Die wilde Jagd - Roman
Pechfackel war in den zerbröckelnden Mörtel zwischen zwei Steinen gerammt worden. Sor sah sich um, lenkte die Aufmerksamkeit der anderen auf sich und hielt drei Finger hoch.
Duncan biss die Zähne zusammen. Wenn sie richtig gezählt hatten, waren es also insgesamt fünf. Für jeden von ihnen einen, und einen weiteren für sie alle zusammen. Er zog sein Messer und schob seinen Umhang zurück, dann zeigte Sor mit dem Finger nach oben. Kael schritt weiter die Treppe hinauf, nahm je zwei Stufen gleichzeitig, und Cara folgte ihm dicht auf den Fersen.
Unten rief jemand einen Gruß. Sein Nimrothi-Akzent war so stark, dass die einzelnen Worte nicht zu verstehen waren. Einer von den beiden oben im Torhaus antwortete. Stiefel schlurften über den Steinboden, und zusätzliches Licht fiel von oben ins Treppenhaus. Ein Schrei wurde zu einem Gurgeln, und schon rannte Duncan so schnell wie möglich die Stufen hoch.
Mit der Schulter stieß er die Tür auf und stürmte in den Raum. Er sah, wie Kael den zuckenden Leichnam eines Nimrothi auf den Boden sinken ließ, während Cara auf der anderen Seite des Kaminfeuers ihre Messer aus dem Körper des zweiten Nimrothi zog. Sor drängte sich an ihm vorbei, und alle vier wandten sich der Tür zu, als Schritte auf der Treppe näher kamen.
Zwei Nimrothi drangen mit gezogenen Kurzbögen durch die Tür, wobei sie einen dritten flankierten, der in jeder Faust ein langes Messer hielt. Einen Herzschlag lang bewegte sich niemand, dann legten die Nimrothi die Pfeile auf.
»Keine Bewegung!«, brüllte Sor, aber die Bögen hoben sich weiter.
Eines von Caras Messern blitzte durch den Raum und traf den einen Bogenschützen in die Schulter. Er taumelte rückwärts gegen die Wand, und sein Pfeil fiel auf den Steinboden. Kael griff den anderen an, dessen Schuss danebenging. Der Pfeil zerbrach an der gegenüberliegenden Wand. Der dritte Mann sprang Sor an. Der streckte das Bein aus, brachte den Angreifer zu Fall und tänzelte ihm aus dem Weg, als sich der Mann auf dem Boden herumrollte und katzengleich wieder auf die Beine sprang.
Duncan schlang dem Mann von hinten den Arm um den Hals und drückte ihm seine Messerspitze gegen die Wange. »Ganz ruhig«, sagte er dem Nimrothi ins Ohr.
Der Krieger roch nach Schweiß und Gebirgsluft. Er wand sich, aber Duncan war größer als er und legte den Arm noch enger um die Kehle des Gegners. »Ganz ruhig.«
Der Nimrothi spuckte eine Obszönität aus und senkte seine Messer. Cara entwand sie seinen Händen und steckte sie in ihren Gürtel.
Kael wischte seinen Dolch an dem Umhang des Bogenschützen ab, den er besiegt hatte, und steckte die Klinge zurück in die Scheide. An der Wand der Tür gegenüber sackte der Mann, den Cara zu Fall gebracht hatte, in sich zusammen, und Blut tropfte aus seinem Mund.
»Er atmet kaum mehr«, sagte Kael. »Er wird es nicht schaffen.« Mit einer beinahe nachlässigen Bewegung brach er dem Mann das Genick.
Sor schnalzte mit der Zunge. »Jetzt kann ich ihm keine Fragen mehr stellen.«
»Er war sowieso schon so gut wie tot. Du hast doch noch einen Lebenden. Wie viele brauchst du denn? Ich kümmere mich um ihre Pferde.« Kael lief die Treppe hinunter, ohne einen Blick zurückzuwerfen.
»Was für ein Kerl«, murmelte Sor. »Ich schwöre, manchmal …« Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar, drehte sich um und sah Duncan und dessen Gefangenen an. »Du kannst ihn jetzt loslassen. Cara, du bewachst ihn.«
Sie grinste und wirbelte ein Messer zwischen ihren Fingern herum. Der Nimrothi schluckte und sah argwöhnisch zwischen ihr und Sor hin und her, als Duncan seinen Hals freigab und einen Schritt nach hinten machte. Da runzelte Cara die Stirn und schaute erst ihn und dann die beiden an, die als Erste hatten sterben müssen.
»Er ist ein Amhain«, sagte sie und deutete auf den kleinen Vogel, der in die Wange des Mannes eintätowiert war. »Und diese beiden sind Crainnh.«
»Zwei verschiedene Clans«, sagte Sor. »Bemerkenswert.« Er schaute sich in dem kleinen Zimmer um und entdeckte einen Schemel, der im Zuge des Kampfes umgekippt war. Er stellte ihn wieder auf, setzte sich und verschränkte die Arme vor der Brust. »Was ist hier los? Wenn du es mir sagst, werde ich dich vielleicht am Leben lassen.«
Der Nimrothi gab nicht zu erkennen, ob er ihn verstanden hatte, auch wenn sich Sor einer Sprache bedient hatte, die ihre beiden Völker einst miteinander geteilt hatten. Also war es ein absichtliches Nichtverstehen. Sor runzelte die
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