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Die wilde Jagd - Roman

Die wilde Jagd - Roman

Titel: Die wilde Jagd - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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entlang. Der Schnee umwehte sie, wurde dichter, nahm wieder etwas ab und enthüllte den bleichen Bogen einer Brücke, auf der die Straße zur Festung den Fluss überquerte. Die Straße selbst war unsichtbar, kaum mehr als eine Vertiefung in dem Weiß, das den Talboden bedeckte.
    Am Fuße des mächtigen Wachtturms hielt Kael die Hand hoch, und sie blieben stehen. Er bedeutete den anderen Clanangehörigen zurückzubleiben, während er um die Mauerecke schlich. Seine Schritte waren im tiefen Schnee kaum zu hören.
    Duncan spähte hinter ihm um die schneeüberzogene Ecke, doch Kaels dunkler Umriss war schon fast vollständig in der Finsternis verschwunden. Falls einer der Nimrothi aus dem Fenster schauen sollte, bevor Kael in den Windschatten des Torhauses gehuscht war, das etwa eine Viertelmeile weiter südlich lag, waren sie verloren. Duncan reckte sich, weil er einen Blick auf den Feuerschein hinter dem Fenster werfen wollte, doch von seiner Position aus war das nicht möglich. Außerdem verhinderten die Nacht und der Schneefall, dass er mehr als die undeutlichen Umrisse des Tors zu erkennen vermochte. Er hoffte, dass er und seine Gefährten genauso gut verborgen waren wie das Feuer der Nimrothi.
    »Hat er es geschafft?«, flüsterte Sor.
    »Ich kann ihn nicht mehr sehen.«
    Sein Bruder fluchte.
    »Sollen wir ihm folgen?«, fragte Cara.
    »Er wird uns ein Signal geben, wenn die Luft rein ist«, meinte Sor. »Duncan?«
    Duncan spähte noch einmal um die Ecke und sah gerade noch, wie ein Schneeball in hohem Bogen durch die Luft flog. Er traf Duncan an der rechten Schulter und bedeckte sein Gesicht mit kalten Kristallen. »Das wird wohl das Signal gewesen sein«, prustete er.
    Rasch und leise bewegten sie sich um die Ecke und liefen an der Festungsmauer entlang. Der Schnee knirschte beunruhigend laut unter ihren Stiefeln. Dann hatten sie es geschafft und drückten sich zusammen mit Kael an die Wand des Torhauses.
    Kael hob den Finger an die Lippen und führte die anderen geschwind zum Eingang. Das Holz des Tores war schon lange verrottet, doch von innen war Sackleinwand vor die Öffnung gespannt. Kael schob sie beiseite und verschwand in den Schatten dahinter. Drinnen schlugen Hufe auf Stein, doch dann war wieder alles still. Die anderen folgten ihm.
    Im Torhaus war die Finsternis vollkommen, und Duncan wartete darauf, dass sich seine Augen daran anpassten, bevor er wagte, sich weiter zur Tür zu bewegen. Er roch Dung und Pferde und spürte große Leiber auf engem Raum. Allmählich nahmen seine Augen den Schimmer wahr, der von oben kam. Als sich seine Augen an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, erkannte er den Beginn einer Wendeltreppe und die Umrisse von Pferdeohren davor.
    Er zuckte zusammen, als er den Klang von Stahl auf Leder vernahm. Jemand berührte ihn am Arm, dann schlich Kael mit dem blanken Messer in der Hand die ersten Stufen hoch. In seinen weichen Stiefeln war er kaum zu hören. Duncan folgte ihm und rutschte auf einem frischen Pferdeapfel aus. Er taumelte gegen die Flanke des nächsten Tieres, das leise wieherte und ihm aus dem Weg trat. Kael erstarrte auf der Treppe. Seine gebleckten Zähne funkelten weiß, und die Klinge seines Messers schimmerte orangefarben. Mit rasendem Herzen strich Duncan dem Pferd über den Rücken, damit es sich beruhigte. Von oben aus dem Torhaus erklang kein Geräusch außer einem gelegentlichen Knistern des Feuers. Kael stieg eine weitere Stufe hoch, und Duncan wagte wieder zu atmen.
    Seine Erleichterung hielt nicht lange an. Bevor seine Füße die zweite Stufe ertastet hatten, packte Cara ihn am Arm. Er blieb stehen, drehte sich um und sah sie an. Sie legte die Hand an ihr Ohr und deutete mit dem Kopf auf den Eingang des Torhauses, wo Sor durch einen Spalt am Rande des Sackleinens spähte. Sie hatten etwas gehört.
    Er lauschte angestrengt und nahm schließlich das rhythmische Knirschen eines Zaumzeugs wahr. Der Schnee dämpfte die Huftritte so gut, dass es unmöglich war zu sagen, um wie viele Pferde es sich handelte, doch es waren mindestens zwei dort draußen. Während er angespannt versuchte, über dem Singen seines eigenen Blutes etwas zu hören, hörten die Huftritte plötzlich auf.
    Weitere Späher, aber wie viele? Wie viele? Er packte Caras Schulter, deutete auf Sor und winkte ihn heran. Sein Bruder schritt leise wie ein Dieb über den Boden des Torhauses, und sie stiegen die Wendeltreppe hoch zu Kael, der ein Stück weiter oben außer Sichtweite wartete. Eine

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