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Die wilde Jagd - Roman

Die wilde Jagd - Roman

Titel: Die wilde Jagd - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Sor klang barsch und entschlossen.
    »Ich gehe zurück und frage. Es muss ja kein langes Gespräch werden.« Kael schob die lange Klinge bedeutungsschwer in die Scheide.
    Sor richtete sich auf und schüttelte den Schnee von seinem Umhang. »Nein. Wenn wir gehen, dann gehen wir zusammen. Sag Cara, sie soll dafür sorgen, dass die Pferde in Sicherheit sind, und dann soll sie sich hier mit uns treffen. Wo ist dieser andere Pfad nach unten?«
    »Nicht weit weg. Dort drüben, wo der Vorsprung ausläuft.« Duncan schaute zu der Stelle, auf die Kael zeigte, aber er sah nichts als schwarzen Fels und Schnee.
    Sein Bruder nickte; die Entscheidung war gefallen. »Dann führe uns dorthin.«
    Der Vorsprung wurde immer schmaler und steiler, während er der Bergflanke auf die Festung zu folgte. Kaels alte Spuren waren nur mehr leichte Vertiefungen im Schnee, die fast schon wieder gefüllt waren. Duncan hatte zum Schutz die Kapuze tief ins Gesicht gezogen und hielt den Blick starr auf den Boden gerichtet. Wenn er einen Fehltritt machte, war es von hier aus ein langer Weg bis ganz nach unten.
    Als der Vorsprung in einem kleinen Wäldchen aus struppigen, windgebeugten Kiefern auslief, blieb Kael stehen und deutete hinunter in die Schlucht. »Da.«
    Sor spähte nach unten. »Ein Wasserfall?«, knurrte er. »Du bist einen gefrorenen Wasserfall hinuntergeklettert? Bei Nacht? In einem Schneesturm?«
    Kael zuckte die Achseln. »Ich habe mir ein Seil umgebunden. Es ist höchstens eine Achtelmeile.«
    »Bei Slaines Eiern!«
    Duncan beugte sich über den Rand und fand Kaels Seil, das in regelmäßigen Abständen geknotet war, sodass es sicheren Halt gab. Er schüttelte den Schnee ab und zog fest daran. »Scheint in Ordnung zu sein«, sagte er. »Soll ich als Erster gehen?«
    »Nein, ich gehe«, meinte Sor und warf sich den Bogen über den Rücken, damit er beide Hände frei hatte. »Wenn ich fallen sollte, werdet ihr beide wenigstens weich landen.«
    Duncan unterdrückte ein Grinsen. »Bist du immer noch nicht schwindelfrei?«
    Sein Bruder brummte etwas, kletterte über die Felsen und ließ sich langsam an der glasigen Wand des Wasserfalls herab. Lockere Klumpen aus Schnee und Eis polterten hinter ihm in die Finsternis, und schon nach wenigen Augenblicken war er nicht mehr zu sehen. Nach einigen Minuten wurde das Seil schlaff.
    »Er ist unten«, sagte Duncan und seufzte erleichtert. »Cara, du gehst als Nächste. Dann komme ich und schließlich Kael.«
    Die junge Clansfrau benötigte nur einen Bruchteil der Zeit, die Sor gebraucht hatte. Sie sprang so geschickt wie eine Bergziege über die Felsen. Sobald ihr Gewicht das Seil nicht mehr spannte, packte Duncan es und trat an den Rand des Abgrunds. Er stellte sich breitbeinig auf den Fels, lehnte sich zurück und hielt das Seil so fest, wie es seine vor Kälte steifen Finger erlaubten. Der gefrorene Wasserfall ächzte wie ein unruhiger Schläfer. Vorsichtig trat Duncan gegen die glatte Eiswand und ließ sich hinunter.
    Der Fels war von Eis überzogen, doch je zuversichtlicher Duncan auftrat, desto weniger schien er zu schlittern. Bereits nach wenigen Minuten spürte er eine Hand auf der Schulter. Cara stand auf einem Steinhaufen am Fuß des Wasserfalls und half ihm, sein Gleichgewicht zu finden. Seine Arme und Schultern brannten, als er das Seil losließ; sein Herz hämmerte schmerzhaft in seiner Brust.
    »Das war aufregend«, sagte er und sprang ein paar Schritte bergab in eine tiefe Schneewehe. Er spähte durch die treibenden Flocken hinüber zu Sor, der bereits vor der Festungsmauer hockte; sein Umhang und sein dunkles Haar waren schon fast ganz weiß vom Schnee.
    Duncan watete durch den knirschenden Schnee auf ihn zu, da erhob sich sein Bruder. »Pass auf!«, zischte er. »Du befindest dich auf dem zugefrorenen Fluss.«
    Sofort blieb Duncan stehen. Unter seinen Stiefeln spürte er feinste Erschütterungen und stellte sich vor, wie das schwarze Wasser unter ihm dahinschoss. Den Rest des Weges legte er vorsichtiger zurück, bis er neben Sor hockte, während der Schnee sie umwisperte.
    »Kael hatte recht«, sagte sein Bruder mit leiser Stimme. »Falls keine Wachen oben auf der Mauer sind, ist dieser Ort tatsächlich unbewacht. Wir befinden uns in der Nähe eines der Wachttürme.« Die anderen beiden gesellten sich zu ihnen, und Sor sagte zu Kael: »Du übernimmst die Führung, denn du bist schon einmal hier gewesen.«
    Hintereinander folgten sie dem narbengesichtigen Clansmann an der Mauer

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