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Die wilde Jagd - Roman

Die wilde Jagd - Roman

Titel: Die wilde Jagd - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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einsamen Übungen war, und stellte sich vor, wie er die Klinge auf Savins farbenfrohes Seidenhemd zuschwang.
    »Nein danke, Sorchal.«
    »Das sind bloß wieder deine ritterlichen Prinzipien«, meinte der Elethrainer verbittert. »Weißt du, deine Gesellschaft wäre viel angenehmer, wenn du diese Prinzipien hin und wieder über Bord werfen würdest.«
    Gair biss die Zähne zusammen. »Das verstehst du nicht.«
    »Ach, nein? Und wessen Schuld ist das? Ich bin dein Freund, Gair – oder zumindest habe ich das geglaubt –, aber du willst nicht mit mir reden. Ich kann dich nicht einmal dazu bringen, dass du mir beim Trinken Gesellschaft leistest.« Die Worte brachen aus ihm hervor wie Wasser aus einem geborstenen Damm. »Ich komme jeden Tag hierher und übe den Schwertkampf mit dir, bis du mit der langen Klinge zurechtkommst und die Flamme von einem Docht schneiden kannst, aber das ist auch schon alles, was du tust. Du redest nicht, du lachst nicht. Du willst nichts anderes als töten.«
    Gair änderte den Griff um das Langschwert und rammte die Spitze in den Boden. »Und du glaubst, der beste Weg, eine Frau zu vergessen, besteht darin, sich mit einer neuen einzulassen! Ich bin nicht wie du, und sie hat mir zu viel bedeutet.«
    Sorchal würde es nie verstehen. Er wechselte die Mädchen, wie andere Männer ihre Hemden wechselten, und das Komische daran war, dass die Mädchen das auch noch zu mögen schienen. Sie fraßen ihm aus der Hand wie Käfigvögel und flatterten bloß ein wenig mit den Flügeln, wenn er zu einer anderen überging, aber nie sprachen sie ein harsches Wort. Er benahm sich erbärmlich, und sie liebten ihn dafür.
    Sorchal schürzte die Lippen und sah ihn lange an. »Anscheinend«, sagte er schließlich. »Na gut. Gib mir eine halbe Stunde, damit ich den Rest vom Wein mit einem Frühstück aufsaugen kann, und dann komme ich wieder hierher.«
    Gair schüttelte den Kopf. »Es hat keinen Sinn zu kämpfen, wenn du nicht das Beste geben kannst. Schlaf dich aus.«
    »Morgen vielleicht?«
    »Morgen.« Er riss das Langschwert aus dem Boden und säuberte die Klinge an seinen weißen Hosenbeinen. »Gleich nach der Prim, wenn du kannst.«
    Der Elethrainer warf sich den Umhang wieder um die Schultern und drehte sich um. »Du brauchst etwas anderes, womit du dir die Zeit vertreibst, mein Freund.«
    Er ging weg. Bevor er den Übungshof ganz verlassen hatte, pfiff er bereits wieder ein fröhliches Liedchen, dessen Tanzrhythmus verriet, dass er den vergangenen Abend nicht nur mit Trinken und Lieben verbracht hatte, und einen Augenblick lang fragte sich Gair, ob eine Stunde im Hopfendunst des Roten Drachen so schrecklich wäre. Vielleicht nicht. Vielleicht nächste Woche oder übernächste. Aber nicht heute.
    Das ruhige Stehen hatte seine Muskeln abgekühlt. Er rollte die Schultern, damit sie wieder locker wurden, und warf das Schwert von der einen Hand in die andere, während er zur Mittellinie des Hofes ging und wieder mit den einzelnen Kampfstellungen begann.
    Eine Gestalt bewegte sich in den Schatten des Ostumgangs. Obwohl er die Augen mit der Hand gegen die Sonne abschirmte, konnte er nicht feststellen, um wen es sich handelte, doch die Person hatte die Größe und Breite eines Mannes.
    »Was ist denn jetzt schon wieder?«, murmelte er und senkte sein Schwert. Lauter fragte er: »Ja?«
    »Weißt du, Sorchal hat nur versucht, dir zu helfen.« Es war Alderan.
    In den letzten Wochen hatte er den Wächter kaum gesehen. Ein wenig Abstand war ganz gut gewesen – und war es noch immer, denn es war eine Ablenkung weniger auf dem Weg zu Gairs Ziel.
    Gair stellte sich stabil hin, konzentrierte sich ganz auf seine Atmung und hob das Langschwert zum Gruß.
    »Sorchal hat eine Frau nie länger geliebt, als er braucht, um ihr an die Wäsche zu gehen«, sagte Gair und richtete die Worte genauso an den Stahl in seinen Händen wie an den Mann am anderen Ende des Hofes. »Er versteht es nicht.«
    »Das ist aber kein Grund, grob zu ihm zu sein.« Alderan ging zu den Stufen, die zu dem Hof hinunterführten, setzte sich auf die oberste und legte die Unterarme auf die Knie. »Was machst du mit dir, Gair?«
    »Ist das nicht offensichtlich?«
    »Du hast von fünf Kämpfen gegen Haral bereits drei gewonnen. Arlin will nicht mehr mit dir üben. Nur Sorchal hält es noch mit dir aus, aber ich wäre überrascht, wenn er nicht bald ebenfalls aufgibt. Dir gehen die Freunde aus.«
    Balance. Atmung. Spüre, wie die Anspannung aus deinen Muskeln

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