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Die wilde Jagd - Roman

Die wilde Jagd - Roman

Titel: Die wilde Jagd - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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wie Glas und leuchteten beinahe silbern in dem seltsamen Licht. »Das ist unsere einzige Hoffnung, Savin aufzuhalten, ohne dass viel Blut vergossen wird. Das weißt du. Ich dachte, du willst ihn für das büßen lassen, was er getan hat.«
    Gair hatte die Hand auf den Sattelknauf gelegt und wollte gerade aufsteigen, doch er hielt inne. »O ja, er soll büßen.« Seine Stimme zitterte, so bemühte er sich, seine Gefühle im Zaum zu halten. »Das will ich so sehr, dass ich mich kaum zügeln kann, aber dafür werde ich diese Nonnen nicht den Wölfen vorwerfen.«
    Er schwang sich in den Sattel, und sofort tänzelte Shahe umher. Der Rauch, die Rufe und die wilden Leidenschaften in der Luft machten sie nervös.
    Der alte Mann warf die Hände in die Luft. »Du verstehst es nicht! Das ist unsere einzige Möglichkeit, wenn wir ihn aufhalten wollen …«
    »Nein, das ist es nicht! Ihr seid im Irrtum!« Gütige Göttin, begriff der Mann eigentlich, was er da sagte?
    »Es ist notwendig !«, knurrte Alderan. »Steig einmal kurz von deinem hohen Ritterross, und du wirst es ebenfalls erkennen.«
    »Was richtig ist und was notwendig ist, ist in diesem Fall nicht identisch.« Gair lenkte Shahe in einem engen Kreis; das Herz schlug ihm bis zum Hals. »Ich bin jetzt für die Nonnen verantwortlich. Auf meinem Weg nach Norden werde ich sie nach Syfrien in Sicherheit bringen. Ihr und Eure verdammten Bücher könnt meinetwegen zur Hölle fahren.«
    Eine lodernde Fackel flog über die Mauer, rollte über den Boden und spuckte so viele Funken, dass Shahe seitlich zurückwich und ängstlich den Kopf herumwarf. Jubelgebrüll folgte; die Worte waren unverständlich, nicht aber die Absichten. Er musste die Nonnen von hier wegbringen.
    Hinter ihm setzten sich das Hämmern und die Rufe fort; regelmäßige Schläge erschütterten das Tor im Rahmen. Stahl brach plötzlich durch das von der Sonne gebleichte Holz, die Menge draußen grölte, und weitere Fackeln wurden über die Mauer geschleudert.
    »Dann geh mit der Göttin«, sagte Alderan, als Gair sein Reittier mühsam wieder unter Kontrolle brachte. Seine Stimme war nur von stiller Enttäuschung gefärbt. »Versuche, Masen zu finden; er ist irgendwo im hohen Norden. Vielleicht könnt ihr euch gegenseitig helfen.«
    Es blieb keine Zeit mehr, und es gab nichts mehr zu sagen. Gair lenkte Shahe auf die Kapelle zu.
    Tanith erwachte aus einem beunruhigenden Traum. Sie hörte den Schlag ihres Herzens, hatte die Hand an die Kehle gelegt und erwartete jeden Augenblick, eine Klinge zu spüren. Das blasse, perlmuttfarbene Licht der Morgendämmerung sickerte zwischen den Bäumen hindurch; die Luft war schwer vom Geruch feuchten Laubwerks – und von etwas anderem, Nasskaltem, Verwesendem.
    Sie setzte sich auf und betrachtete die Lichtung. Die Pferde standen noch dort, wo sie angebunden worden waren; von ihren Schweifen perlte der Tau, und abgesehen von einem Kübel mit Wasser für sie gab es keinerlei Anzeichen für die Gegenwart des Waldbewohners. Ailrics Schlafsack neben ihr war leer. Der große Astolaner stand vor den Megalithen und hatte auf jeden eine Hand gelegt.
    »Was ist los?«, fragte sie und erhob sich. Ihre Lederhose fühlte sich unangenehm klamm an und klebte auf eine Weise an ihr, die ihr verriet, dass ihre Haut über und über mit Knitterfalten bedeckt sein musste. Sie rieb sich eine besonders wunde Stelle an der Hüfte und stellte dabei fest, dass sich ein harter Klumpen durch die Hosentasche in das Fleisch gebohrt hatte. Die Eichel. Sie nahm sie heraus, drehte sie hin und her und steckte sie wieder weg.
    »Ich habe etwas gehört. Ein Rufen. Und das Klirren von Schwertern.«
    »War es nicht nur ein Traum? Ich bin in der Überzeugung aufgewacht, dass mir jemand die Kehle aufschlitzen will.« Sie reckte und streckte sich. »Wo ist Owyn?«
    Ailric zuckte die Achseln. »Er ist noch nicht zurückgekehrt.« Er beugte sich zwischen den Megalithen ein wenig vor. »Ich höre es schon wieder. Irgendwo hier in der Nähe tobt eine Schlacht.«
    »In Bregorin? Sie haben keine Feinde. Die halbe Welt weiß nicht einmal etwas von ihrer Existenz.«
    »Ich sage dir, ich höre einen Kampf.«
    Tanith stellte sich neben ihn und lauschte. Auf der Lichtung war es weiterhin unnatürlich still, nicht einmal das Schwirren einer Vogelschwinge durchbrach das Schweigen. Ihr eigener Puls hämmerte in ihren Ohren. Doch ganz schwach vernahm sie das Rufen von Männern. Das Wiehern von Pferden. Und das Eindreschen von

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