Die Wilden Hühner
gekommen sein.«
»Du verstehst das nicht!«, rief Sprotte und ihre Unterlippe zitterte. »Meine Oma bringt mich um, wenn eine von den Hennen fehlt.«
»Ach, komm, beruhig dich«, sagte Melanie und tätschelte Sprotte den Arm. »Wegen einem blöden Huhn bringt man doch niemanden um.«
Ärgerlich stieß Sprotte ihre Hand weg.
»Nein, aber ich darf vielleicht nie mehr hierher kommen«, sagte sie barsch. »Kommt, wir suchen weiter.«
Bedrückt folgten die andern ihr.
Huberta und Dolli fanden sie bei der linken Nachbarin im Salatbeet, Emma und Klara auf der anderen Straßenseite im hohen Gras. Die Nachbarin schimpfte wie ein Rohrspatz wegen der zerrupften Salatköpfe, und wegen Emma bekamen sie furchtbaren Ärger mit einem Autofahrer, dem sie vor die Windschutzscheibe flatterte. Nur Isolde blieb unauffindbar.
Zerkratzt, nass geschwitzt und müde gaben die Wilden Hühner die Suche auf und kehrten in Oma Slättbergs Küche zurück. Mitten auf dem Tisch lag immer noch der Schlüsselbund. Aber an dessen Geheimnissen war im Moment keine von ihnen interessiert.
»Wenn ich die erwische«, sagte Sprotte düster.
Melanie warf einen Blick auf die Küchenuhr. »Oh, ich muss nach Hause. Aber einen Augenblick verschnauf ich noch.« »Ich versteh das nicht«, sagte Trude mit kläglicher Stimme. »Woher wussten die, dass wir uns heute hier treffen?«
»Na, vielleicht haben wir hier 'ne Verräterin!« Sprotte ließ ihren Blick über die verschwitzten Gesichter wandern. An Melanie blieb er hängen.
Wütend gab Melanie den Blick zurück. »Was guckst du mich so an? Vielleicht hast du dich ja selber verquasselt.«
Feindselig starrten die beiden sich über den Tisch hinweg an. »Na, ich häng bestimmt nicht dauernd mit den Jungs rum!«, knurrte Sprotte.
»Muss vielleicht jede so 'ne Jungenshasserin wie du sein?«, fauchte Melanie zurück.
»Ach, hört doch bitte auf!«, rief Trude, den Tränen nah.
»Ja, Schluss jetzt!« Wütend haute Frieda auf den Tisch.
»Dieses Verrätergerede ist doch völliger Quatsch. Jeder von den Jungs weiß, wo Sprottes Oma wohnt. Sie brauchen bloß einer von uns gefolgt zu sein. Ihr wisst genau, was für 'n Spaß sie an solchem Schwachsinn haben. Außerdem ist Fred schlau genug zu merken, dass wir vier uns plötzlich wieder aufm Klo treffen.« Ärgerlich sah sie Sprotte an. »So genial ist der Treffpunkt nämlich wirklich nicht.«
Zerknirscht guckte Sprotte auf ihre zerkratzten Hände, »'tschuldigung, Melanie! Ich - ich bin nur so durcheinander, weil Isolde weg ist.«
Melanie zuckte die Schultern und stand auf. »Vergiss es. Mensch, bin ich kaputt. Treffen wir uns morgen wieder?«
»Wenn ihr Lust habt«, sagte Sprotte kleinlaut. Sie guckte immer noch auf ihre Hände.
»Klar, wir wollen doch das Geheimnis des schwarzen Schlüssels ergründen«, sagte Melanie. »Aber jetzt muss ich wirklich los.«
»Hoffendich kommt dein Huhn zurück«, sagte Trude, bevor sie mit Melanie verschwand.
Sprotte nickte. »Ja, hoffentlich.«
»Kommst du wieder nicht mit?«, fragte Frieda besorgt.
Unschlüssig stand sie in der Küchentür. »Du kannst bei uns mitessen. Mam hat schon ein paarmal gefragt, wo du isst, wenn deine Oma nicht da ist.«
Müde schüttelte Sprotte den Kopf. »Ich bleib heute Nacht hier und pass auf. Meine Mutter fährt Nachtschicht.«
»Was? Du willst die ganze Nacht alleine hier sein?« Ungläubig sah Frieda ihre beste Freundin an.
Sprotte zuckte die Schultern. »Klar. Zu Hause wär ich doch auch alleine. Und vielleicht kommt Isolde ja heute Nacht zurück.«
»Ich weiß nicht.« Zögernd blieb Frieda stehen. »Aber musst du ja selbst wissen. Bis morgen dann, ja?«
»Bis morgen«, sagte Sprotte. Und war wieder allein. Aber das war sie ja gewohnt.
5. Kapitel
Im Gartenschuppen fand Sprotte alles, was sie brauchte - Bindfaden, einen kleinen Handbohrer, einen alten Blumenkasten und jede Menge leere Konservendosen. Die hob Oma Slättberg auf, um Nägel, Knöpfe und lauter anderen Krimskrams darin zu sammeln. Sprotte entdeckte auch drei Mausefallen, in die ihre Oma vor der Abreise frischen Speck gelegt hatte. Sie ließ sie zuschnappen. Dann schleppte sie die Dosen und alles andere zum Gartentor. Von Isolde war immer noch weit und breit nichts zu entdecken.
»Na, wartet«, murmelte Sprotte, während sie mit dem Handbohrer Löcher in die Dosenwände bohrte. Sie versuchte, nicht an all die schrecklichen Dinge zu denken, die Isolde passieren konnten. Aber besonders gut
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