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Die Wilden Hühner

Die Wilden Hühner

Titel: Die Wilden Hühner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Funke
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fing an mit leuchtenden Augen in Oma Slättbergs Kisten und Kästen herumzustöbern. Trude tat es ihr nach. Nur Sprotte stand da und fühlte sich unbehaglich. Verzweifelt versuchte sie, sich wieder so gut zu fühlen wie unten in der Küche. Aber es klappte einfach nicht. Das mit den Keksen war eine Sache, aber das hier war was anderes. Was war, wenn ihre Oma merkte, dass sie hier oben gewesen war? Sie wusste doch genau, dass Sprotte sich nie allein hier rauftrauen würde. Unruhig beobachtete sie, wie Melanie und Trude alles anfassten, öffneten, hochhoben ...
    »He, wir wollten doch das Schloss suchen, oder?«, sagte sie und schwenkte den schwarzen Schlüssel. 
    »Ja, ja.« Melanie starrte verzückt in eine riesige Truhe. »Oh, guckt mal hier, lauter alte Kleider. Mit Spitze und so.« Kichernd setzte sie sich einen kleinen Hut auf. »Na, wie seh ich aus?«
    »Dahinten ist ein Spiegel«, brummte Sprotte. »Guck rein.«
    »Was ist los?«, fragte Melanie. »Warum bist du denn plötzlich wieder zickig?«
    »Kommt mal her!«, rief Trude aufgeregt. »Hier an dem Schrank ist ein Schloss, das sieht genau richtig aus!« 
    Sprotte und Melanie bahnten sich einen Weg zu ihr. 
    »Wie aufregend!«, flüsterte Melanie.
    Sprotte steckte den schwarzen Schlüssel in das Schrankschloss. Hinein ging er, aber er ließ sich nicht drehen. »Passt nicht«, sagte Sprotte enttäuscht.
    »Macht nichts«, sagte Melanie und sah sich suchend um. »Hier steht noch genug anderes herum. Guckt mal da in der Ecke. Die Kommode, auf der die alten Schuhe stehen.« »Die hat sogar drei Schlösser«, stellte Trude fest und nieste. Der Staub, den sie mit ihrer Sucherei aufwirbelten, kitzelte scheußlich in der Nase.
    Die drei Mädchen stiegen über altes Spielzeug und zusammengerollte Teppiche, bis sie vor der Kommode standen. Sie hatte drei riesige Schubladen, jede mit einem Schloss.
    »Mach schon, Sprotte!« Melanie zappelte vor Aufregung. Trude kaute angestrengt auf ihrem Daumennagel. 
    Sprotte steckte den schwarzen Schlüssel in das oberste Schloss und schüttelte den Kopf.
    »Passt auch nicht, aber ...«, Sprotte zog die Schublade auf, »die ist sowieso offen.«
    Neugierig sahen die drei Wilden Hühner hinein. 
    Da lagen, säuberlich aufgefaltet, Strampelhöschen, Babyschuhe, Lätzchen und winzige Hemden. 
    »Oh, Sprotte!« Melanie kicherte. »Das sind bestimmt deine!« »Wie niedlich!«, sagte Trude entzückt. 
    Sprotte wurde rot.
    »Die nächste«, sagte sie, schob die Schublade rasch wieder zu und steckte den Schlüssel in das zweite Schloss. »Wieder Fehlanzeige.«
    Aber auch die Schublade war unverschlossen. Und enthielt nichts als Sprottes Kindersachen. Nur schon etliche Nummern größer. Lauter selbst gestrickte Pullover und Socken, Schals und Handschuhe - und dazwischen Massen von Mottenkugeln.
    »Meine Oma strickt mir auch dauernd Sachen«, sagte Trude. »Die kratzen immer ganz fürchterlich.«
    »Kratzen tun die von meiner Oma nicht.« Seufzend schob Sprotte auch die zweite Schublade zu. »Nur immer zu klein. Oder mit ellenlangen Ärmeln. Wie 'ne Wurst seh ich da drin aus. Aber wehe, ich zieh das Zeug nicht an. Na, dann solltet ihr meine Oma mal hören. Von wegen undankbar und »genau wie deine Mutter< und so. Manchmal nehm ich mir extra was anderes mit in die Schule und zieh mich aufm Klo um.«
    »Vertragen deine Oma und deine Mutter sich nicht?«, fragte Melanie.
    Sprotte zuckte die Achseln. »Streiten tun sie sich selten, aber nett sind sie auch nicht gerade zueinander.« 
    Ins dritte Schloss passte der schwarze Schlüssel auch nicht. Aber Sprotte hatte sowieso keine Lust, in die Schublade auch noch reinzugucken.
    »Also, meine Omas sind sehr nett«, sagte Trude. »Vor allem die eine. Die gehört eigentlich in den Himmel, sagt mein Vater immer.«
    »Meine Mutter und meine Oma«, Melanie zupfte sich ein paar Spinnweben aus den Haaren, »die streiten sich, dass man Angst kriegen kann. Und meine Oma wohnt bei uns. Ich kann euch sagen ...«
    Trude zog die dritte Schublade auf und sah hinein. »Guckt mal! Jede Menge Liebesromane. So was lesen meine Omas auch immer.«
    Erstaunt guckte Sprotte auf die Stapel von dünnen Heftchen mit so wunderbaren Titeln wie »Mein Herz schlägt nur für Doktor Stolle« oder »Liebe bis zum Untergang«. 
    »Ich wusste gar nicht, dass meine Oma so was liest«, murmelte Sprotte und blätterte in einem der Dinger herum. Plötzlich kicherte sie. »Damit könnte ich sie bestimmt prima ärgern.« »Ja, aber

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