Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wilden Hühner

Die Wilden Hühner

Titel: Die Wilden Hühner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Funke
Vom Netzwerk:
verderben. 

9. Kapitel

    Als Sprotte nach Hause kam, war Besuch für sie da. 
    »Deine beste Freundin wartet auf dich«, sagte ihre Mutter. »Frieda?«, fragte Sprotte erstaunt.
    »Natürlich Frieda.« Überrascht sah ihre Mutter sie an. »Oder hast du plötzlich eine andere beste Freundin?« 
    Sprotte schüttelte den Kopf und rieb sich energisch die Nasenspitze.
    »Habt ihr euch gestritten?« 
    »Nicht direkt.«
    »Aha. Ich frage wohl besser nicht weiter, was?« Ihre Mutter schüttelte den Kopf. »Soll ich euch ein paar Brote machen?«
    »Ja, gerne.« Zögernd ging Sprotte auf ihre Zimmertür zu. Eigentlich wollte sie wütend sein auf Frieda. Aber sie war erleichtert. Erleichtert, dass Frieda gekommen war. Wenn sie beleidigt war, ließ sie sich nämlich tagelang nicht blicken. Sogar in der Schule sprach sie dann kein Wort mit Sprotte - obwohl sie nebeneinander saßen. Da konnte sie wirklich stur sein.
    Aber wieso sollte Frieda beleidigt sein? Sprotte legte die Hand auf die Klinke. Wenn jemand Grund hat, beleidigt zu sein, dann ja wohl ich, dachte sie. In ihrem Kopf und ihrem Herzen herrschte ein ziemliches Chaos. 
    Frieda saß auf Sprottes Bett und hatte rote Augen. Richtig verloren sah sie aus. Verlegen lächelte sie Sprotte an.
    »Hallo«, sagte sie. »Wie war's? Hat es mit unserem Plan geklappt?«
    Sprotte nickte. »Du hast echt was verpasst.« Sie setzte sich auf ihren Schreibtischstuhl und guckte Löcher in den Teppich. »Melanie und Trude waren spitze.«
    »Ach ja?«, sagte Frieda leise. Dann schwiegen sie sich ein paar schrecklich lange Augenblicke an. Frieda knabberte an ihren Fingernägeln herum und Sprotte rieb sich die Nase. Zum Glück kam ihre Mutter herein und brachte die Brote.
    »Was wollt ihr trinken?«, fragte sie. »Heißen Kakao?«
    »Ja, gerne!«, sagte Frieda und brachte ein schiefes Lächeln zustande.
    Sprotte nickte nur.
    Ihre Mutter ging wieder hinaus und ließ die beiden mit ihrem Schweigen allein.
    Sprotte nahm sich ein Wurstbrot - und legte es wieder auf den Teller zurück.
    »Was hast du den andern gesagt?«, fragte Frieda. »Dass du babysitten musst, was sonst?«
    Frieda bohrte sich nervös im Ohr herum. Um ihren Hals baumelte an einem Lederband die Hühnerfeder.
    »Danke, dass du versucht hast mir zu helfen«, sagte sie plötzlich leise. Ohne Sprotte anzusehen.
    »Und warum hast du nichts gesagt?«, platzte es aus Sprotte heraus. »Mann, ich kam mir vielleicht blöd vor. Alle haben getan, als ob sie gar nicht wissen, wovon ich rede. Hast du gesehen, wie dein doofer Bruder mich angegrinst hat? Und du sitzt da und tust, als ob dich das alles nichts angeht. Dabei hatte ich Recht. Und wie ich Recht hatte!«
    Frieda guckte auf ihre Hände. »Ich kann das nicht«, sagte sie. So leise, dass Sprotte es fast nicht gehört hätte.
    »Wie, das kannst du nicht?« Ärgerlich schüttelte Sprotte den Kopf.
    »Wenn Mama mich um was bittet, dann kann ich nicht nein sagen. Und wenn mein Vater dann auch noch was sagt, dann ...« Frieda zuckte die Achseln.
    »Hm.« Sprotte nahm sich noch mal ein Brot. »Dein Bruder«, sagte sie mit vollem Mund, »der kann das perfekt.«
    »Allerdings«, murmelte Frieda, biss in ein Käsebrot und schniefte.
    »Weinst du?«, fragte Sprotte erschrocken. 
    »Nee, schon gut!«, sagte Frieda und putzte sich die Nase. Sie waren beide froh, als die Tür wieder aufging und Sprottes Mutter reinkam. »Hier ist euer Kakao«, sagte sie und stellte ihnen die dampfende Kanne und zwei Becher auf den Tisch.
    »Ich hoffe, ich habe nicht wieder zu wenig Zucker reingetan. Braucht ihr sonst noch etwas?« 
    Sprotte schüttelte den Kopf.
    »Ich muss sowieso bald nach Hause«, sagte Frieda.
    Als sie wieder allein waren, sagte sie: »Du wehrst dich auch nicht immer.«
    »Wie meinst du das?« Sprotte runzelte die Stirn - und wusste genau, was Frieda meinte.
    »Na, deine Oma. Traust du dich bei der, was zu sagen?«
    »Das ist ganz was anderes«, sagte Sprotte ärgerlich. »Bei meiner Oma traut sich keiner, was zu sagen. Nicht mal Mama. Und wenn sie's mal macht, dann spricht meine Oma zwei Wochen kein Wort mit uns und ich darf nicht zu ihr kommen, bis Mama sich bei ihr entschuldigt. Sind deine Eltern so?«
    »Nein, aber ...«
    »Nee, sie sind kein bisschen so. Und darüber kannst du verdammt froh sein.« Sprotte schwieg. Ihr Herz klopfte heftig und ihre Lippen zitterten. Schnell nahm sie sich ein Brot und biss hinein.
    Verstört sah Frieda sie an. »Wusste ich doch nicht, dass es so schlimm

Weitere Kostenlose Bücher