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Die wilden Jahre

Die wilden Jahre

Titel: Die wilden Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Obst aufsammelten und mit ihrer Beute auseinanderstoben.
    »Mon Dieu!« rief Germaine Rignier und zog den Kopf ein.
    Martin mußte lachen. Der Fahrer nahm schon wieder eine Kurve auf zwei Rädern. »Pas si vite!« fuhr er ihn an.
    Aber der Mann schüttelte den Kopf und raste mit Vollgas auf eine Menschengruppe zu, die einen Taschendieb stellen wollte, wurde von der Menge eingekeilt und ließ griechische türkische, englische und französische Flüche ab wie ein Kessel den Dampf.
    Dem Kalender nach war Herbst, doch im Libanon herrschte Hochsommer. Am Strand erwarteten die Gäste die lauen Wellen des Mittelmeers, und nur ein paar Kilometer weiter, auf den dreitausend Meter hohen Bergen, lag schon Schnee. Man konnte am Vormittag schwimmen und am Nachmittag Ski laufen. Der Nachbarstaat des Heiligen Landes zeigte sich als ein Wunderland, in dem sich Araber mit blauen Augen, Nachfahren der Kreuzritter, Armenier, Türken und Amerikaner geschäftig tummelten.
    Die Ritts fuhren durch eine Orgie von Licht, durch eine Flut von Farben, die sie schon bei der Landung empfangen hatte: blau das Meer, grün das Land, weiß die Berge. Sie rollten an Arabern im Burnus und an Touristen in Shorts vorbei, bemerkten Ölscheiche, die wie Europäer, und Europäer, die wie Ölscheiche aussahen. Sie begegneten Mädchen in Bikinis und dem Pullman-Bus mit den geschlossenen Vorhängen, in dem ein Wüstenkönig aus dem Hinterland seinen Harem ausfahren ließ.
    Moderne Hotels standen, in diesen Jahren vor dem Bürgerkrieg, Wand an Wand mit primitiven Hütten. Es roch nach ranzigem Hammelfett und Pariser Parfüm; der Duft der Orangenhaine vermischte sich mit Knoblauchdünsten. Sie fuhren über die palmengesäumte Corniche und sahen uralte Zedern, die ihre Äste weit von sich streckten, als wollten sie die Gäste zum Empfang umarmen.
    Endlich landeten sie auf der Place de Canon. Sie hätte genausogut in Paris, London oder New York liegen können, und genauso vergeblich wie in diesen Weltstädten suchte man einen Parkplatz.
    Auch das Hotel war international, nur lagen die Teppiche dichter und waren wertvoller. Eigener Meeresstrand, Air-Condition, französische Küche, Süßwasserschwimmbecken auf dem Dach. Wie in jeder anderen internationalen Hotelhalle saßen gepflegte Amerikanerinnen herum, lasen Journale, warteten auf Männer und glaubten an Gott, Golf und Gerechtigkeit. Der einzige Unterschied dieses Luxuspalastes zu anderen Häusern seines Ranges bestand darin, daß kein Schweinefleisch serviert wurde, weil es der Prophet Mohammed verboten hatte, obwohl an alkoholischen Getränken, die der Koran ebenfalls nicht erlaubte, keineswegs Mangel herrschte.
    Martin wollte seine Mutter überreden, sich ein wenig hinzulegen. Aber sie war noch so erregt von der verwegenen Fahrt, von der Rückkehr des Sommers, von dem Gewimmel der Menschen, dem Gewirr der Farben, dem Gemisch der Düfte, daß sie darauf bestand, sich nur zu duschen, umzuziehen und mit ihm durch die Stadt zu bummeln. Es entzückte sie, daß die heimliche Landessprache des Libanon Französisch war.
    Sie gingen über moderne Boulevards und durch winzige Gassen, ein ungleiches Paar, nach dem sich viele Passanten umdrehten. Sie besuchten in der Kasbah Basars und Souks. Sie wanderten sich müde, konnten sich aber nicht sattschauen.
    Sie kehrten ins Hotel zurück, ließen sich auf der Terrasse über dem Meer einen Tisch reservieren, speisten bei Musik nebst Sonnenuntergang. Martin bestand darauf, daß die Mutter Kubba esse, ein arabisches Gericht aus Lammfleisch und gebackenem Weizen; dann scharfen Tabula, eine Art Salat, und Kefta und Kebab, am Spieß gebratene verschiedene Fleischsorten. Dazu tranken sie Ksara, den einheimischen Rosé.
    Danach schleppte er seine Mutter in die Bar. Zwei Amerikanerinnen, die ihm in der Hotelhalle aufgefallen waren, hatten sich inzwischen umgezogen und saßen am Nebentisch, sie musterten ihn ausgiebig.
    »A nice guy«, sagte die Dunkelhaarige.
    »Indeed.«
    »But he is a fish«, sagte die Dunkle.
    »Oh, I got a net – but perhaps he's a shark?«
    Germaine Rignier merkte, daß sich die beiden Amerikanerinnen mit Martin beschäftigten. Um von ihnen nicht verstanden zu werden, sprach sie deutsch.
    »Was sie 'aben gesagt?« fragte sie.
    »Sie unterhalten sich darüber, ob ich nur ein Fisch oder ein Haifisch bin«, sagte Martin.
    »Sie 'aben recht – cest vrai.«
    »Es ist nicht wahr.«
    »He isn't alone«, sagte die dunkle Amerikanerin.
    »I suppose the Lady is his

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