Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die wilde Jagd - Roman

Die wilde Jagd - Roman

Titel: Die wilde Jagd - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
wegzutreten, obwohl sie ihre Glieder kaum unter Kontrolle hatte. Der Erschöpfung folgten weitere Hammerschläge im Kopf, und ihr Magen krampfte sich vor Übelkeit zusammen. Nein. Sie durfte nicht schlafen. Sie musste Finn finden.
    Teia blinzelte in die zuckenden Schatten. Eine Höhle. Mit niedriger Decke, aber groß genug, um etwa zwanzig Personen zu beherbergen, die in kleinen Gruppen um Bündel und Körbe herum kauerten. Es waren stille, undeutbare Silhouetten vor dem Feuer, das am Höhleneingang brannte. Sie hielten die Köpfe gesenkt, schauten weder nach rechts noch nach links, als wären sie so erschöpft, dass sie nicht einmal mehr die Kraft aufbrachten, neugierig zu sein. Die einzigen Gesichter, die sie erkennen konnten, waren die der Frau, die neben ihr kniete, und der beiden anderen, die in ihrer Nähe hockten.
    »Wo ist mein Pferd?«, fragte Teia sie.
    »Muss weggegangen sein. War kein Pferd da, als Baer dich gefunden hat.«
    »Lass es, Gerna!«, sagte eine der anderen Frauen und schob sich nach vorn. »Sie will nicht mehr zu Fuß gehen, sondern dein Pferd für sich behalten. Wir haben nämlich bloß zwei. Wir wechseln uns ab.«
    Sie sah Gerna böse an, die ihre strähnigen Haare zurückwarf und sich in die Schatten zurückzog. Ihr Krähenfuß-Gebräu nahm sie mit.
    »Träger alter Sack«, murmelte die Frau. Ihre Gefährtin unterdrückte ein Kichern, und Teia erkannte, dass sie viel jünger war, auch wenn es im Zwielicht schwierig war, ihr Alter zu schätzen.
    »Wie dem auch sei«, meinte die andere. Sie war eine grobknochige, kantige Gestalt mit wettergegerbter Haut und hatte ihre schwarzen Haare zu einem praktischen Knoten zusammengebunden. Ohne sichtbare Mühe zog sie Teias schwere Satteltaschen heran. »Deine persönlichen Sachen sind hier. Baer hat gesagt, der Proviant ist für die Gruppe. Tut mir leid.«
    Beide Frauen sahen sie verlegen an. Jetzt, da Teias Blick klarer geworden war, bemerkte sie, wie abgehärmt und müde ihre Gesichter wirkten. Vielleicht erklärte das die Gleichgültigkeit der anderen. Sie waren so ermattet, dass sie an nichts anderes als an sich selbst denken konnten.
    »Das verstehe ich; es ist in Ordnung. Wenn man nur wenig hat, sollten alle alles miteinander teilen. Aber wo ist mein Pferd Finn? Bitte!«
    »Da drüben.« Die Frau streckte den Arm aus. Teia bemerkte einen breitschultrigen Hengst in den Schatten hinter einigen zotteligen Ponys.
    Plötzlich fühlte sich Teia schwach vor Erleichterung. Sie hätte es sich nie verziehen, wenn ihm etwas zugestoßen wäre, vor allem nicht, nachdem er versucht hatte, sie zu retten. »Kannst du mir sagen, was passiert ist? Und wie eure Namen lauten?«
    Die jüngere der beiden Frauen lächelte scheu. »Ich bin Lenna. Und das da ist Neve.« Sie deutete mit dem Kopf auf die andere Frau. Dabei fiel der Feuerschein auf eine schlecht verheilte Narbe an ihrer Wange, die noch recht frisch und feuerrot war. »Als Baer die Jäger zum Lager zurückgeführt hat, hat er die Spuren im Schnee bemerkt. Etwas weiter entfernt hat er ein Pferd über jemandem stehen sehen, und dieser Jemand warst du. Du hattest dir den Kopf an einem Stein angeschlagen. Er vermutet, eine halbe Stunde später wärest du tot gewesen.«
    Die Erste der Frauen, Gerna, hatte diesen Mann namens Baer bereits erwähnt. »Ist er euer Anführer? Euer Häuptling?«
    »Wir haben keinen Häuptling«, sagte Neve. »Wir sind kein Clan.« Sie kniff die Lippen zusammen, doch dann entspannte sich ihr Gesicht ein wenig, und ihre Züge wurden sanfter. »Aber mein Mann ist ungefähr das, was man einen Anführer nennen könnte.«
    »Die Verlorenen.« Teia überkam wieder ein Gefühl des Schwindels.
    »Ganz richtig.« Neve sagte es mit einem harschen Stolz in der Stimme, der keine Einwände duldete. »Was machst du hier draußen in der Kälte, wo du doch sehr bald dein Kind bekommst?«
    Teia betastete wieder den Verband. »Ich habe die Sprecherin infrage gestellt. Ich habe mich gegen sie aufgelehnt, und zwar vor dem ganzen Clan.«
    »Und da hat sie dich davongejagt.« Neve nickte, als wäre das alles, was sie wissen müsste. »Ich hole dir etwas Warmes zu essen.«
    Sie erhob sich und bahnte sich einen Weg zwischen den anderen hindurch zum Feuer, wobei sie jemandem einen bösen Blick zuwarf – vermutlich der glücklosen Gerna.
    Lenna kam näher, und Teia erkannte, dass sie schwanger war. Ihr dicker Bauch war trotz der vielen Lagen warmer Kleidung zu sehen. Jetzt konnte Teia auch ihr Alter besser

Weitere Kostenlose Bücher