
»Trink das hier, und du wirst dich ein bisschen besser fühlen.«
Sie stützte Teias Kopf mit der einen Hand und hielt ihr mit der anderen einen Becher an die Lippen. Der Geschmack verriet Teia sogleich, welche Kräuter sich in dem Getränk befanden, und sie spuckte es aus.
»Nein.«
»Komm schon, Mädchen, es schadet dir nicht. Es ist gegen den Schmerz.« Die Frau hielt ihr wieder den Becher an den Mund. Je mehr Teia dagegen ankämpfte und den Kopf beiseitezudrehen versuchte, desto fester wurde der Griff in ihrem Nacken.
»Nein!«
Sie hob die Arme, und es gelang ihr, den Becher beiseitezustoßen, wobei ein wenig von seinem Inhalt überschwappte. »Das ist Krähenfuß – ein Schlaftrunk.«
Frische Schmerzen erblühten in ihrem Schädel. Sie hob die Hand und betastete einen behelfsmäßigen Verband um ihren Kopf.
»Ja, ja, schlafen«, plapperte die Frau in einem Singsang, als ob sie mit einem Kind spräche. »Schlaf ist das, was du brauchst, ein schöner, langer Schlaf …«
Sie bot Teia wieder den Becher an, doch diese wehrte ihn unbeholfen ab, während sie sich mit der anderen Hand den pochenden Kopf hielt. Wenn sie mit einer Kopfverletzung Krähenfuß trank, würde sie vielleicht nie wieder aufwachen. Diese Frau hätte ihr genauso gut bitteren Eisenhut zu trinken geben können. Bei Machas Gnaden, es tut so weh!
»… und dann wirst du dich besser fühlen …«
» Nein! «
Sie stieß die Frau von sich und versuchte die Beine zur Seite zu schwingen. Alles verschwamm ihr vor Augen, wurde wieder klar, verwackelte bei jedem Pulsschlag in ihrem schmerzenden Schädel. Mit einiger Anstrengung gelang es ihr, die Decken
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