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Die wilde Jagd - Roman

Die wilde Jagd - Roman

Titel: Die wilde Jagd - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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sandte heiße Schmerzwellen durch seinen Kopf; es gelang ihm gerade noch, Schwester Resa aufzufangen, als sie ohnmächtig wurde. Er drückte sie an seine Brust, kniff die Augen zu und wartete darauf, dass der Schmerz verging.
    Als er so sehr abgenommen hatte, dass Gair sich wieder zu bewegen wagte, tastete er nach dem Puls der Nonne und überprüfte ihre Atmung. Er vergewisserte sich, dass sie nur bewusstlos geworden war, und legte sie vorsichtig auf den Boden, wobei er ihr Haupt auf ihre zusammengefaltete Kapuze legte. Dann setzte er sich auf die Altarstufen und stützte den Kopf in die Hände.
    Er musste einen Fehler gemacht haben. Das war kaum verwunderlich, denn es war eigentlich vermessen, etwas so Schwieriges wie eine Heilung ohne jede Anleitung zu versuchen. Wenn Tanith es je herausfinden sollte, würde sie ihm gehörig ins Gewissen reden. Und dabei waren Resas Wunden schon geschlossen. Er bezweifelte, dass irgendjemand ihr noch helfen konnte – nicht einmal Tanith oder Saaron. Warum hatte er geglaubt, er könnte es?
    Er stützte das Kinn in die Hand und schaute hinüber zu der bewusstlosen Nonne. Dicke rote Narben entstellten noch immer ihre Wangen, aber zumindest hatte sein unbeholfener Heilungsversuch nicht alles noch schlimmer gemacht. Sein Schädel fühlte sich an, als ob in ihm eine Kirchenglocke geläutet worden wäre. Er konnte nur hoffen, dass er Resa nicht wehgetan hatte.
    Gair fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und ließ dann die Hände sinken. Es war Zeit, sich den Konsequenzen zu stellen.
    Bittet Schwester Sofi, hierherzukommen , teilte er Alderan in Gedanken mit. Resa braucht einen ruhigen Ort, an dem sie wieder zu sich kommen kann .
    Sie ist schon auf dem Weg . Eine Pause. Wir beide müssen miteinander reden. Sofort .
    Ich bin in einer Minute bei Euch.
    Sei schneller .
    Als Sofi eintraf, sagte Gair ihr, dass Resa ohnmächtig geworden sei, nachdem sie sich von ihren Gebeten erhoben hatte. Es war nur eine kleine Lüge, und die ältere Nonne nahm sie widerspruchslos hin, auch wenn Misstrauen in ihrem harten Blick lag. Kurz darauf kam Resa zu sich, und Sofi kümmerte sich nur noch um ihr Wohlergehen, ohne einen weiteren Gedanken an Gair zu verschwenden. Er blieb bei ihr, bis er sich vergewissert hatte, dass die junge Nonne nicht verletzt war, dann nutzte er Sofis Abgelenktheit und schlüpfte still nach draußen.
    Er stieg wieder die Treppe hoch und ging zu dem Lagerraum, in dem sich die Bücher der Ritter befanden. Auf dem Weg dorthin versuchte er herauszufinden, weshalb dieser plötzliche Misston im Sang aufgetreten war. Die wahrscheinlichste Erklärung bestand darin, dass er einfach nur unvorsichtig gewesen war. Er hatte sich zu sehr von seinen Gefühlen leiten lassen, und dabei war ihm seine Konzentration abhandengekommen. Es war nicht das erste Mal, dass sein Temperament mit ihm durchgegangen war.
    Alderan war gerade damit beschäftigt, Bücher in die Regale zu räumen, als Gair eintrat, aber die Stapel auf dem Tisch und an den Wänden wirkten nicht kleiner als zuvor. Der alte Mann sah ihn an und richtete seine Aufmerksamkeit dann wieder auf die Bände in seinen Händen.
    »Ich hoffe, du bist stolz auf dich«, sagte er und setzte die Bücher ab.
    Gairs Kopf schmerzte noch von den Nachwirkungen des fehlgeschlagenen Heilungsversuchs. »Nicht besonders.«
    »Wir dürfen niemandem verraten, dass wir hier sind. Hast du das etwa vergessen?« Ein dumpfes Pulsieren in Gairs Kopf begleitete die Worte des alten Mannes. »Wenn es in einem Umkreis von hundert Meilen um El Maqqam einen Hexenjäger geben sollte – oder, die Göttin möge es verhüten, wenn Savin in der Nähe ist –, dann hast du soeben ein Signalfeuer für ihn angezündet. Du bist stark, Junge, aber bei allen Heiligen, du gehst so zartfühlend vor wie ein Erdrutsch. Du kannst nicht einfach alles, was du hast, in das Weben einbringen und das Beste hoffen.«
    »Ich bitte um Entschuldigung«, entgegnete Gair. »Ich habe nicht den Vorteil Eurer jahrelangen Erfahrung.«
    Der alte Mann schnaubte verächtlich. »Offensichtlich.«
    Enttäuscht und bereits wütend auf sich selbst warf Gair die Tür hinter sich zu. »Verdammt, Alderan, was sollte ich denn tun – sie etwa so entstellt und mit ihren Schmerzen weiterleben lassen? Ich habe versucht, ihr zu helfen!«
    »Und – hast du ihr geholfen?«
    »Nein.« Die Wut verrauchte und hinterließ in ihm ein Gefühl der Wundheit und der Leere. Er stützte sich auf die Rückenlehne eines Stuhls und

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