Die Wilden Hühner
Sprotte Frieda ins Ohr.
»Wisst ihr, was ich denke?«, fragte Frau Rose, während sie das Büchlein zurück in ihre quietschrote Tasche steckte. »Dass hier ein kleiner Bandenkrieg im Gange ist. Und da ich Banden für so ziemlich das Dümmste auf der Welt halte, rate ich euch, nicht noch mal wegen diesem Blödsinn zu spät zu kommen. Ist das klar?«
Die Wilden Hühner nickten.
»Und ihr da? Habt ihr das auch begriffen?«
Die Pygmäen ließen ein Gemurmel hören.
»Gut. Dann wollen wir eure Gehirne mal ein bisschen ans Arbeiten kriegen. Fred, komm bitte an die Tafel.«
11. Kapitel
Trude war am Nachmittag als Erste bei Oma Slättbergs Haus. Von den andern war weit und breit nichts zu sehen. Sie öffnete gerade das Gartentor, als es hinter ihr raschelte. Erschrocken fuhr sie herum - aber es war weit und breit nichts Beunruhigendes zu entdecken. Ein dicker Dackel trottete schläfrig über die Straße und nebenan sonnte sich eine Katze auf den Mülleimern.
Das kommt bloß von diesem blöden Mitschnackergerede, dachte Trude ärgerlich, stellte ihr Fahrrad ab und lief zum Hühnerauslauf. Die Hennen ruckten neugierig mit den Köpfen, als sie sie kommen sahen, und gackerten so kläglich, als hätten sie seit Tagen nichts zu fressen gekriegt.
Trude öffnete die Stalltür, um etwas Futter zu holen, als sie wieder was hörte. Was genau, konnte sie nicht sagen. Aber es hörte sich irgendwie verdächtig an. Und kam aus der Richtung der Johannisbeersträucher. »
Ist da jemand?«, fragte sie unsicher.
»Na klar!«, rief Sprotte hinter ihr und stieß das Gartentor auf. »Was guckst du denn so komisch?« Frieda war auch da.
»Ach, nichts!«, sagte Trude erleichtert. Eine große Amsel kam pickend und scharrend unter den Beerensträuchern hervor. »Ich seh schon Gespenster.«
»Passiert mir oft«, sagte Sprotte. »Vor allem, wenn ich allein bin. Dann denk ich manchmal, mein Großvater spukt hier rum.«
In dem Moment kam auch Melanie.
»He, ich fass es nicht!«, sagte Sprotte. »Melanie in Jeans!«
Melanie streckte ihr die Zunge raus und lehnte ihr Fahrrad gegen die Hecke. »Wir sind bestimmt die einzige Bande, die zusammen Hühnerställe ausmistet«, sagte sie seufzend.
»Ach, ich glaube, das wird Spaß machen«, sagte Trude.
»Ich würde viel lieber das Rätsel des schwarzen Schlüssels lösen«, sagte Frieda. »Schließlich hab ich die letzte Schatzsuche verpasst.«
»Erst die Arbeit, dann das Vergnügen«, antwortete Sprotte. »Kommt.«
»Wie lange stinkt man eigentlich nach so was?«, fragte Melanie, während sie lustlos hinterhertrottete.
»Eine Woche? Einen Monat?« Sprotte kicherte.
»Wenn's nachher immer noch so heiß ist«, sagte Frieda, »können wir uns ja mit dem Gartenschlauch abspritzen.«
»O ja«, rief Trude.
Zwei Hennen hatten sich vor der Sommerhitze in den kühlen Stall geflüchtet. Aber als die vier Mädchen mit Mistforke, Eimern und kleinen Schaufeln anrückten, verzogen sie sich mit lautem Protestgegacker nach draußen.
»Erst muss das ganze Stroh raus!«, sagte Sprotte. »Das schmeißt ihr einfach durchs Fenster auf den Misthaufen. Dann kratzen wir die Scheiße unter den Stangen weg und streuen neues Stroh drunter. Ja, und am wichtigsten sind die Nester. Die müssen ganz gründlich sauber gemacht werden und die Kalkeier, die drinliegen, auch.«
»Wozu liegen denn da Kalkeier drin?«, fragte Frieda.
»Oma sagt, Hühner legen viel lieber zu einem Ei noch 'n zweites dazu als in ein leeres Nest«, sagte Sprotte, »und außerdem denken sie so vielleicht, dass man ihnen nicht alle Eier klaut. Was meint ihr, wie oft ich schon diese blöden Kalkeier ins Haus geschleppt habe, weil ich dachte, es sind echte.«
»Die Nester möchte ich machen«, sagte Trude. »Darf ich?« »Hier ist ja überall Scheiße!«, stöhnte Melanie. »Das soll alles von den paar Hühnern sein?«
Sprotte kicherte. »Tja, 'n Hühnerklo ist noch nicht erfunden worden. Und wie meine Oma immer sagt, Hühnerscheiße ist Gold wert.«
»Wieso das denn?« Melanie verzog angeekelt das Gesicht, während sie mit der kleinen Schaufel die Stangen abkratzte. »Na, was meinst du, warum das Gemüse hier so gut wächst? Weil Hühnerscheiße der beste Dünger ist. Allerdings muss man sie 'n bisschen verdünnen oder mit Stroh und Erde mischen, sonst ist sie zu hitzig.«
»Sonst ist sie was?«, fragte Trude.
»Hitzig. Zu stark«, sagte Sprotte. »Dann schießt das Gemüse und schmeckt nicht mehr. Mann, ich
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