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Die wilde Jagd - Roman

Die wilde Jagd - Roman

Titel: Die wilde Jagd - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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verschluckten es.
    Teia zuckte zurück. Sie riss die Augen auf, ihr Herz raste, aber vor ihr war kein Hund, sondern nur Ytha, die mit gekreuzten Beinen auf einem Kissen saß. So sah Teia sie jeden Tag seit einem Monat, seit dem Erstmond. Das Wasser in der großen Bronzeschale zwischen ihnen schimmerte und klärte sich.
    »Du hattest es beinahe geschafft, Kind«, sagte Ytha. »Versuch es noch einmal.« Sie griff nach Teias Händen und legte sie abermals auf den Rand der Schale.
    »Ich habe einen riesigen Hund gesehen.« Die Worte kamen schüchtern aus ihrem Mund, fast wie Mäuse. »Sobald ich das Bild klar gesehen habe, hat der Hund hineingebissen.«
    »Hat er dich gebissen?«
    »Nein, die Vision. Der Hund hat nach ihr geschnappt, und das Bild ist verschwunden.«
    Sie versuchte sich an Einzelheiten zu erinnern. Der Hund war innerhalb eines Herzschlags mitten durch ihre Gedanken gesprungen. Es war jedes Mal dasselbe. Immer blieb die Kreatur nur so lange, dass Teia sie erkennen konnte, und dann war sie schon wieder verschwunden und ließ nichts zurück außer einem Gefühl dunkler Vorahnung in Teias Magengrube.
    Sie rieb sich die Stirn und öffnete die Augen wieder, aber es gab nichts mehr zu sagen. Außerdem war es wichtiger zu lernen, wie sie mit ihrer Gabe des Wahrsagens richtig umging. »Es tut mir leid, Sprecherin. Können wir es noch einmal versuchen?«
    »Natürlich.«
    Teia ergriff die ausgestreckten Hände der Sprecherin, legte die Handgelenke auf den Rand der Bronzeschale und schloss abermals die Augen. Sobald sie einen Faden jener prachtvollen Musik erwischt hatte und mit der Vision beginnen wollte, prallten massige Klauen gegen ihre Brust.
    Sie spürte, wie sie rücklings auf die Kissen geworfen wurde. Das gewaltige Tier kauerte über ihr; sein Gewicht erdrückte sie beinahe und presste ihr den Atem aus der Lunge. Die Kiefer des Hundes schnappten nach ihr, schienen ihren Kopf wie ein Hühnerei zermalmen zu wollen, doch hielten sie wenige Zoll vor Teias Gesicht inne. Augen, die so rot waren wie der Wahnsinn persönlich, starrten sie an. Die Lefzen wurden über den spitzen Zähnen gebleckt, und die Bestie gab ein hustendes Knurren von sich, das eine erschreckende Ähnlichkeit mit Gelächter hatte. Ihr stinkender Atem fuhr über Teias Gesicht. Sie rang nach Luft. Ihre Lunge brannte, und voller Panik versuchte sie, unter der Bestie hervorzukriechen. Deren Gesicht verzog sich zu einem warnenden Knurren; Speichel tropfte auf Teias Kleid. Das Tier konnte sie mit einem einzigen Biss töten, und es wollte, dass sie das wusste.
    Ein Schrei stieg in Teias Kehle auf, aber sie hatte keine Luft, ihn auszustoßen, und so konnte sie nur ein Jammern von sich geben. Dann hob sich das Gewicht von ihr, und der Hund war verschwunden.
    Sie öffnete die Augen rasch und sog die Luft so heftig ein, als wäre sie gerade aus dem Wasser aufgetaucht. Sie atmete aus, holte wieder Luft, und das Brennen in der Lunge ließ allmählich nach. Erst jetzt erkannte sie, dass sie noch immer aufrecht dasaß. Das Gefühl, umgeworfen und erstickt zu werden, war nichts als eine Illusion gewesen.
    Die Sprecherin sah sie fragend an.
    »Was hast du gesehen?«
    Diesmal musste Teia ihr alles erzählen. Ytha hatte beschlossen, ihr heute das Wahrsagen beizubringen, und Teia hatte keine Ahnung, wie viel die andere Frau im Wasser gesehen hatte.
    »Ich habe mich auf den morgigen Tag konzentriert, wie Ihr gesagt habt, und ich habe uns beide mit einer Lampe gesehen. Ihr habt mir beigebracht, wie man mit Feuer arbeitet. Sobald das Bild vollständig war, hat mich ein Hund angesprungen. Als ich es noch einmal versucht habe, hat mich der Hund nach hinten gestoßen und sich auf mich gehockt, als wollte er mir die Kehle herausreißen.«
    »Ein Hund?«
    »Einer von Maegerns Hunden«, sagte sie. Sie mochte diese Worte kaum aussprechen.
    Ythas Miene verdüsterte sich. »Was weißt du darüber?«
    »Auf der Versammlung hat Maegern versprochen, zwei ihrer Hunde zu senden, oder? Ich glaube … ich weiß , dass ich einen davon gesehen habe.« Sie hörte erneut die Stimme der dunklen Göttin, die innen an ihrem Schädel wie mit Krallen gekratzt hatte, und erzitterte. »Die Bestie hat mich bedroht.«
    Die Sprecherin schnaubte verächtlich. »Ich vermute, dir sind ein paar Lagerfeuergeschichten zu Kopfe gestiegen«, sagte sie. »Die Hunde bedeuten keine Gefahr für dich.«
    Und warum fühlte es sich so sehr wie eine Warnung an, wenn die Bestie auf ihr hockte? Es war eine

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