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Die wilden Jahre

Die wilden Jahre

Titel: Die wilden Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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ein Vamp zu begegnen.
    »Machen Sie sich bitte fertig, Herr Brenner«, sagte Krawuttke.
    »So schnell geht das nicht.«
    »Wir haben Zeit«, antwortete der Kriminalbeamte, »wir möchten uns ohnedies hier noch etwas umsehen.«
    Der Reporter ging ins Bad; er ließ die Tür offen und hörte, wie Schranktüren geöffnet und Schubladen durchsucht wurden. Er ließ sich den Strahl der Brause auf die Haut prasseln.
    Auf diesen Moment – Guido konnte jetzt nicht hören, was gesprochen wurde – hatte Krawuttke gewartet. »Wer sind Sie?« fragte er.
    Lydia reichte ihm ihren Paß; er las den Namen, notierte ihn.
    »Sollten Sie mich für eine Hure halten«, sagte sie, »darf ich noch ergänzen, daß ich die Tochter von Professor Hübner bin, Hoch- und Tiefbau, wissen Sie …«
    »Was machen Sie hier?« fragte er ruhig.
    »Sind alle Kriminalisten so naiv?«
    Der Kollege gab die Schränke auf und versteckte sich hinter Krawuttkes Rücken.
    »Wir haben uns geliebt«, sagte Lydia, »und es war schön.« Sie zündete sich eine Zigarette an.
    »Noch etwas?«
    »Ja«, antwortete der Beamte, »kennen Sie Herrn Brenner schon lange?«
    »Ein paar Wochen.«
    »Verkehrt er bei Ihnen, ich meine, in der Familie?«
    »Wenig, meine Familie schätzt ihn nicht sehr.«
    »Sie wohnen bei Ihren Eltern?«
    »Meistens …«
    »Dann muß ich Ihnen leider Ungelegenheiten machen und auch diese Wohnung durchsuchen«, erwiderte Krawuttke mit glitzernden Augen.
    »Um mich bei meinen Eltern zu denunzieren?«
    »Um nach Unterlagen zu fahnden, die Ihr Freund auch bei Ihnen versteckt halten könnte. Ich bin nicht zum Vergnügen hier«, setzte der Kriminalist hinzu. »Nun hören Sie mir gut zu.« Er gab Lydia den Paß zurück, nicht darauf achtend, daß inzwischen die Brause stillstand. »Sie sprechen zu niemandem darüber, daß Ihr Freund verhaftet wurde. Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß Sie andernfalls ein Verfahren wegen Begünstigung zu erwarten hätten, und damit Ihnen die Sache nicht gar so lustig vorkommt, möchte ich noch hinzufügen, daß Ihr Freund in einen Komplex von Landesverrat verwickelt ist.«
    »Was sagen Sie da, Meister?« fragte Guido, der mit eingeseiftem Gesicht aus dem Bad kam. »Im Haftbefehl, Lydia, steht aktive Bestechung. Es hängt vermutlich mit meiner Serie Bonn intim zusammen. Landesverrat ist Humbug, aber es klingt halt besser und schüchtert die Leute ein. Du gehst jetzt bitte zum Tageskurier …«
    »Sie wird nicht gehen«, unterbrach der Kriminalkommissar gemächlich, »erstens waren wir schon dort und haben alle Unterlagen sichergestellt, und zweitens wurde auch Ihr Chefredakteur auf die Bedeutung des Falles und die Gefahr der Begünstigung …«
    Ohne zu fragen, griff Guido nach dem Telefonhörer.
    »Muß ich Ihnen leider verbieten«, sagte Krawuttke.
    »Ich möchte mit meinem Anwalt sprechen.«
    »Auch das …«
    »Ich möchte wenigstens meinen Angehörigen mitteilen, daß ich festgenommen wurde.«
    »Das besorgen wir.«
    »Ich mache Sie darauf aufmerksam«, entgegnete der Reporter schärferen Tons, »daß ich einen hübschen Wirbel veranstalten und eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Sie einreichen werde, falls Sie mir verbieten …«
    »Ich verbiete es nicht«, erwiderte der Kriminalist, »ich unterbinde es bloß momentan und führe dabei nur meine Weisungen aus.«
    »Ich weiß – Ihre Pflicht«, versetzte Guido spöttisch.
    »Ob und wann Sie einen Rechtsbeistand erhalten, entscheidet der Staatsanwalt. Außerdem würde Ihnen hier ein Anwalt gar nichts nützen«, tröstete Krawuttke. »Sie brauchen einen in Frankfurt, wohin wir Sie überstellen.« Er verfolgte, wie seine Worte wirkten. »Packen Sie sich ein paar Sachen ein.«
    »Mach's gut, Blondy«, sagte Guido, als er damit fertig war, und küsste Lydia auf die Nasenspitze. »Wir sehen uns bald wieder.«
    Er trug seinen Koffer selbst, als sie das Hotel verließen, und das war das einzig Auffällige für Passanten, die ihnen entgegenkamen. Vor dem Haus wartete ein Mercedes 220 mit Frankfurter Kennzeichen. Sie fuhren in den Hof des neuen Justizgebäudes; dieser moderne Sitz der Gerechtigkeit war von bunten Bazars umstellt, in denen Krawatten, Radiogeräte, Pelzmäntel, Jerseykostüme und auch Weltreisen feilgeboten wurden.
    Der Kriminalkommissar ließ den Wagen auftanken, in dem sie zu dritt sitzen blieben. Die beiden Beamten unterhielten sich über Alltägliches; Krawuttke sah wiederholt auf die Uhr. Als ein dritter Mann mit schnellem Schritt auf den Wagen

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