Die wilde Jagd - Roman
Idee. Sie eilte nach drinnen, breitete in fieberhafter Eile die Felle auf dem Boden aus und die Kissen dazu. Dann tauschte sie ihr Kleid gegen eine Elchlederhose und ein dickes Wams und holte Bogen und Köcher aus dem Gepäck. Drwyn gefiel es nicht, dass Teia sie behalten hatte, aber es gelang ihr jedes Mal, ihn mit Küssen abzulenken, sodass er nie dazu kam, ihr diese Ausrüstung abzunehmen.
Sie betastete die Perlenstickereien am oberen Ende des Köchers und erinnerte sich daran, wie ihr Vater ihn ihr geschenkt hatte, als sie zehn Sommer alt war. Jeder Crainnh sollte lernen, wie man jagt, hatte er gesagt und ihr beigebracht, wie man richtig schoss und wie man den Bogen und die Pfeile aus Elchknochen pflegte. Ein heftiger Schmerz durchfuhr sie, und die blauen und grünen Perlen verschwammen ein wenig vor ihrem Blick. So Macha wollte, würde sie bald wieder bei ihrer Familie sein.
Sie band sich das Haar im Nacken zusammen und setzte eine ruhige Miene auf. Jetzt musste sie stark sein. Sie schulterte den Köcher. Als sie aus dem Zelt trat, klopfte ihr Herz so laut, dass sie glaubte, es müsste durch das ganze Tal zu hören sein.
Die beiden Wachen sahen sie an. Der eine von ihnen, ein Kerl mit strähnigem Haar und schlechtem Atem, betrachtete eingehend ihre Gestalt in der eng anliegenden Hose.
»Hol mein Pferd«, befahl sie und war erstaunt, dass ihre Stimme nicht zitterte.
Die Wachen tauschten einen raschen Blick. »Wohin willst du reiten?«, fragte der eine von ihnen.
»Ich will dem Häuptling etwas zum Abendessen schießen, vielleicht zwei Pfeifenten.«
Der Lüsterne – er hieß Harl, glaubte sie – sah sie gierig an. »Er mag Vögel ganz gern, besonders wenn sie eine nette volle Brust haben.« Er starrte ihr in den Ausschnitt des Wamses.
Teia zog einen Pfeil aus ihrem Köcher, hatte ihn im nächsten Augenblick aufgelegt und zielte auf sein Auge. »Pass auf, dass dir die Augen nicht aus dem Kopf fallen«, sagte sie. »Es wäre schade, wenn du sie verlieren solltest.«
Harl blinzelte, und Verwunderung ersetzte seinen lüsternen Gesichtsausdruck. Der andere Wachhabende unterdrückte ein Lachen.
»Ich habe gesagt, hol mein Pferd.« Sie spannte den Bogen noch ein wenig mehr, sodass er knirschte, und der Mann trat einen Schritt zurück. »Schon besser. Na los, Harl. Du hast nicht den ganzen Nachmittag Zeit.«
Harl nickte heftig. »Ja, Herrin.«
Als er weg war, steckte sie den Pfeil zurück in den Köcher und schlang die Hände um den Bogen, damit der anderen Wachhabende nicht sah, wie stark sie zitterten. Doch sie hätte sich keine Sorgen machen müssen. Der Mann schien zwar eben noch belustigt, aber nun stand er wieder auf seinem Posten und starrte geradeaus.
Harl kehrte mit ihrer gesattelten Stute zurück. Teia dankte ihm kühl, stieg auf und ritt aus dem Lager. Erst als sie weit weg von den Zelten war, erlaubte sie sich, sich zu entspannen. Ihr Seufzer der Erleichterung mündete in ein Kichern über ihren eigenen Wagemut.
Sie hatte Drwyns Männer behandelt, als wären sie ihre eigenen Diener! Und es hatte funktioniert. Ob es auch ein zweites Mal gelingen würde, vermochte sie nicht zu sagen, aber jetzt hatte es ihr eine gewisse Zeit für sich allein eingebracht. Sie war fest entschlossen, das Beste daraus zu machen.
Etwa eine Meile nördlich des Versammlungsplatzes lagen einige kleinere Seen wie Juwelen in einem silbernen Netz aus Bächen. Da es hier kaum festen Boden gab, musste sie ihr Pferd an einem Blutdornbusch anbinden, bevor sie sich zu Fuß allein auf den Weg durch das Ried machte, doch hier war sie vor neugierigen Blicken geschützt, und das Knirschen der knochenweißen Stängel im Wind überlagerte alle Geräusche, die sie machte.
Eine Viertelstunde später hatte Teia ein Paar Pfeifenten am größten der Seen erlegt, eingesammelt und ihre Pfeile gesäubert. Dann band sie die Vögel mit Zwirn an den Füßen zusammen. Jetzt gehörte der Rest des Nachtmittags ihr allein. Sie kniete sich ans Ufer und goss ein wenig Wasser in eine kleine Bronzeschale, die sie aus Drwyns Zelt stibitzt hatte und die so klein war, dass Teia sie in ihrer Gürteltasche verstecken konnte. Sie balancierte die Schale auf ihren Knien und rief ein wenig von ihrer Kraft herbei.
Zuerst war das Bild verschwommen. Es war wieder ihr eigenes Gesicht, diesmal mit einem üblen Schnitt an der Schläfe, von dem das Blut auf der Wange stammte. Während sie zusah, verschorfte die Wunde, hinterließ eine blasse Narbe, und dort, wo sie
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